Röttgen: Israel hat eins von drei Kriegszielen erreicht

    Hamas-Führer Sinwar getötet:Röttgen: Eins von drei Kriegszielen erreicht

    von Michael C. Starke
    |

    Was bedeutet der Tod von Jihia al-Sinwar? CDU-Außenpolitiker Röttgen bezweifelt, dass die Hamas bereit ist, "das Faustpfand der Geiseln aus der Hand zu geben".

    Norbert Röttgen
    Sehen Sie hier die ganze Sendung "Markus Lanz" vom 17. Oktober.17.10.2024 | 76:11 min
    Auch wegen seiner Brutalität in den eigenen Reihen hatte Sinwar den Beinamen "Schlächter von Chan Junis" erworben: Hamas-Anführer Jihia al-Sinwar. Am Donnerstag meldete die israelische Regierung seinen Tod nach einem Militäreinsatz im Gazastreifen. Sinwar gilt als einer der Drahtzieher des Massakers am 7. Oktober vor einem Jahr.
    Wie die Tötung abgelaufen sein soll, schildert Axel-Springer-Journalist Paul Ronzheimer am Abend bei "Markus Lanz". Dabei bezieht er sich auf israelische Sicherheits- und Geheimdienstkreise. Demnach habe es bereits am Mittwoch in der Stadt Rafah einen israelischen Panzerangriff auf ein Haus gegeben, in dem führende Hamas-Mitglieder vermutet wurden. Am Mittwoch seien dann israelische Soldaten vorgerückt und während einer Patrouille auf Sinwar gestoßen.
    Ein enormer Rückschlag für die Hamas
    Was bedeutet die mutmaßliche Tötung von Hamas-Chef Sinwar für den Krieg in Nahost? Eine Einschätzung von Alexander Poel.17.10.2024 | 1:15 min
    In Israel löse Sinwars Tötung, so der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur weiter, nun sowohl Hoffnungen und Ängste aus: Eine Hoffnung zum einen, dass nun ein Deal über eine Freilassung der verbliebenen Geiseln in Reichweite sei - zum anderen die Angst, dass die Geiseln nun erschossen werden.

    Gerlach: "Sinwar-Leichnam mögliches Siegesbild"

    "Verwunderlich", nannte es Ronzheimer, dass Sinwar "überhaupt an der Oberfläche war, man hatte ihnen in den letzten Monaten eigentlich in einem Tunnelsystem vermutet." Eine mögliche Erklärung dafür lieferte Publizist Daniel Gerlach: "Vielleicht hat das ja auch damit zu tun, dass ein solcher Anführer sich auch mal zeigen muss, auch seinen eigenen Leuten." Zuletzt habe es viele Vermutungen gegeben, dass Sinwar "möglicherweise gar nicht mehr am Leben ist", ergänzte er.
    Laut Gerlach galt Sinwar in israelischen Medien als "Inkarnation des Bösen", zu seiner Person "wurden Vergleiche gezogen zu Adolf Eichmann". Das Bild von Sinwars Leichnam könnte daher Gerlach zufolge zu einer Art Ikonografie werden. Er geht davon aus, dass es in den kommenden Tagen in Israel als "Siegesbild" bezeichnet werden dürfte - so, wie es bereits in früheren Kriegen Israels vorkam. Gerlach dazu:

    Das ist der Moment, in dem sich für Netanjahu die Möglichkeit ergibt, jetzt diesen Krieg, diesen Einsatz in Gaza zu beenden. Zumindest wird er dazu aufgefordert.

    Daniel Gerlach, Publizist

    Der Chef der palästinensischen islamistischen Hamas-Bewegung im Gazastreifen, Yahya Sinwar, tritt  am 14.12. 2022 während einer Kundgebung zum 35. Jahrestag der Gründung der Gruppe in Gaza-Stadt vor seine Anhänger
    Israel zufolge ist Sinwar bei einem israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen getötet worden.17.10.2024 | 2:28 min

    Exit-Strategie für Netanjahu?

    Hat Israels Premier Benjamin Netanjahu nun eine reale Exit-Strategie für den Krieg? Und wird er sie nutzen? Das hielt Bild-Reporter Ronzheimer eher für abwegig - entscheidend sei nun etwas anderes, sagte er:

    Ich glaube, der Krieg wird nur dann zu Ende gehen, höre ich auch aus dem Umfeld von Netanjahu, wenn die Geiseln freikommen.

    Paul Ronzheimer, Journalist

    Erst dann gebe es eine Chance, dass der Krieg beendet werde. An einen potenziellen Wendepunkt wollte auch Norbert Röttgen (CDU) nicht so recht glauben. Man müsse, so der Außenexperte der CDU, unterschiedliche Fronten unterscheiden: "Wir reden jetzt über den Gazastreifen, wir reden nicht über den Libanon, den Hisbollah, und wir reden auch nicht über Iran."
    Schaltgespräch zwischen Slomka und Steinberg
    Nach der Tötung des Hamas-Chefs Sinwar stehe jetzt eine "Richtungsentscheidung" bei der Hamas an, sagt Nahost-Experte Steinberg. Es könne durchaus ein Wendepunkt des Krieges sein.17.10.2024 | 3:51 min
    Was Gaza anbelangt, habe Israel mit der Sinwar-Tötung "eines der drei Kriegsziele erreicht", fuhr Röttgen fort.

    Das war die Ausschaltung der verantwortlichen Führungsebene.

    Norbert Röttgen, CDU-Politiker

    Und die übrigen? Das zweite sei, die Geiseln zu befreien. "Und das dritte ist, die Hamas so zu treffen, dass von ihr keine Gefahr mehr für die Sicherheit Israels ausgeht."
    Der Chef der palästinensischen islamistischen Hamas-Bewegung im Gazastreifen, Yahya Sinwar, tritt  am 14.12. 2022 während einer Kundgebung zum 35. Jahrestag der Gründung der Gruppe in Gaza-Stadt vor seine Anhänger
    Hamas-Chef Sinwar wurde bei einem israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen getötet. Die Tötung von Israels Staatsfeind Nummer eins dürfte neue Dynamiken in den Krieg bringen.18.10.2024 | 2:27 min

    Röttgen: Freilassung von Geiseln könnte schwieriger werden

    Zwar sah der CDU-Politiker eine Chance, auch das zweite Kriegsziel zu erreichen - in Röttgens Worten überwog indes die Sorge, dass Bemühungen um eine Freilassung der Geiseln eher noch schwieriger werden könnten. Er habe "erhebliche Zweifel, ob die Hamas überhaupt bereit ist, das Faustpfand der Geiseln aus der Hand zu geben".
    Zustimmung in der Runde. So vernehme Ronzheimer zwar aus Israel, dass Versuche unternommen würden, wieder eine diplomatische Initiative mit Hamas-Vertretern in Doha zu starten. Allerdings mit völlig offenem Ausgang, so der Journalist. Sinwar sei derjenige gewesen, der am Ende entschieden habe, etwa bei Fragen der Waffenruhe oder was mit den Geiseln passiere.

    Sinwar lebt nicht mehr, jetzt ist die große Frage: Wer entscheidet überhaupt bei der Hamas?

    Paul Ronzheimer, Journalist

    Spielt Netanjahu auf Zeit?

    "Wie wird Netanjahu reagieren?", fragte zudem "Deutschlandfunk"-Journalistin Sabine Adler. Ihre Vermutung: Israels Premier könnte auf Zeit spielen - aus zweierlei Gründen: Zum einen müsste Netanjahu sonst offene Fragen zu einer Nachkriegsordnung in Gaza beantworten. Zum anderen habe dann "die israelische Bevölkerung ein berechtigtes Interesse" daran, aufzuklären, warum Israel nichts von den Anschlagsvorbereitungen vom 7. Oktober mitbekommen hat.

    Liveblog
    :Aktuelle Nachrichten zur Eskalation in Nahost

    Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel gleicht die Region einem Pulverfass. Ein Frieden scheint weit weg. Alles zum Nahost-Konflikt hier im Ticker.
    Israel: Raketen fliegen über Tel Awiw
    Liveblog

    Aktuelle Nachrichten zum Nahost-Konflikt