Nach US-Geheimchat-Panne:Politologe: Hegseth "ist nicht qualifiziert"
von Beatrice Steineke, Washington D.C.
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Der Nationale Sicherheitsberater gibt zu, die Chatgruppe gegründet zu haben. Doch es gibt weitere Stimmen, die etwa den Rücktritt des US-Verteidigungsministers fordern.
Mike Waltz (l) übernimmt Verantwortung für die Geheimchat-Panne. Pete Hegseth (r) dementierte bislang den Bericht.
Quelle: AFP
"Bitte beantworten Sie meine Frage, beleidigen Sie nicht die Intelligenz des amerikanischen Volkes, hat er ("The Atlantic"-Chefredakteur Jeffrey Goldberg) sich selbst in die Signal-Chatgruppe eingeladen?", fragte der demokratische Senator Michael Bennet am Dienstag in der Anhörung des US-Geheimdienstausschusses.
"Ich weiß nicht, wie er eingeladen worden ist, aber eindeutig wurde er der Signal-Gruppe hinzugefügt", antwortete der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, John Ratcliffe, der selbst Mitglied war.
Ratcliffe und die US-Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard gaben an, keine als vertraulich eingestufte Information sei im Chat ausgetauscht worden. Doch auf die Nachfrage, ob überhaupt Details zu geplanten Militärschlägen in diesem Chat hätten stehen sollen, verwies Gabbard an US-Verteidigungsminister Pete Hegseth. Ihn stellen jetzt nicht nur Stimmen aus der Demokratischen Partei infrage.
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Politologe fordert Untersuchung
Die Geheimchat-Panne zeigt für den Politologen Chris Edelson, dass Hegseth als Verteidigungsminister "nicht qualifiziert" ist. ZDFheute sagt der Professor für Staatswissenschaften an der American University in Washington D.C.: allein schon die Nutzung der Messaging-App Signal für den Austausch über militärische Angriffspläne solle untersucht werden.
Es ist eine Katastrophe für die nationale Sicherheit und einfach wahre Inkompetenz. Es muss eine Untersuchung geben. Natürlich war das nur ein Chat, doch wie viele andere gab es schon?
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Chris Edelson, Professor American University
Edelson sieht nicht nur Hegseth, sondern auch den Nationalen Sicherheitsberater Michael Waltz in der Verantwortung. Es gebe noch viele offene Fragen: Nutzten die Mitglieder der Chatgruppe private Geräte? War ein Chat-Teilnehmer zum Zeitpunkt des aktiven Austausches tatsächlich in Moskau?
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US-Regierung sieht kein Fehlverhalten
Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Republikaner Mike Johnson, stärkte den Mitgliedern der Chatgruppe bereits den Rücken:
Ich denke nicht, dass jemand seinen Job deswegen verlieren sollte, weil eine falsche Nummer ihren Weg in einen Dialog fand.
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Republikaner Mike Johnson bei CNN
Am Dienstagnachmittag sprach auch US-Präsident Donald Trump vor der Presse voll des Lobes über die Arbeit von Michael Waltz. Dieser übernahm inzwischen die volle Verantwortung, während Verteidigungsminister Hegseth noch am Montag den Bericht im US-Magazin "The Atlantic" dementierte. Darin wurde auch eine Chat-Nachricht von einem Mitglied namens "Pete Hegseth" veröffentlicht, in der sich dieser abfällig gegenüber europäischen Verbündeten äußerte.
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Sorge um Vertrauensverlust in die USA
Während der US-Verteidigungsminister aktuell Streitkräfte auf Hawaii besucht, forderte etwa der Vize-Chef des Geheimdienstausschusses im Senat dessen Rücktritt. Laut dem demokratischen Senator Mark Warner gehe das Vertrauen der mit Washington verbündeten Staaten "über Nacht verloren".
Auch der US-amerikanische Generalleutnant a.D. Ben Hodges äußerte in der "New York Times", Verbündete werden bei der Weitergabe von Geheimdienstinformationen sehr zurückhaltend sein. Sollte es keine großen Veränderungen geben, würde das ein Vertrauensverlust in die Vereinigten Staaten bedeuten.
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von Jan Schneider
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Im US-Sender CNN widersprach der ehemalige Nationale Sicherheitsberater John Bolton sogar dem US-Präsidenten. Im "The Atlantic" seien Informationen veröffentlicht worden, die er als vertraulich einstufe. Garantiert hätten einige in Europa und in Ägypten über die Aussagen in der Chatgruppe aufgehorcht. Er stelle sich die Frage: War dies die erste Signal-Chatgruppe rund um Themen der Nationalen Sicherheit?
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"The Atlantic"-Chefredakteur will weiter über Chat berichten
Und wird es eine offizielle Untersuchung der Geheimchat-Panne geben? Der Politologe Chris Edelson glaubt nicht daran.
Was mich wirklich beunruhigt, obwohl ich nicht glaube, dass irgendjemand dies akzeptieren sollte. Ich befürchte, dass keiner zur Rechenschaft gezogen wird.
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Chris Edelson, American University
Das Justizministerium habe laut Edelson gezeigt, dass es kein Interesse an Verbrechen habe, die von Angehörigen der Trump Administration oder einem Trump-Unterstützer begangen wurden.
Mindestens von einer Seite könnten demnächst neue Informationen öffentlich werden. In mehreren Medien kündigte "The Atlantic"-Chefredakteur Jeffrey Goldberg am Dienstag an, er werde weiter über die Signal-Chatgruppe berichten.
Beatrice Steineke ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.
Quelle: dpa
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