Angst der Mittelklasse:Südafrika: Warum immer mehr obdachlos sind
von Verena Garrett
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Eine gute Ausbildung war im Land am Kap lange die Garantie für einen Job. Mittlerweile nicht mehr: Immer mehr gebildete und junge Menschen landen in Südafrika auf der Straße.
Obdachlosigkeit greift auch in den höher gebildeten Schichten von Kapstadt um sich. Ein Projekt arbeitet daran, den Menschen wieder zu einem Zuhause zu verhelfen.
Quelle: Reuters
Brandon Manzoni hatte ein erfülltes Leben, eins auf der Überholspur, sagt er. Als Manager für eine südafrikanische Ölfirma jettete er viele Jahre durchs Land. Dann wuchs der Druck im Job, mehr brauchte es nicht, erzählt der 51-jährige. Es war ein Absturz aus einem anderen Leben:
Erst Aufputschmittel, um durch den Tag zu kommen, um das Pensum zu schaffen. Nur am Wochenende, nur manchmal. Dann wurde Chrystal Meth seine Droge. Er aß nicht mehr, er schlief nicht mehr. Irgendwann konnte er seine Miete nicht mehr zahlen. Er verlor Job und zu Hause - ganz schnell ging das. Und dann wusste er eines Tages nicht mehr, wo er noch hin sollte. Brandon Manzoni war ein Mitglied von Südafrikas Gesellschaft - bis er es nicht mehr war.
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Verändertes Profil der Obdachlosigkeit in Südafrika
Er steht für viele. Hohe Mieten, zu wenig Jobs, der Druck, der daraus entsteht, dazu Corona - wirkten in Südafrika wie ein Brennglas. Allein in Kapstadt sollen zwischen 6500 und 15.000 Menschen auf der Straße leben. Die Schätzungen gehen weit auseinander. Obdachlose prägen in der Traumstadt am Kap mittlerweile das Straßenbild: Planen, Zelte, notdürftig zusammengezimmerte Unterkünfte an vielen Straßenecken. Regelmäßig lässt die Stadt alles abreißen, regelmäßig wird alles wieder aufgebaut. Das Profil derer, die auf der Straße landen, hat sich verändert, sagt Lise van den Dool vom Projekt U-Turn. Bei Weitem seien es nicht nur Menschen, deren gesamtes Leben von Armut geprägt war:
Keine staatliche Absicherung
Und gerade Letztere sind in Südafrika kurz: es gibt kein soziales Netz, keine staatliche Absicherung. Wer einmal auf der Straße lebt, hat es schwer, wieder Fuß zu fassen: ohne Meldeadresse kein Job. So wird die Übergangslösung bei Vielen zum Dauerzustand. Die Hilfsorganisation U-Turn ist Anlaufstelle. Hier unterstützen Sozialarbeiter und Therapeuten bei der Rückkehr in ein normales Leben. Die Voraussetzung: Einhaltung von strengen Regeln und Abläufen. Etwas, was auf der Straße nahezu niemand hat. "Lügen, falsche Ansprüche, nicht in der Lage zu sein, Dinge zu Ende zu bringen. Es gibt keine Struktur, keine geregelten Tagesabläufe und dadurch keinen Halt. Um aus diesem Chaos raus zu kommen, müssen die äußeren Rahmenbedingungen eine Ordnung haben", sagt Lise van den Dool.
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Wenn Drogen ins Spiel kommen
Vernon Davids ist jeden Tag bei U-Turn. Er hat als Schweißer auf Schiffen gearbeitet. Nach dem Tod seines Vaters rutschte er ab, begann Drogen zu nehmen, ihm war alles egal. Eineinhalb Jahre lebte er irgendwo, sagt er. Dealen, Diebstahl, Raub. Er kapselte sich ab, irgendwann konnte er sich selbst nicht mehr erkennen, erzählt er: "Die Leute haben sich vor mir gefürchtet, keiner wollte in meiner Nähe sein. Auf der Straße war ich sicher, weil ich zu allem in der Lage war und Angst verbreitet habe. Und dann bekam ich Angst vor mir selbst." Mittlerweile ist er seit 4 Monaten clean.
Bei U-Turn können Menschen wie Vernon duschen, bekommen etwas zu essen und einen Schlafplatz. Die Allermeisten brauchen einen Entzug als ersten Schritt: Bei den Einen sind Drogen der Grund für den Absturz. Andere ertragen das Leben auf der Straße nicht ohne.
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Neue Aufgabe nach der Obdachlosigkeit: Anderen helfen
Brandon Manzoni lebt seit ein paar Monaten in einem Wohnheim. Es ist Teil einer Resozialisierungsmaßnahme - 8 Jahre war er obdachlos. Das Chaos der Obdachlosigkeit hat er hinter sich gelassen. Seit drei Jahren ist er drogenfrei. Das Schwierigste: alle alten Kontakte abzubrechen. "Die Strasse ist ein sehr einsamer Ort", sagt er. Und weiter: "Als Teil einer Gruppe war es da draußen sicherer. Ich habe also immer versucht, Gruppen zu finden, mit denen ich eine Zeit lang zusammen sein konnte, bevor es weiterging."
In seinen alten Job will er nicht zurück. Er will in Zukunft Obdachlose dabei unterstützen, einen Weg zurück in die Gesellschaft zu finden. Er weiß, wie schwer das in Südafrika ist.
Verena Garrett ist Studioleiterin im ZDF-Studio in Johannesburg und berichtet aus den Ländern des südlichen Afrikas.
Zur Zeit der Apartheid galt der Ponte Tower als weißes Nobel-Viertel, danach wurde es zum Ort der Gewalt und eine riesige Müllhalde. Heute kommt man nur mit Gesichtserkennung rein.
Verena Garrett, Johannesburg
Quelle: ZDF
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