Gedenken Warschauer Aufstand: Steinmeier bittet um Vergebung

    Gedenken an Warschauer Aufstand:Steinmeier: "Wir Deutschen dürfen nicht vergessen"

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    Der Warschauer Aufstand vor 80 Jahren wurde von den Deutschen brutal niedergeschlagen. Bundespräsident Steinmeier bittet in Polens Hauptstadt um Vergebung für die Gräueltaten.

    Steinmeier bittet um Vergebung für deutsche Gräuel in Polen
    Vor 80 Jahren begann der Aufstand der polnischen „Heimatarmee“ gegen die deutsche Besatzung. 63 Tage dauerte der Widerstand in Warschau – und wurde am Ende brutal niedergeschlagen.31.07.2024 | 3:15 min
    Beim Gedenken an den Warschauer Aufstand vor 80 Jahren hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um Vergebung für deutsche Gräueltaten in Polen im Zweiten Weltkrieg gebeten.
    Der Bundespräsident traf in der polnischen Hauptstadt zunächst mit hochbetagten ehemaligen Teilnehmern des verzweifelten Widerstands gegen die deutsche Besatzung 1944 zusammen. Deutschland sei sich seiner historischen Verantwortung bewusst, sagte er den Männern und Frauen. "Wir Deutschen dürfen nicht vergessen."
    Seine Botschaft verkündete Steinmeier aber auch bei der zentralen Gedenkfeier mit Polens Präsident Andrzej Duda und Hunderten Zuhörern am Mittwochabend. Er ist nach Roman Herzog 1994 der zweite Bundespräsident, der bei diesem für Polen wichtigen Gedenktag sprechen durfte.

    Vor 80 Jahren am 1. August 1944 hatte die polnische Untergrundarmee einen Aufstand gegen die deutsche Besatzung begonnen. Die Armia Krajowa (Heimatarmee) wollte die Deutschen vertreiben, damit Polen seine Hauptstadt vor dem Näherrücken der Sowjetarmee wieder selbst kontrolliert.

    Doch Wehrmacht und SS schlugen den Aufstand in 63 Tagen brutal nieder und verübten Massaker an der Zivilbevölkerung, die zu den schlimmsten deutschen Kriegsverbrechen zählen. Etwa 200.000 Menschen wurden getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Warschau wurde aus Rache weitgehend zerstört.

    Steinmeier und Duda: Absage an jegliche Besatzung in Europa

    Polens Präsident Duda würdigte den Aufstand gegen die deutschen Besatzer als "moralische Grundlage für unsere Unabhängigkeit", die Polen erst 1989 wiedererlangt habe. Die polnischen Widerstandskämpfer seien Helden, denen Ehre gebühre.
    Beide Staatsoberhäupter leiteten aus dem Warschauer Aufstand mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine auch eine Absage an jegliche Besatzung ab. Es spiele keine Rolle, ob es sich um eine deutsche, sowjetische oder russische Besatzung handele, so Duda: "Die freie Welt ist damit nicht einverstanden." Steinmeier sagte:

    Wir werden Unrecht und Unfreiheit, Angriff und Besatzung in Europa niemals wieder hinnehmen.

    Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

    Der Bundespräsident wandte sich direkt an die Überlebenden des Warschauer Aufstandes und bat sie um Verzeihung für die deutschen Verbrechen: "Ich bitte, gerade heute und gerade hier, um Vergebung."
    Deutscher Nationalismus, Imperialismus und Rassismus führten laut Steinmeier zu den "grauenhaften Verbrechen", gegen die sich Polen im Warschauer Aufstand gewehrt habe. Es gehe darum, aus dem Vergangenen für eine bessere Zukunft zu lernen.
    Heute in europa 31.07.2024
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    Steinmeier: Respekt vor "unbedingtem Willen zur Freiheit"

    Der Bundespräsident sagte, er verbeuge sich mit dem größten Respekt vor "der Tapferkeit, vor der todesmutigen Einsatzbereitschaft der Kämpferinnen und Kämpfer, vor dem unbedingten Willen zur Freiheit, zur Bewahrung der eigenen Würde".
    Man dürfe nicht vergessen, "welch unermessliches Leid wir Deutschen über unser Nachbarland gebracht haben, mit welcher Brutalität, mit welchem Vernichtungswillen die deutschen Besatzer gegen die gesamte Bevölkerung vorgegangen sind, nachdem sie am 1. September 1939 Polen überfallen hatten". Polen sei schrecklich verwüstet worden.
    Das Leid und die Trauer wirkten bis heute in vielen Familien fort. Die polnischen Bürgerinnen und Bürger würden den Warschauer Aufstand nie vergessen, so Steinmeier.

    Bundesregierung lehnt Reparationsforderungen ab

    Auf polnische Entschädigungsforderungen wegen der Zerstörungen und des enormen Verlusts an Menschen im Zweiten Weltkrieg ging Steinmeier nur am Rande ein. Vor allem die vorige nationalkonservative Regierung, die bis Dezember 2023 in Warschau amtierte, hatte gegen Deutschland milliardenschwere Forderungen erhoben. Die neue Mitte-Links-Regierung unter Premier Donald Tusk hält sich mehr zurück.
    02.07.2024, Polen, Warschau: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), verabschiedet sich von Donald Tusk, Ministerpräsident von Polen, nach der Pressekonferenz nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen.
    Die deutschen Minister besuchen Warschau, um die deutsch-polnische Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen zu erneuern. Was dafür jedoch noch fehlt, ist der deutsche Haushalt.02.07.2024 | 2:43 min
    Trotzdem ist die Frage in der polnischen Gesellschaft präsent; und sie wurde auch bei den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen Anfang Juli in Warschau angesprochen. Dabei sieht die Bundesregierung die Frage von Reparationen als rechtlich abgeschlossen an, sucht aber nach Wegen einer engeren Kooperation mit Polen.

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    Quelle: ZDF

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    Quelle: dpa, KNA

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