Angst um Umwelt:Proteste gegen Lithium-Abbau in Serbien
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Die Regierung in Belgrad, die EU und Deutschland wollen in Serbien das begehrte Lithium fördern. Umweltschützer und Bürger protestieren dagegen. Ob der Druck reicht, ist fraglich.
In Serbiens Hauptstadt Belgrad haben Zehntausende Menschen gegen den Lithium-Abbau protestiert. Kritiker befürchten massive Umweltschäden durch den Abbau.11.08.2024 | 0:19 min
Tausende Menschen haben in Belgrad gegen den geplanten Abbau von Lithium in Serbien demonstriert. Umweltschützer halten diesen für hochgradig giftig für die Umwelt. Nach einem Aufruf mehrerer Umweltschutzvereine versammelten sich die Menschen auf einem zentralen Platz der serbischen Hauptstadt unter dem Motto "Es wird keine Bergwerke geben".
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In den vergangenen Tagen hatten viele Menschen in mehr als 40 serbischen Städten gegen dieses Projekt demonstriert. Im westserbischen Jadar-Tal liegt Europas größtes Lithium-Vorkommen.
Grünes Licht für Lithium-Pakt
Der Rohstoff ist wichtig für die Herstellung von Elektro-Autos. Im Juli dieses Jahres hatte Belgrad für die Lithium-Förderung grünes Licht gegeben, nachdem sie diese zwei Jahre zuvor auf Druck der Umweltschützer vorläufig gestoppt hatte.
Professor Florian Bieber von der Universität Graz spricht hier sogar von einem "Rohstofffluch". Im ZDF-Interview erklärt er: "Länder, die schwache rechtsstaatliche Institutionen haben, leiden oft unter derartigen Projekten, weil das Geld leicht denen an der Macht nutzt, aber der Bevölkerung sehr wenig Vorteile bringt." Diese Gefahr bestehe in Serbien auch, dass "durch schwache rechtsstaatliche Mechanismen wenig von den Vorteilen eines solchen Projektes wirklich an die Bevölkerung fließt, sondern sehr stark an die Regierung - und da gibt es einfach nicht genug Kontrollmechanismen".
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Kanzler Scholz unterzeichnete Erklärung
Serbiens Regierung hatte zuvor im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 19. Juli in Belgrad mit EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic eine Absichtserklärung unterzeichnet, die eine umweltverträgliche Förderung des weltweit extrem begehrten Leichtmetalls im Jadar-Tal ermöglichen sollte.
Das garantiere aber leider noch nicht, dass dadurch auch international die Umweltstandards bei diesem Projekt kontrolliert würden, bedauert Südosteuropa-Experte Bieber. Das Problem sei, dass "in Serbien regelmäßig das eigene Umweltrecht gebrochen wird - gerade bei ausländischen Großprojekten".
Das Versprechen der Europäischen Union, diese Standards zu überwachen, sieht Bieber skeptisch:
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Abhängigkeit von China soll verringert werden
Deutschland und die EU wollen mit dem Projekt vor allem die Abhängigkeit von China reduzieren. China kontrolliert einen großen Teil des Abbaus und der Verarbeitung von Lithium weltweit. Interessiert an diesem Förderprojekt ist seit Jahren der australische Bergbaugigant Rio Tinto.
Bei der Protestkundgebung in Belgrad sagte die Schauspielerin Jelena Stupljanin:
Umweltschützer kritisieren unter anderem, dass Lithium-Bergbau das Grundwasser mit Schwermetallen verunreinige und daher eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Anwohner darstelle.
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Experte: Zweifel am Erfolg der Proteste
Ob die aktuellen Proteste das Großprojekt wirklich stoppen können, bezweifelt Experte Bieber: "Und zwar deshalb, weil die Regierung alle Institutionen kontrolliert." Es gebe keine Wahlen, die geplant seien, weder lokal noch national. Somit gebe es wenig Möglichkeiten, "dass diese Proteste wirklich zu einer anderen politische Entscheidung führen können". Zudem sei Belgrad "sehr geübt darin, Proteste einfach auslaufen zu lassen".
Quelle: ZDF
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Quelle: dpa, ZDF
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