Ukraine-Hilfen: Scholz und Macron ringen um Einigkeit
Kanzler Scholz begrüßt Macron:Wie Berlin und Paris um Ukraine-Hilfen ringen
von Patricia Wiedemeyer
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Olaf Scholz hat Präsident Macron in Berlin begrüßt. Später kommt Präsident Tusk dazu. Die Hoffnungen sind jedoch nicht allzu groß, dass sich die Kanzler-Haltung zum Taurus ändert.
Kanzler Scholz empfängt heute in Berlin den französischen Präsidenten Macron und Polens Ministerpräsidenten Tusk. Bei dem Treffen soll es vor allem um die weitere Unterstützung der Ukraine gehen.15.03.2024 | 1:31 min
Selten war das deutsch-französische Verhältnis so angespannt, so schwierig, selten wurde so wenig geredet in den letzten Jahrzehnten. Dabei sind die beiden größten Länder in der EU doch aufeinander angewiesen.
Heute also reden sie dann mal wieder, heute kommt der französische Präsident Emmanuel Macron nach Berlin, hat ein persönliches Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz, später kommt dann noch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk dazu.
Auch mit Blick auf die Unterstützung für die Ukraine geht Macron einen anderen Weg als Bundeskanzler Scholz. "In vielen ganz entscheidenden Punkten sind die Regierungen nicht einer Meinung", so der Co-Direktor Deutsch-Französisches Zukunftswerk, Frank Baasner.15.03.2024 | 3:52 min
Eine Neuauflage des Weimarer Dreiecks, ins Leben gerufen 1991 vom deutschen Außenminister Hans Dietrich Genscher, seinem französischen Amtskollegen Dumas und dem polnischen Minister Skubiszewski in Weimar. Das Bestreben damals, gemeinsame Interessen für die Zukunft Europas zu skizzieren und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszubauen. Immer wieder gab es diese Treffen, heute jedoch scheint es wichtiger denn je zu sein.
Taurus dürfte Punkt auf der Tagesordnung sein
Es geht natürlich um die weitere Hilfe für die Ukraine. Und auch wenn Bundeskanzler Scholz noch so oft betont, Macron und er hätten ein sehr gutes Verhältnis, so richtig glaubwürdig scheint das nicht derzeit.
Die Befragung des Kanzlers im Bundestag wurde emotional, als es um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ging. Olaf Scholz bleibt dennoch bei seinem "Nein".13.03.2024 | 1:44 min
Nach dem deutlichen, erneuten "Nein" des Kanzlers zur Lieferung der Taurus-Marschflugkörper dürfte dies der erste strittige Punkt der Gespräche sein. Macron und Tusk dürften nicht viel Verständnis für die Haltung von Scholz haben, vielleicht erklärt er ihnen im kleinen Kreise, was seine wirklichen Gründe für die Ablehnung sind.
Macrons Vorstoß zu Bodentruppen in der Ukraine womöglich auch Thema
Ein weiterer Streitpunkt: Macron hatte kürzlich öffentlich über einen möglichen Einsatz von Bodentruppen nachgedacht, gemeint waren keine Kampftruppen, aber zum Beispiel: westliche Soldaten für Logistikaufgaben. Macron wollte das nicht ausschließen, zahlreiche Verbündete distanzierten sich von dieser Idee, Olaf Scholz besonders deutlich.
Gestern Abend dann wiederholte Macron seine Aussage in einem Fernsehinterview, Bodentruppen in der Ukraine nicht auszuschließen. Um den Frieden in der Ukraine zu erreichen, dürfe man nicht schwach sein, so Macron. Eine indirekte Anspielung auf Scholz, und das kurz vor dem Treffen. Man darf gespannt sein, ob Scholz jetzt immer noch von einem guten persönlichen, sehr freundschaftlichen Verhältnis sprechen wird?
Wer liefert was, wer liefert wie viel? Darum wird es gehen, und Scholz wird erneut betonen, dass Deutschland am meisten bisher geliefert hat, an Waffen, an Munition, mehr als jedes andere europäische Land. 28 Milliarden habe Deutschland in den letzten zwei Jahren ausgegeben, 7 Milliarden Euro sind alleine in diesem Jahr dafür vorgesehen.
Bei der heftig diskutierten Frage, ob Deutschland der Ukraine Marschflugkörper vom Typ Taurus liefern soll, zeigen sich laut ZDF-Politbarometer knapp 60 Prozent der Befragten kritisch.08.03.2024 | 1:50 min
Scholz kann nicht auf Verständnis von Tusk und Macron hoffen
Dass der polnische Ministerpräsident Tusk am Ende dazu kommt, wird den Druck auf Scholz erhöhen. Die Polen sind näher dran an Russland, die Angst vor einem Überfall groß. Selbst der amerikanische Präsident Joe Biden warnte gerade davor:
Verständnis für den Zauderer Scholz werden weder Tusk noch Macron haben. Schließlich ist es ja jetzt nicht nur beim Taurus so, sondern war auch früher schon so, als es um die Lieferung der Leopard-Panzer ging.
Weimarer Dreieck könnte Signal senden
Bisher blieb dieses Format weitgehend ohne konkrete Ergebnisse. In dieser neuen Zeit, von Putin angegriffen, möglicherweise demnächst von Trump alleine gelassen, könnte dieses Format, ein Schulterschluss der drei großen Staaten Europas, eine Lösung sein.
Präsident Putin hat sich in den letzten zwei Jahren nicht dazu bekannt, irgendetwas im Ukraine-Krieg auszuschließen. Im Gegensatz zum Westen. Der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, schlägt vor, den Spieß umzudrehen.29.02.2024 | 1:40 min
Dann könnte es von Vorteil sein, dass es das Format Weimarer Dreieck bereits gibt, dass hier die Regierungen, Parlamente und auch die Zivilgesellschft der Länder bereits zusammenarbeiten. Berlin, Paris und Warschau, sie könnten das Signal aussenden, dass sie an einem Strang ziehen und sich eben nicht von Putin spalten lassen, wie gesagt, sie könnten….
Ob es so kommt, wird sich zeigen. Vielleicht ist es ja schon mal ein erster Schritt, dass sie alle miteinander reden, dass Scholz und Macron sich Zeit nehmen, in Ruhe zu reden. Eigentlich selbstverständlich und auch dringend notwendig in diesen Zeiten. So kann man jetzt froh sein, dass sie miteinander reden, immerhin.
Patricia Wiedemeyer ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.