Syrien: Wie geht es nach Assad für die Kurden weiter?
Nach Assad-Sturz:Unsichere Zukunft der Kurden in Syrien
von Narîn Şevîn Doğan
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Seit 2012 kontrollieren kurdische Gruppen den Nordosten Syriens. Nach dem Sturz Assads werden die Machtverhältnisse neu ausgelotet. Die Situation der Kurden spitzt sich zu.
In Damaskus feiern tausende Syrer den Sturz des Assad-Regimes. Sie versammeln sich auf großen Plätzen und jubeln – auch wenn die Angst vor der unsicheren Zukunft weiterhin besteht.13.12.2024 | 2:10 min
Seit dem Sturz von Machthaber Baschar Hafiz al-Assad ist die Zukunft der Kurdinnen und Kurden in Syrien ungewiss. Gefeiert wurde der Umsturz des Diktators auch in der kurdischen Selbstverwaltung im Nordosten des Landes, bekannt als Rojava. Doch während in vielen Teilen Syriens Frieden einkehrt, kommt es im Nordosten des Landes noch immer zu Gefechten - und zehntausende Menschen fliehen vor den Angriffen der teilweise islamistischen Miliz Syrische Nationale Armee (SNA), die von der Türkei unterstützt wird.
Kurden fürchten extremistische Kräfte
Seit Jahren sichern die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), ein von Kurden angeführtes Bündnis säkular ausgerichteter Einheiten, das kurdische Gebiet militärisch. Für die USA sind sie in Syrien die engsten Verbündeten im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Die aufgebaute Autonomie könnte nun allerdings in Gefahr sein. Die kurdischen Einheiten verlieren seit Tagen die Kontrolle über immer größere Teile des Gebiets. Und viele Kurdinnen und Kurden fürchten die Übernahme des Landes durch extremistische Kräfte.
Es brauche "außenpolitischen Druck auf die Türkei", um die Angriffe auf kurdische Gebiete in Nordsyrien zu beenden, so Politikwissenschaftler Ismail Küpeli.13.12.2024 | 4:18 min
Neue syrische Führung könnte Kurden herausfordern
Im Laufe des syrischen Bürgerkrieges konnten kurdische Kämpfer eine Reihe bewaffneter Gruppen abwehren und sich im ölreichen Nordosten des Landes eine weitgehende Autonomie aufbauen, in der auch andere ethnische und religiöse Minderheiten gemeinsam mit der kurdischen Mehrheit leben. Assad hatte jede Art von Selbstverwaltung für die kurdische Bevölkerung abgelehnt.
Ein Syrien unter Führung islamistischer Rebellen, die von der Türkei unterstützt werden, könnte Kurdinnen und Kurden aber herausfordern. Die Aufständischen, die am vergangenen Wochenende in Damaskus einrückten und Assad stürzten, schlugen erstmal friedfertige Töne an.
Freude über Sturz Assads auch bei Kurden
Der Anführer der kurdischen SDF, Mazlum Abdi, hatte den Sturz des syrischen Machthabers Assad begrüßt. Er sprach außerdem von einer Gelegenheit, "ein neues Syrien aufzubauen, das auf Demokratie und Gerechtigkeit beruht und die Rechte aller Syrer garantiert". Die autonome kurdische Verwaltung will auch die Flagge der syrischen Opposition mit den drei Sternen übernehmen. Die Flagge solle an allen Behörden und Institutionen des Autonomiegebietes gehisst werden, teilte die kurdische Verwaltung mit.
Fünf Tage nach dem Sturz des Assad-Regimes bleibt die Lage in Syrien unsicher. Niemand weiß, ob die Übergangsregierung tatsächlich einen Rechtsstaat aufbauen will.12.12.2024 | 2:03 min
Türkei greift kurdische Gebiete an
Die selbstverwalteten kurdischen Gebiete sind aber insbesondere dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ein Dorn im Auge. Die Syrische Nationale Armee (SNA) wird seit Jahren von der Türkei finanziert und ausgerüstet, sie greift Gebiete entlang der Grenze im Norden an. Ziel ist es, kurdisch kontrollierte Gebiete einzunehmen und die kurdische Miliz YPG, die ebenfalls zur SDF gehört, zu bekämpfen - die Türkei sieht sie als Ableger der PKK und damit als eine Terrorgruppe.
Zugleich feuert die Türkei regelmäßig Drohnen auf kurdische Stellungen ab. Immer wieder werden bei den Angriffen auch Zivilistinnen und Zivilisten getötet. Erdoğan nutzt die fragile Lage nach dem Umsturz Assads, um kurdische Gruppen anzugreifen und weiter zu schwächen.
USA kämpft mit SDF gegen den "Islamischen Staat"
US-Außenminister Antony Blinken warnte nach dem Sturz von Machthaber Assad vor neuen Konflikten in Syrien. Um ein Wiedererstarken des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) nach dem Sturz von Assad zu verhindern, sei die Rolle der von den Kurden angeführten und von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) "entscheidend". Seit 2014 sind rund 900 US-Soldatinnen und Soldaten im Land stationiert, die zusammen mit den kurdischen Einheiten gegen den IS im Nordosten Syriens vorgehen.
Humanitäre Situation spitzt sich zu
80.000 Kurdinnen und Kurden sollen nach Angriffen von Islamistinnen und Islamisten bereits aus dem Norden des Landes in den Osten geflohen sein, berichtet die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen". Zunehmende Not und Vertreibung belaste Syrien, so Christian Katzer, Geschäftsführer der deutschen Sektion im ZDF-Morgenmagazin.
Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien ist die humanitäre Lage im Land weiterhin unübersichtlich. "Kampfhandlungen im Nordosten Syriens haben zu massiven Vertreibungen geführt", so Christian Katzer von Ärzte ohne Grenzen. 12.12.2024 | 4:55 min
Die meisten müssten derzeit in Notunterkünften leben, etwa in Stadien, Schulen und Zelten. Es fehlten Toiletten und Trinkwasser, aber auch Decken, denn gerade nachts sei es sehr kalt. Auch die ohnehin sehr schwierige Gesundheitsversorgung stoße an ihre Grenzen.
Viele Menschen in Syrien und auch in den kurdischen Gebieten atmen zwar auf und sind erleichtert nach dem Sturz des Assad-Regimes. Doch zugleich werden Kurdinnen und Kurden im Land nach wie vor angegriffen und weiter vertrieben.
Berlin plant nach Assads Sturz eine engere Zusammenarbeit mit Syrien. Man werde al-Dschulani jedoch "nicht an Worten, sondern an Taten messen", sagte Syrien-Koordinator Lindner.
mit Video
Quelle: ZDF
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