Paris und Berlin: Nur keine Schwäche zeigen

    Scholz-Visite bei Macron:Paris und Berlin: Nur keine Schwäche zeigen

    Diana Zimmermann
    von Diana Zimmermann
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    Der Besuch von Olaf Scholz bei Emmanuel Macron soll auch ein Signal aussenden: Der deutsch-französische Motor läuft, Europa kann sich gegenüber der neuen US-Regierung behaupten.

    Kanzler Olaf Scholz (r.) mit Emmanuel Macron vor dem Elysee-Palast in Paris
    Kanzler Olaf Scholz (r.) mit Emmanuel Macron vor dem Elysee-Palast in Paris.
    Quelle: dpa

    Erst dachte man, dies sei ein "Drei in eins"-Gespräch. Ein Krisentreffen, ein Wahlkampf- und vielleicht ein Abschiedsbesuch. Aber nein, "Cher Olaf" wird Anfang Februar noch einmal nach Paris reisen, zu einem KI-Gipfel, freut sich "Cher Emmanuel" bei dem gemeinsamen Statement im Elysee-Palast.

    Scholz-Visite bei Macron: Auch ein Signal

    Bei der Stippvisite, die Kanzler Olaf Scholz dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Mittwoch abstattete, ging es am 62. Jahrestag des Elysée-Vertrags natürlich darum, das Signal zu senden: Das deutsch-französische Verhältnis ist intakt, zwischen Paris und Berlin passt kein Blatt - besonders nun, da es darum geht, sich gegen US-Präsident Donald Trump zu behaupten.
    Vermutlich wollte der Kanzler auch zeigen, dass es zwischen ihm und Macron sehr viel harmonischer zugeht, als berichtet wird. Aber das zählt zum Bundestagswahlkampf und soll jetzt nicht im Mittelpunkt stehen.
    Wie also reagieren Frankreich und Deutschland, der einst berühmte Motor, das Tandem der EU, auf die Unerhörtheiten, die seit Montag aus Washington kommen?
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    Olaf Scholz nennt Trump beim gemeinsamen Statement mit Emmanuel Macron - bei dem übrigens Fragen von Journalisten nicht zugelassen waren - eine "Herausforderung". Er wiederholt im Grunde seine Forderung, man müsse Trump mit "geradem Rücken" begegnen: Europa werde "sich nicht ducken und verstecken, sondern ein konstruktiver und selbstbewusster Partner sein".

    Macron: Werden "gut zusammenarbeiten" mit US-Regierung

    Man werde mit dem neuen Präsidenten auf Basis einer langen Freundschaft und Partnerschaft "gut zusammenarbeiten", formuliert er optimistisch und lobt die Anstrengungen der Europäer, ihre Verteidigungshaushalte aufzustocken, und außerdem die Kooperation von Franzosen und Deutschen bei Verteidigung und Rüstung.
    Zweifelhaft, ob Trump sich davon beeindrucken lassen wird. Zumal es nach wie vor europäische Mitglieder der Nato gibt, die das Zwei-Prozent-Ziel deutlich verfehlen, Italien und Spanien etwa.
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    Macron erwähnt Trump nicht namentlich, sagt aber, es sei mit der neuen US- Regierung "umso wichtiger, dass das deutsch-französische Tandem seine Rolle voll und ganz erfüllt, nämlich Europa konsolidiert, damit es geeint, stark und souverän bleibt".
    Eine elegant-französische Variante von Trumps "America First" probierte Macron auch:

    Die Priorität der Europäer muss heute mehr denn je auf Europa gerichtet sein.

    Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich

    Unterschiedliche Prioritäten in Europa

    Allein, Europa hat - von der Priorität, stark und souverän zu sein, mal abgesehen - unterschiedliche Prioritäten. Die zwischen Frankreich und Deutschland sind da bei weitem nicht die größten.
    Macron betont, anders als Scholz, die Themen KI, Raumfahrt und: die Landwirtschaft. Unternehmen und Landwirte müssten "in einem internationalen Umfeld, das immer brutaler und enthemmter wird", unterstützt werden.
    Ein kleiner Wink, dass dem französischen Präsidenten das geplante Mercosur-Abkommen nicht passt, schon weil es den erheblichen innenpolitischen Druck auf ihn weiter erhöht.
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    Scholz legt besonderen Wert auf die Automobilbranche und die Stahlindustrie, die geschützt werden müssten. Spricht ausführlich über die Ukraine, die sich auf "uns" verlassen könne. Wen genau er damit meint, lässt er offen. Die Deutschen? Die Franzosen, die bislang deutlich weniger geliefert haben, oder gar Europa?
    Wie Brüssel in den kommenden Wochen und Monaten eine gemeinsame Position entwickeln und durchhalten will, mit Mitgliedsstaaten wie Ungarn und Italien, ist eine Frage, die weit über das heutige Treffen hinausgeht.

    Merz weniger konfrontativ gegenüber Trump als Scholz

    Sie wird sicher auch das nächste deutsch-französische Tandem beschäftigen. Ein Rad davon - da wären wir wieder beim Wahlkampf - könnte Friedrich Merz sein. Auch der Unions-Kanzlerkandidat äußert sich bislang selbstbewusst, wenn auch weniger konfrontativ. Er spricht davon, man müsse Gemeinsamkeiten mit Trump suchen.
    Dass Scholz sich vorletzte Woche so deutlich gegen den US-Präsidenten positioniert hat, als er dessen imperialistische Drohungen, er werde sich Grönland und den Panamakanal einverleiben, indirekt mit Wladimir Putins Angriffskrieg verglich, mag ihm bei manchen Wählern Sympathien einbringen.
    Es ist auch durchaus denkbar, dass der Vergleich nicht so stark hinkt, wie man hoffen möchte. Ein bisschen aber drängt sich der Gedanke auf, dass es für Olaf Scholz leicht ist, sich Trump entgegenzustellen, weil er entgegen aller Beteuerungen ahnt, dass er nicht noch vier Jahre mit ihm zu tun haben wird.

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