Abstimmung in der Schweiz: Krankenversicherung zu teuer?

    Volksabstimmung:Ist Gesundheit in der Schweiz zu teuer?

    von Dorothea Dörner
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    Wie kann Gesundheit bezahlbar bleiben? Das fragen sich immer mehr Schweizer. Bei einer Volksabstimmung am 9. Juni geht es um die Kosten der Krankenversicherung.

    Abstimmung der Landsgemeinde Glarus in der Schweiz
    Die Volksabstimmung ist in der Schweiz ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Wer in der Schweiz krank ist, der wird behandelt. Das Gesundheitssystem dort gehört zu den besten der Welt, aber es hat auch seinen Preis.
    Die Krankenversicherung in der Schweiz ist für jeden Bürger Pflicht. Sie übernimmt die Kosten der notwendigen medizinischen Behandlungen. Wer mehr will, der muss privat zahlen. Rund 330 Franken, umgerechnet circa 340 Euro, kosten die monatlichen Prämien für die Krankenversicherung für jeden Schweizer Bürger.
    Schweizer-Flagge
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    Zu viel, sagt die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP). Die Prämien-Initiative der SP fordert: Maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens sollen Beitragszahler für die Krankenkasse ausgeben müssen.
    Am 9. Juni stimmen die Schweizer in einer Volksabstimmung über die Initiative "Maximal 10% des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)" ab. 

    Grundversicherung für alle Schweizer verpflichtend

    Wie in Deutschland auch, muss jeder Bürger der Schweiz krankenversichert sein. Der Unterschied: Je nach Einkommen und Status können Versicherte in Deutschland zwischen privater und gesetzlicher Kasse wählen. Das ist in der Schweiz nicht möglich. Die Grundversicherung ist für alle verpflichtend.
    In Deutschland teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Regel die Krankenkassenbeiträge. Schweizer Bürger müssen das Krankenkassengeld komplett selbst finanzieren. Familienversicherungen wie in Deutschland gibt es nicht. Die Beiträge werden pro Kopf bezahlt und nennen sich Prämien. Auch Kinder müssen einzeln krankenversichert werden.
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    SP: Schweiz hat teuerste Krankenversicherung in Europa

    Die Höhe der Prämien steigt seit Jahren an, mehr als die Löhne und Renten - und fressen einen immer größeren Teil des Einkommens weg. Laut Sozialdemokratischer Partei gibt es kein Land in Europa, in dem die Bürger so viele Gesundheitskosten aus eigener Tasche bezahlen müssen wie in der Schweiz.
    Gutverdiener zahlen genau so viel für die Krankenversicherung wie Angestellte im Niedriglohnsektor. Die hohen Prämien treffen vor allem Familien, Rentner und die unteren Lohngruppen.

    Prämieninitiative: Bund und Kantone sollen Lücken schließen

    Die Prämieninitiative soll das ändern: Eine Prämie dürfe maximal zehn Prozent des verfügbaren Einkommens ausmachen, das fordert die SP. Wird die Schwelle überschritten, müssen Bund und Kantone die restlichen Kosten tragen. "Es ist eine Geschäftemacherei im Gesundheitswesen" sagt Nicolas Haesler von der SP.

    So treiben etwa die Pharma-Lobbyisten im Bundeshaus die Prämien in die Höhe, indem sie etwa tiefere Medikamentenpreise verhindern, obwohl diese im Vergleich zum Ausland viel zu hoch sind.

    Nicolas Haesler, Sozialdemokratische Partei der Schweiz

    Sollte die Volksinitiative angenommen werden, würde das, laut Bundesamt für Gesundheit (BAG), den Schweizer Staat 3,5 bis 5 Milliarden Franken jährlich mehr kosten. Die Mehrkosten müssten dann mit Steuererhöhungen oder Sparmaßnahmen in anderen Bereichen finanziert werden.
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    Kantone haben großen Einfluss auf die Kosten

    Das sich was ändern muss, wissen auch Bundesrat, also die Schweizer Regierung, und das Parlament. Daher haben sie einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet.
    Bislang ist Gesundheitspolitik Kantonssache. Und so hat jeder Kanton seine eigene Prämie. Der Gegenvorschlag würde die Kantone verpflichten, einen Mindestbeitrag zur Prämienverbilligung zu leisten.
    So müssten Kantone mit hohen Gesundheitskosten mehr zahlen als Kantone mit tieferen Kosten. Dadurch soll der Anreiz geschaffen werden, Gesundheitskosten zu senken. Für den Bund entstehen in diesem Fall keine Kosten.

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