Erster offizieller Gedenktag zum Srebrenica-Völkermord
29 Jahre nach Völkermord:Erster offizieller Srebrenica-Gedenktag
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In Bosnien und Herzegowina haben Tausende Menschen am 29. Jahrestag des Genozids von Srebrenica der Opfer gedacht. Es ist der erste offizielle internationale Gedenktag.
Mit dem ersten internationalen Gedenktag erinnern Bosnien und Herzegowina sowie die UN an den Völkermord von Srebrenica.11.07.2024 | 0:24 min
"Serbe, Kroate, Bosniake - wer dein Gegenüber ist, merkst du am Anfang gar nicht", erzählt ein Passant in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Man spreche dieselbe Sprache, höre gleiche Musik, sehe gleich aus.
Mit seiner osmanisch-habsburgischen Architektur, seinen Moscheen und Kirchen, religiösen und ethnischen Minderheiten könnte Bosnien und Herzegowina das Vielvölker-Eldorado Europas sein. Doch tiefe Risse ziehen sich durch das Land.
Srebrenica wird nicht vergessen
Der Genozid von Srebrenica im Jahr 1995 gilt als tragischer Höhepunkt des Bosnienkriegs (1992-1995). Binnen weniger Tage hatte die Armee der Republika Srpska bei der Stadt Srebrenica mehr als 8.000 muslimische Bosniaken ermordet - mehrheitlich Männer und Jungen, aber auch Frauen und Kinder.
"Als die Armee der Republika Srpska einmarschierte, trennte sie Frauen, Kinder und Männer. Die ersten beiden wurden mit Bussen in eine freie Zone gebracht, die Männer ermordet", erzählt Belma Zulic. Die Historikerin arbeitet im Museum der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid in Sarajevo.
Das Massaker gilt als eines der schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und vom Internationalen Gerichtshof (IGH) als Völkermord eingestuft.
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Erster Gedenktag des Völkermords
Am 11. Juli hat Bosnien und Herzegowina sowie die internationale Staatengemeinschaft nun den ersten internationalen Gedenktag für die Opfer des Srebrenica-Völkermordes begangen.
Während der Gedenkfeier wurden 14 Opfer beigesetzt. Die Leichen werden knapp 30 Jahre nach dem Völkermord immer noch in Wäldern und an anderen Orten in Massengräbern gefunden.
Die 54-jährige Mevlida Hasanovic war eine Teilnehmerin des Gedenktags. Sie hat in Srebrenica zehn Familienangehörige verloren - darunter ihren Vater, ihren Ehemann und einen Cousin, von dem Überreste in zwei unterschiedlichen Massengräbern gefunden wurden. Sie hoffe, dass "mindestens ein Knochen" eines ihrer Brüder gefunden werde, sagte Hasanovic.
Resolution mit Protest angenommen
Die UN-Generalversammlung bezeichnet den Genozid als "dunkelstes Kapitel" des Bosnienkrieges und als "größtes Massaker in Europa nach dem Holocaust".
Erst im Mai hatten die UN-Staaten eine Resolution angenommen, die einen internationalen Gedenktag für den "Völkermord" ins Leben rief und dessen weit verbreitete Leugnung verurteilte. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hatte dagegen vor der Generalversammlung protestiert.
Vor der Abstimmung forderte Vucic die UN-Mitglieder auf, die Resolution abzulehnen, die er als hochgradig politisiert bezeichnete. Vucic griff Deutschland als Einbringer der Resolution scharf an und sagte, es versuche, der internationalen Gemeinschaft und Serbien moralische Lektionen zu erteilen.
Jahrzehnte nach dem Krieg noch immer gespalten
Das Gedenken an den Srebrenica-Völkermord löst bis heute im tief gespaltenen Bosnien und Herzegowina Kontroversen aus.
Zu einem augenscheinlichen Provokationsakt war es am Wochenende gekommen, als serbische Militärkadetten Medienberichten zufolge in zwei bosnischen Städten aufmarschierten. Mitglieder des bosnischen Staatspräsidiums verurteilten die Aktion und kündigten Untersuchungen an.
Heilen die Wunden des Bosnienkriegs?18.05.2024 | 2:32 min
Im Mai hatte der politische Anführer der bosnischen Serben, Milorad Dodik, erklärt, es habe "keinen Völkermord in Srebrenica gegeben". Diese Leugnung ist kein Einzelfall. Nun aber äußerte sich Dodik vergleichsweise versöhnlich. Im Onlinedienst X erklärte er:
Quelle: ZDF
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