Singapur: Nachhaltige Stadtentwicklung durch mehr Begrünung

    Nachhaltige Stadtplanung:Singapur: Urbaner Dschungel und Grünoasen

    von Vera Keddigkeit, Singapur
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    Der asiatische Stadtstaat Singapur gilt als grüne Metropole, beispielhaft in nachhaltiger Stadtentwicklung - mit offenen Grünflachen, begrünten Hausfassaden und Dachgärten.

    Singapurs Skyline gespiegelt in einem Lotusteich
    Singapur gilt als Vorreiter beim Thema Begrünung und nachhaltige Stadtentwicklung. Mehr zum Green Plan 2030 des asiatischen Stadtstaats.
    Quelle: dpa

    Vogelgezwitscher und leises Wassergeplätscher empfangen, wer in Singapur das Khoo Teck Puat Krankenhaus betritt. Eine leichte Brise weht durch die offene Halle - von typischem Desinfektionsmittelgeruch und kahlen Krankenhausgängen keine Spur. Pflanzen ranken die Fassade hinauf und von den Balkonen sprießt es in allen Grüntönen. Der Innenhof gleicht einem Dschungel. Es sieht überhaupt nicht nach Krankenhaus aus.
    Und das ist auch das Ziel dahinter: Bewusst wurden hier nachhaltige und therapeutische Grünflächen geschaffen - und das vom Innenhof bis hoch zum Dachgarten.
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    Mehr Grünflächen schaffen, als vernichtet werden

    Für jeden Quadratmeter, auf den das Gebäude gebaut wurde, schuf das Krankenhaus dreimal so viel neue Grünfläche. Krankenschwester Fazirah Jurprey, die ihre Mittagspause im Innenhof verbringt, ist begeistert.

    Die Natur beruhigt hier nicht nur die Patienten, sondern hilft uns Krankenpflegern und Ärzten auch, zu entspannen.

    Fazirah Jurprey, Krankenschwester

    Dem gleichen Konzept - mehr Natur als Beton - folgt ein Hotel in der Innenstadt. Die grünen Terrassen des großen Hotels ragen über der Stadt in die Höhe. Organische Formen, die an die fließenden Konturen der Natur erinnern, sollen die ökologische Ausrichtung des Bauwerks betonen: statt grauen Betons offene Gärten an der Fassade. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch der Umsatz: Das Hotel wurde zu einem Touristenmagnet.
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    Green Plan 2030: Abkühlung mittels Pflanzen

    Diese gezielte Begrünung des urbanen Raums ist Teil des Green Plan 2030 der Regierung und soll in Singapur nicht nur die Lebensqualität der Einwohner steigern, sondern auch dem Klimawandel entgegenwirken. Grüne Abkühlung für die tropische Stadt nahe dem Äquator: Bis zu sieben Grad Celsius kann diese Begrünung die Innenstädte herunterkühlen. Jeder Quadratzentimeter Natur, der durch den Bau eines neuen Gebäudes zerstört wird, muss wieder innerhalb des Gebäudes rekonstruiert werden.
    Der Plan sieht vor, dass 80 Prozent der Gebäude bezüglich ihrer Materialien, Begrünung und Energieeffizienz ökologischer gestaltet werden. Es sollen weitere 10 Quadratkilometer Grünfläche geschaffen und rund eine Million neue Bäume gepflanzt werden. Der Green Plan ist einer der Bausteine, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen: Singapur will bis 2050 Klimaneutralität erreichen.
    In Bangkok plant die Landschaftsarchitektin Kotchakorn Voraakhom grüne Versickerungsflächen als Schutz vor Überflutungen. Gleichzeitig dienen sie den Menschen als Freizeit- und Reisanbaufläche. Eine echte Win-Win-Win-Idee!
    Starkregen, Hochwasser, Hitzerekorde – gerade Städte trifft der Klimawandel besonders heftig, mit teils gravierenden Auswirkungen auf die Bewohner.27.07.2024 | 29:45 min

    Privatautos: Genehmigung teurer als Anschaffung

    Bei den Begrünungsmaßnahmen hört das Konzept nicht auf: Die Regierung legt besonderes Augenmerk auf seine Energieeffizienz: Singapur setzt auf erneuerbare Energien und möchte besonders die Solarenergie ausbauen. Auch von einer besonders restriktiven Verkehrspolitik erhofft sich der Stadtstaat die Erreichung der Klimaneutralität: Statt teurer Privatautos sollen öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden: Für Autofahrer wird in der Innenstadt eine Mautgebühr fällig.
    Um in Singapur ein Auto führen zu dürfen, braucht man eine Berechtigung - diese ist oft teurer als das Auto selbst. Damit wird die Anzahl der Autos und damit auch die Emissionen in der Innenstadt kontrolliert.

    Punggol als Pioniermodell

    Singapur ist eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt und die Bevölkerung wächst stetig, braucht Lebensraum - nachhaltig gestaltet.
    Ein Pioniermodell ist dabei der Stadtteil Punggol. Dieser wurde 2010 auserwählt, um Singapurs erste "Eco-Town" zu werden. Punggol ist ein lebendiges und grünes Viertel im Norden Singapurs, liegt an der Grenze zu Malaysia und hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Ursprünglich ein ruhiges Fischerdorf, wurde das Gebiet ab den 1990er Jahren transformiert, um neuen Wohnraum für die wachsende Bevölkerung des Stadtstaates zu schaffen.

    Hitzeschutz im Klimawandel
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    Kühlwesten bei den Olympischen Spielen in Paris, geschlossene Sehenswürdigkeiten in Athen: Wie bleiben Städte trotz zunehmender Hitze lebenswert? Inspiration aus dem Ausland.
    von Dorothée Schmidt
    Ein Hundewelpe kühlt sich mit Sprühnebel in der Stadt ab
    In dem Viertel kann man alle Orte mit dem Fahrrad erreichen. Die Regierung hat begrünte und gemeinschaftliche Räume geschaffen und das unterirdische zentrale Kühlungssystem eingeführt, was bereits in dem berühmten Hotel-Komplex Marina Bay Sands vorhanden ist. Die Häuserfronten wurden so konstruiert, dass sie an asiatische Reisterrassen erinnern. Der 24-jährige Einwohner Liyi geht an der künstlich konstruierten Uferpromenade gerne spazieren und ist begeistert von dem neuen Wohnmodell.

    Durch die Natur wurde so viel mehr Lebensqualität für uns Einwohner geschaffen.

    Liyi, Einwohner Singapurs

    Bereits bei der Gründung Singapurs im Jahr 1965 war die Vision des damaligen Premierministers Lee Kuan Yew, die Insel mit den noch verschmutzten Flüssen in eine "Gartenstadt" zu verwandeln. Betondschungel zerstören den menschlichen Geist, so war seine Ansicht. Heutzutage, gut fünf Jahrzehnte später ist dieser Traum des "Chief Gardener" genannten Lee Kuan Yew grüne Realität geworden.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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