Berlin plant nach Assads Sturz eine engere Zusammenarbeit mit Syrien. Man werde al-Dschulani jedoch "nicht an Worten, sondern an Taten messen", sagte Syrien-Koordinator Lindner.
Die Bundesregierung will nach dem Sturz von Langzeitherrscher Baschar al-Assad mehr Präsenz in Syrien zeigen. "Es muss jetzt darum gehen, dass wir unsere Kontakte ausbauen", so Staatsminister Tobias Lindner. Sehen Sie hier das Gespräch in ganzer Länge. 13.12.2024 | 5:05 min
Deutschland will in Syrien wieder präsenter werden. Das Auswärtige Amt hat dafür Tobias Lindner (Die Grünen), Staatsminister im Auswärtigen Amt, zum neuen Sonderkoordinator für Syrien ernannt. Sein Ziel:
Mit Blick auf die Zusammenarbeit mit den neuen Machthabern, der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), hatte Außenministerin Annalena Baerbock zuvor von einer "pragmatischen Annäherung" gesprochen.
Deutschland und Europa hätten eine Verantwortung, dass Frieden in Syrien möglich werde, sagt Außenministerin Baerbock. Die finanzielle Unterstützung wird wohl ausgebaut.11.12.2024 | 5:59 min
Lindner: Universelle Menschenrechte sind der Maßstab
Dabei werde man HTS-Anführer Abu Mohammed al-Dschulani "nicht an Worten, sondern an Taten messen", sagte Lindner am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Wobei man dessen Ankündigung, eine inklusive Regierung und Religionsfreiheit anzustreben, natürlich begrüße.
Ob sich die Machthaber an diese Versprechen halten, das werde entscheidenden Einfluss auf die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Syrien haben, erklärte Lindner.
So müsse etwa für Mädchen der Zugang zu Schulbildung gewährleistet werden, auch der Schutz vor sexueller Gewalt für Frauen sei dabei "ein ganz wichtiger Punkt".
Teile der HTS-Allianz in Syrien seien eindeutig extremistisch und islamistisch, auch wenn sich ihr Anführer gemäßigt zeige, erklärt Extremismusexperte Hans-Jakob Schindler.10.12.2024 | 22:42 min
Hilfe bei der Aufarbeitung von Verbrechen
Wenn es in Syrien auch darum geht, die Verbrechen der Vergangenheit aufzuarbeiten, wolle man ebenfalls Hilfe leisten. Dabei geht es für Lindner sowohl um die Verfolgung der Täter als auch um konkrete Hilfe für Opfer.
Man wolle helfen, sicherzustellen, dass Beweise nicht vernichtet werden. Damit habe man bereits im Irak, aber auch in der Ukraine Erfahrungen sammeln können.
Gleichzeitig müsse es für die Opfer Möglichkeiten zur Traumabewältigung, aber auch für Versöhnungsprozesse geben.
Nur wie lange es dabei bleibt, sei unklar. ZDF-Korrespondentin Golineh Atai berichtet über den Wandel al-Dscholanis vom Dschihadisten zum moderaten und versöhnlichen Kämpfer.08.12.2024 | 3:26 min
Lindner: Rückkehr nach Syrien nur freiwillig
Aus Sicht von Lindner zahlt sich nun aus, dass man in der Vergangenheit nicht auf diejenigen gehört habe, die sich eine Normalisierung der Beziehungen zum Assad-Regime gewünscht haben.
Auch zu einer möglichen Rückkehr von nach Deutschland geflohenen Syrern in ihre Heimat hat er eine klare Position: Diese müsse "freiwillig, in Würde und vor allem in Sicherheit" erfolgen. Und dafür seien die Voraussetzungen "noch längst nicht gegeben."
Es brauche "außenpolitischen Druck auf die Türkei", um die Angriffe auf kurdische Gebiete in Nordsyrien zu beenden, so Politikwissenschaftler Ismail Küpeli.13.12.2024 | 4:18 min
Syrien: Machtübernahme durch Islamisten
In Syrien hatten am Sonntag Kämpfer unter der Führung der islamistischen HTS-Miliz Damaskus erobert und Assad gestürzt, der nach Russland floh. Damit bereiteten sie der jahrzehntelangen Herrschaft der Assad-Familie ein Ende, die 1971 mit der Machtübernahme von Baschar al-Assads Vater Hafis al-Assad begonnen hatte.
Mit der Machtübernahme durch die Islamisten stürzte Syrien ins Ungewisse: Die Miliz HTS ist aus der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, hervorgegangen, hat nach eigenen Angaben aber seit 2016 keine Verbindungen mehr zu Al-Kaida. Ihr Anführer Abu Mohammed al-Dschulani, auch unter seinem Geburtsnamen Ahmed al-Scharaa bekannt, präsentiert sich moderat.
In Syrien haben Rebellengruppen Machthaber Assad gestürzt. Nun will die EU die Bevölkerung über eine "Luftbrücke" mit Hilfsgütern unterstützen. Alle Entwicklungen im Liveblog.