Parlamentswahl in Südafrika: ANC einigt sich auf Koalition
Nach Parlamentswahl:Südafrika: ANC einigt sich auf Koalition
|
Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) hat sich mit anderen Parteien auf die Bildung einer Regierungskoalition verständigt. Das teilte ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula mit.
Im Parlament von Südafrika will sich Präsident Ramaphosa erneut ins Amt wählen lassen. Im Mai hat seine Partei das erste Mal seit Ende der Apartheid die absolute Mehrheit verloren.14.06.2024 | 0:21 min
In Südafrika hat sich der Afrikanische Nationalkongress (ANC) mit mehreren Parteien auf die Bildung einer Regierungskoalition geeinigt. Die Koalition schließe die zentristisch-liberale Demokratische Allianz (DA), die nationalistische Zulu-Partei Inkatha Freedom Party (IFP) sowie mehrere kleine Gruppierungen ein, gab ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula am Donnerstag bekannt.
Der seit 30 Jahren regierende ANC hatte bei der Parlamentswahl Ende Mai erstmals nicht die absolute Mehrheit erreicht.
Es handle sich um ein Kabinett der nationalen Einheit.
Die Regierungspartei ANC hat in Südafrika erstmals seit Ende der Apartheid die absolute Mehrheit verloren. ZDF-Korrespondentin Verena Garrett berichtet aus Johannesburg.01.06.2024 | 1:00 min
Südafrika: Präsident wird von Nationalversammlung gewählt
Infolge der Einigung dürfte der amtierende Staatschef Cyril Ramaphosa bei der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Parlaments am Freitag im Amt bestätigt werden. In Südafrika wird der Präsident von den Abgeordneten der Nationalversammlung in geheimer Abstimmung gewählt.
Neben ANC, DA und IFP gehören dem Bündnis Mbalula zufolge die kleine Mitte-Links-Partei United Democratic Movement und die rechtsgerichtete Afrikaner Freedom Front Plus (FF+) an.
Nach 30 Jahren droht der ANC-Regierung, der Partei Nelson Mandelas, eine historische Niederlage. Bei Armut, Ungleichheit, Korruption und Kriminalität hat die Partei versagt.29.05.2024 | 6:08 min
Ihre eingeschränkte Unterstützung hätten mehrere kleinere Parteien erklärt, darunter die muslimische Partei Al Jamaah, die Mitte-Links-Formation Rise Mzansi und der National Coloured Congress.
Die linksradikale Partei Economic Freedom Fighters (EFF) wurde hingegen ebensowenig in die Koalition aufgenommen wie die neue Partei uMkhonto weSizwe (MK) des früheren Staatschefs Jacob Zuma. Sowohl Zuma als auch der Chef der EFF, Julius Malema, sind frühere ANC-Mitglieder.
Zumas MK zweifelt Wahlergebnis an
Zumas MK, die bei der Parlamentswahl am 29. Mai aus dem Stand auf dem dritten Platz gelandet war, hatte das Wahlergebnis angezweifelt und angekündigt, mit ihren 58 Abgeordneten die konstituierende Sitzung des Parlaments zu boykottieren.
Jacob Zuma ist wohl der umstrittenste Politiker in der Geschichte des demokratischen Südafrika. Während seiner Präsidentschaft von 2009 bis 2018 blühte die Korruption wie nie zuvor, seine Regierungszeit ging als "State Capture" (Staatsvereinnahmung) in die Geschichte ein. Mit seinen Vertrauten in Regierung und Wirtschaft hatte Zuma den Staat systematisch ausgeplündert, bis er vom heutigen Präsidenten Ramaphosa aus dem Amt gedrängt wurde und zurücktrat.
Jacob Zumas Inhaftierung im Jahr 2021 lösten im Osten des Landes heftige Unruhen aus, mehr als 300 Menschen starben. Noch bis Dezember 2023 blieb Zuma ein treues Mitglied der heutigen südafrikanischen Regierungspartei African National Congress (ANC). Dann erklärte er, er werde bei den Wahlen 2024 die neuen Partei MK statt dem ANC unterstützen.
Mbalula sagte aber am Donnerstag, die Gespräche mit der MK würden fortgesetzt. Mit der EFF wurde keine Einigung erzielt.
ANC erhält die meisten Stimmen
Der ANC hatte bei der Wahl mit 40 Prozent die meisten Stimmen erhalten und war auf 159 der 400 Parlamentsabgeordneten gekommen - bisher stellte die Partei 230 Abgeordnete.
Der ANC kam 1994 mit dem Versprechen an die Macht, "ein besseres Leben für alle zu schaffen". Die Partei gewann bei den ersten demokratischen Wahlen des Landes fast 63 Prozent der Stimmen. Drei Jahrzehnte später haben grassierende Korruption, steigende Arbeitslosigkeit, lähmende Stromausfälle und ein schwaches Wirtschaftswachstum schwerwiegende Folgen für die Südafrikaner.
Die Wirtschaft hat sich in den letzten zehn Jahren rückläufig entwickelt, was sich in einem drastischen Rückgang des Lebensstandards widerspiegelt. Nach Angaben der Weltbank ist das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt seit dem Höchststand im Jahr 2011 gesunken; der durchschnittliche Südafrikaner ist um 23 Prozent ärmer geworden. Nach Angaben der Weltbank hat Südafrika weltweit die höchste Arbeitslosenquote. Auch die Ungleichheit ist die größte der Welt.
Schwarze Südafrikaner, die 81 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sind am stärksten von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen. Das ist zum großen Teil auf das Versagen des öffentlichen Schulwesens zurückzuführen. Die meisten weißen Südafrikaner haben Arbeit und beziehen wesentlich höhere Löhne.
Unter anderem führten eine Reihe von Korruptionsskandalen in der Führungsebene des ANC, eine hohe Arbeitslosigkeit, die schwache Wirtschaft, hohe Kriminalität sowie ständige Stromausfälle dazu, dass sich viele Südafrikanerinnen und Südafrikaner von der Regierungspartei abwandten.
Der ANC habe nach der Wahl alle Parteien "eingeladen, sich an der Regierung zu beteiligen", sagte Mbalula. Die Verhandlungen gestalteten sich aber schwierig.
Insbesondere die Positionen der wirtschaftsliberalen und lange von Weißen dominierten DA und der EFF liegen sehr weit auseinander: Die EFF fordert unter anderem eine radikale Bodenreform zugunsten der schwarzen Bevölkerung und die Verstaatlichung wirtschaftlicher Kernbereiche.