Bodenoperation: Welche Strategie verfolgt Israel im Libanon?

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    Bodenoperation gestartet:Welche Strategie verfolgt Israel im Libanon?

    Katharina Schuster
    von Katharina Schuster
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    Bei der Bodenoperation im Libanon droht ein Guerilla-Kampf mit der Hisbollah, sagt Nahost-Experte Busse. Welche Strategie Israel verfolgt, erklärt ein Ex-CIA-Analyst.

    Rauch steigt von einem israelischen Luftangriff auf, der den südlichen Vorort von Beirut im Libanon traf
    Israel hat im Libanon mit einer Bodenoffensive gegen Hisbollah-Stellungen begonnen. Die israelische Luftwaffe flog außerdem wieder Angriffe im Süden der Hauptstadt Beirut.01.10.2024 | 0:26 min
    Im Nahen Osten eskaliert die Lage. In der Nacht auf Dienstag startete Israel eine Bodenoperation im Libanon. Zuvor hatte das israelische Militär die Bewohner einiger Vororte von Beirut aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen, da dort Angriffe auf Ziele der Hisbollah-Miliz geplant sind.
    Laut Nahost-Experte Jan Busse verfolgt Israel die Strategie, die Raketenstellungen der Hisbollah zu zerstören. Alles, was bisher nicht durch Artillerie oder Luftangriffe getroffen werden konnte, soll nun mit Bodentruppen beseitigt werden, erklärt der Politikwissenschaftler von der Universität der Bundeswehr in München im ZDF heute journal.

    Die Hisbollah (Arabisch für "Partei Gottes") entstand 1982 als antiisraelische Miliz im libanesischen Bürgerkrieg mit Unterstützung des Iran. Sie wird von vielen westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft. In Deutschland ist sie seit 2020 verboten.

    Im Libanon ist die Hisbollah sowohl Miliz als auch eine starke politische und soziale Kraft. Sie nahm Israel wiederholt unter Beschuss und führte zahlreiche Attentate aus, auch international gegen jüdische Einrichtungen.

    Welche Strategie verfolgt Israel?

    Der ehemalige CIA-Analyst Michael P. DiMino macht gegenüber ZDFheute klar, dass die Operation im Libanon der zweite Schritt für Benjamin Netanjahu sei, das israelische Sicherheitsheitsumfeld neu zu gestalten. "Schritt 1 war die Befriedung des Gazastreifens. Schritt 3 wird sein, die USA dazu zu bringen, das iranische Atomprogramm zu beenden", so DiMino.
    Laut dem Ex-CIA-Analysten versuchten die israelischen Streitkräfte wahrscheinlich, "eine temporäre Pufferzone" zu schaffen von circa fünf bis zehn Meilen Tiefe, hauptsächlich um den Kurzstreckenraketen der Hisbollah Probleme zu bereiten. "Wenn diese Raketen Nordisrael nicht mehr so ​​zuverlässig erreichen können, könnten die etwa 100.000 israelischen Zivilisten, die ihre Häuser dort verlassen haben, zurückkehren, so die Überlegung", sagt DiMino.
    Israel und der Libanon (Karte)

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    Wird es funktionieren, die Hisbollah langfristig zurückzudrängen? Das sei die große Frage. "Kurzfristig und mittelfristig wahrscheinlich", so DiMino. "Die Hisbollah könnte nördlich des Litani-Flusses zurückgedrängt werden. Und im Nahen Osten könnte sie sogar als glaubwürdige Macht am Ende sein.

    Doch selbst wenn die Hisbollah verschwindet, wird eine andere schiitische Miliz an ihre Stelle treten. Sogar die Hamas ist noch immer in Gaza aktiv.

    Michael P. DiMino, ehemaliger CIA-Analyst 

    Katrin Eigendorf | ZDF-Reporterin in Tel Aviv
    Die Regierung habe "klar gemacht", es reiche "nicht die Tötung des Kopfes der Hisbollah", es müsse "die militärische Infrastruktur" zerstört werden, berichtet Katrin Eigendorf, ZDF-Reporterin in Tel Aviv.01.10.2024 | 1:13 min

    Wie wird es jetzt weitergehen?

    Mehrmals marschierte Israel bereits im Libanon ein, allerdings wenig erfolgreich. 2006 führte Israel Krieg gegen die Hisbollah. Allerdings endete die Militäroperation ohne klaren Sieg für Israel. Der Konflikt führte zu erheblichen Verlusten auf beiden Seiten und verstärkte die Spannungen in der Region. Nahost-Experte Busse ist überzeugt, dass Israel Lehren aus dem Krieg von 2006 gezogen habe. Gleichzeitig habe sich auch die Hisbollah auf mögliche Auseinandersetzungen vorbereitet.
    Nach 2006 habe die Hisbollah ihr Raketenarsenal verbessert, stellt der ehemalige CIA-Analyst Michael P. DiMino gegenüber ZDFheute fest. Ihre Zahl an Kämpfern konnte die Hisbollah ausbauen. Jetzt befindet sich die Miliz in einer Notlage. Die Gruppe verlor innerhalb weniger Wochen ihren langjährigen Anführer Hassan Nasrallah und fast ihre gesamte Führungsspitze.
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)

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    "Ich denke, der Vorteil der Hisbollah liegt jetzt in der Situation, dass sie im Bodenkrieg versuchen kann, Israel auf ihr Niveau herunterzuziehen", sagt Nahost-Experte Busse.

    Und jetzt wird die Hisbollah sicherlich auf einen Guerilla-Kampf setzen.

    Jan Busse, Nahost-Experte

    Unter einem Guerilla-Kampf versteht man eine Form der asymetrischen Kriegsführung, bei der kleinere, mobile Gruppen von Kämpfern überraschende Angriffe und Taktiken wie Hinterhalte und Sabotage gegen eine größere, reguläre Streitmacht einsetzen. Ziel ist es, die überlegene Armee zu schwächen und die Unterstützung der Zivilbevölkerung zu gewinnen.
    SGS Busse: "Zeichen stehen auf Eskalation"
    Sehen Sie hier das Interview mit Nahost-Experte Jan Busse in voller Länge.30.09.2024 | 4:40 min
    Ob und wie stark Israels Bodenoperation begrenzt werden kann, werde sich zeigen, sagt Busse. Israel werde versuchen, seine Soldaten zu schützen. Dazu könnte der Einsatz von schwerer Ausrüstung am Boden notwendig sein.
    SGS Santina + Eigendorf "Markige Worte der Hisbollah"
    Die Hisbollah-Miliz droht Israel. Israels Armee hingegen hat sich noch nicht offiziell zu den begrenzten Bodeneinsätzen im Libanon geäußert. Soll eine Pufferzone errichtet werden?30.09.2024 | 3:09 min

    Welche politische Vision hat Israel für Nahost?

    Eine wirkliche Vision für Frieden erkennt der Nahost-Experte nicht. "Das konnte man die letzten elf Monate auch im Gazastreifen sehen", sagt Busse.

    Das Mittel der Wahl ist momentan militärische Stärke und der Gedanke der Abschreckung. Aber eine wirkliche Strategie, wie man damit die Situation dauerhaft befrieden möchte, sehe ich nicht.

    Jan Busse, Nahost-Experte

    Andernfalls wäre Israel bereit gewesen, "sich stärker flexibel zu zeigen im Hinblick auf Verhandlungen um einen Waffenstillstand im Gazastreifen".
    Orte im Gazastreifen

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    Das heiße nichts Gutes, sagt Busse. "Die Zeiten stehen weiter auf Eskalation", so der Nahost-Experte. "Wir müssen sehen, wie die Hisbollah reagieren kann, wenn sie sich jetzt erstmal sortiert und von den jüngsten Rückschlägen und Schocks erholt hat. Und dann ist noch die Frage, inwieweit eine Reaktion des Iran zu erwarten ist."

    Gibt es noch eine Chance für diplomatische Lösungen?

    Ob es noch eine Chance für diplomatische Lösungen im Nahost-Konflikt gebe, hänge stark von der US-Regierung unter Joe Biden ab, sagt Nahost-Experte Busse.
    "Wenn die USA bereit sind, sich stärker einzubringen, nicht nur auf Abschreckung gegenüber dem Iran zu setzen, sondern auf den engsten Verbündeten Israel einzuwirken, dann denke ich schon, dass es noch Möglichkeiten für eine Deeskalation gibt", sagt Busse.
    SGS Lessmeister Bates
    "Die USA wollen unbedingt eine Waffenruhe", sagt ZDF-Korrespondentin Bates. 30.09.2024 | 3:53 min
    "Die USA wollen unbedingt eine Waffenruhe", schätzt ZDF-Korrespondentin Claudia Bates ein. Präsident Biden brachte seinen Unmut über die von Israel angekündigte Bodenoperation deutlich zum Ausdruck.

    Eine Eskalation, ein mögliches Eingreifen des Irans ist das letzte, was die Biden-Regierung möchte und gebrauchen kann, auch angesichts der bevorstehenden Wahl.

    Claudia Bates, ZDF-Korrespondentin

    Gleichzeitig würden die USA ihren engen Verbündeten Israel trotz aller Kritik verteidigen, sollte Iran eingreifen. "Das ist immer das Spannungsfeld", erklärt Bates. "Was auch immer Israel macht und ob es den USA gefällt, am Ende steht Amerika an Israels Seite."
    Deshalb sehen sich die USA auch gezwungen, "zusätzliche Luftstreitkräfte in die Region zu schicken, mehrere Staffeln Kampfflugzeuge, um Israel ggfs. zu verteidigen trotz der Missbilligung dessen, wie die israelische Regierung vorgeht".
    Das Interview mit Jan Busse führte ZDF-Moderator Christian Sievers.

    Nahost-Konflikt
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