Slowaken wählen Präsidenten:Pellegrinis Wahlkampf: Presse nicht erwünscht
von Katrin Litschko
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Spitzenkandidat Pellegrini kommt aus seinen Reihen: Bei der Präsidentschaftswahl in der Slowakei könnte der russlandfreundliche Regierungschef Fico seine Macht weiter ausbauen.
Der Präsidentschaftskandidat Peter Pellegrini gilt als politischer Zögling von Ministerpräsident Robert Fico.
Quelle: Reuters
Auf einem Tisch im Foyer des Kulturzentrums der 20.000-Einwohner-Stadt Nové Mesto nad Váhom im Nordwesten der Slowakei warten hunderte Nelken darauf, verteilt zu werden. Besucher bedienen sich an Feuerzeugen, Schlüsselbändern, Lippenpflege mit der Aufschrift "Peter Pellegrini". Daneben Autogrammkarten und Wahlzeitungen mit der Schlagzeile "Ruhe für die Slowakei". Beim Aufschlagen entdeckt man Fotos des Kandidaten mit Viktor Orbán, mit Donald Trump und Papst Benedikt XVI.
Vor dem Eingang warten Parteimitglieder auf den Ehrengast des Abends: Parlamentspräsident Peter Pellegrini. Umfragen zufolge hat er die besten Chancen, der nächste slowakische Präsident zu werden.
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Als wir Wochen vor der Wahl nach Terminen von Wahlveranstaltungen fragen, versucht man uns mehrmals abzuwimmeln. Es gebe überhaupt keine Wahlveranstaltungen, heißt es von seiner Presseabteilung. Interviewanfragen werden zurückgewiesen, irreführende Informationen weitergegeben.
Durch Zufall werden wir auf die Veranstaltung in Nové Mesto nad Váhom aufmerksam. Ein Mitglied von Pellegrinis Partei Hlas-SD lädt in einem sozialen Netzwerk zu der Veranstaltung ein und schreibt: "Ehrengäste: Mitglieder der Regierung." Wir fragen bei Pellegrinis Sprecherin nach, ob sie uns Bescheid sagen könnte, wenn der Präsidentschaftskandidat an der Veranstaltung teilnimmt. Die Antwort kam prompt: "Danke für Ihr Interesse, nein."
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Ein Präsident der Ruhe?
Wir fahren trotzdem hin. Der Saal ist gesteckt voll. Der Eintritt ist frei, genauso wie Häppchen, Pflaumenschnaps und Werbeartikel. Das lockt die ältere Generation. Die meisten haben über Plakate und Mund-zu-Mund-Propaganda von der Veranstaltung erfahren. Und tatsächlich, da ist er doch: Peter Pellegrini erklärt auf der Bühne, er wolle ein Präsident der Ruhe sein, den "Krieg zwischen dem Präsidentenpalast und der Regierung" beenden.
Er meint den Krieg zwischen der liberalen Präsidentin Zuzana Čaputová und dem neuen linkspopulistischen Ministerpräsidenten Fico. Er hatte sie wiederholt eine "amerikanische Agentin" genannt. Sie ging gerichtlich gegen ihn vor.
Amtsinhaberin Čaputová kandidiert nicht wieder
Der Shitstorm der prorussischen Fico-Partei riss aber nicht ab - zermürbt hatte sie im vergangenen Jahr erklärt, nicht mehr zu kandidieren.
In den letzten Monaten ihrer Amtszeit versucht sie noch, den Abbau des Rechtsstaats zu bremsen: Den Vorschlag zur Neuordnung des öffentlich-rechtlichen RTVS (Rundfunk und Fernsehen der Slowakei) kritisierte sie scharf, ein schwächeres Korruptionsstrafrecht schickte sie zur Beurteilung ans Verfassungsgericht; die Auflösung der Korruptions-Sonderstaatsanwaltschaft konnte sie schon nicht mehr verhindern.
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Pellegrini steht Regierungschef Fico nahe
Peter Pellegrini gilt als politischer Zögling Robert Ficos, war jahrelang Mitglied seiner Partei Smer-SD (Richtung - Sozialdemokratie). Nach dem Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová 2018 musste Fico als Regierungschef zurücktreten, sein Nachfolger wurde damals Pellegrini. Zwei Jahre später gründete er seine eigene Partei Hlas-SD (Stimme - Sozialdemokratie).
Rund 4,3 Millionen Slowaken sind am Samstag wahlberechtigt. Sollte keiner der neun Präsidentschaftskandidaten in der ersten Runde mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten, kommt es am 6. April zur Stichwahl, letzten Umfragen zufolge zwischen Pellegrini und Ivan Korčok.
Diplomat Ivan Korčok
Der aussichtsreichste Gegenkandidat ist Ivan Korčok. Der Karrierediplomat war unter anderem Botschafter in Deutschland und von 2021 bis 2022 slowakischer Außenminister, nominiert von der liberalen Partei SaS (Freiheit und Solidarität).
Seine letzte Wahlveranstaltung findet auf dem Platz der Freiheit in der Hauptstadt Bratislava statt und ist kaum zu unterscheiden von den Protesten gegen die Regierung, die seit Monaten zehntausende Menschen in der ganzen Slowakei auf die Straße bringen. Ivan Korčok tritt als parteiloser Kandidat an und verspricht, "den Leuten zu dienen, nicht den Politikern".
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Nachfragen: Nein, danke
In Nové Mesto nad Váhom ist Pellegrinis Veranstaltung politisch eher weichgespült: Ein Witzeerzähler aus dem ostslowakischen Košice feiert sein 50-jähriges Bühnenjubiläum, eine Folkloregruppe aus der Region spielt Volksmusik.
Am Rande bearbeitet man dagegen uns: Zuerst kommt ein Mitglied von Pellegrinis Presseteam. Chancen für ein Interview? Genau "0,001 Prozent". Pellegrini gebe keine Interviews und erst recht nicht für ausländische Medien. Uns wird ans Herz gelegt, eine Interviewanfrage an Pellegrinis Sprecherin zu schicken. Mal wieder. Dann eine junge Frau aus der Kommunikationsabteilung des slowakischen Parlaments: Sie bittet keine Fragen an den Parlamentspräsidenten zu stellen. Wieso denn nicht? Keine Antwort.
Das Kulturprogramm auf der Bühne geht zu Ende. Blumen werden verteilt, Handyfotos gemacht. Wir dagegen werden von mehreren seiner Sicherheitsleute abgeschirmt.
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Pellegrini: Keine Änderungen in der Außenpolitik
Seine Limousine fährt vor. Erneut baut sich ein Sicherheitsbeamter vor uns auf, weist unseren Kameramann zurecht. Da tritt Pellegrini plötzlich selbst auf uns zu und fragt, was wir wissen wollen. "Was kann die Europäische Union erwarten, wenn Sie Präsident werden?" Schließlich habe die Europäische Kommission ja jetzt schon ein Warnschreiben wegen Abbau der Rechtsstaatlichkeit geschickt.
Pellegrini verspricht, dass sich an der Ausrichtung der slowakischen Außenpolitik nichts ändern werde, sollte er gewählt werden: "Die Slowakei will ein Teil der Europäischen Union und der NATO sein, aber sie wird immer mit einer souveränen Stimme sprechen wollen."
Soll wohl heißen: Wir machen mit bei der EU-Außenpolitik und dann lasst ihr uns innen machen, was wir wollen. Nachfrage zum Rechtsstaat - nicht erwünscht. Das ist der Stil, mit dem die EU umgehen muss.
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