EU: Kommission und EVP-Fraktion prägen die neue Union
Schicksalsjahr für die EU?:2024: Spuren von Machtkämpfen und Rechtsruck
von Lara Wiedeking, Brüssel
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Die EU ist nach rechts gerückt, Ungarn und seine Verbündeten wurden gestärkt. Hinzu kamen der Machtkampf um die EU-Kommission und die Frage nach der Brandmauer.
Ein politischer Jahresrückblick mit dem Resultat: Europa rückt nach Rechts.
Wir schauen auf die undemokratische Wahl in Russland, sowie die Europawahl und viele mehr.
27.12.2024 | 2:23 min
Eigentlich eine Formsache: Das Gesetz zum weltweiten Schutz der Wälder, die "Entwaldungsverordnung", sollte um ein Jahr verschoben werden. Statt 2025 hätte es 2026 in Kraft treten sollen. Ein Gesetz, das unter anderem dafür sorgt, dass für Güter, die in die EU eingeführt werden, kein Wald gerodet werden darf. Eine große Mehrheit war dafür, sogar das von den Grünen geführte Bundesministerium für Landwirtschaft sprach sich für die Verschiebung aus. Doch so einfach wurde es nicht.
Schlechtes Jahr für Brandmauer im Europäischen Parlament
Denn die christlich-konservative EVP, zu der auch die CDU/CSU gehört, hatte Mitte November zusätzlich zu dem Antrag auf Verschiebung noch weitere Änderungen eingebracht. Und bekam dafür eine Mehrheit - unter anderem mithilfe der Fraktion, zu der auch die AfD gehört. Jutta Paulus von den Grünen erklärte damals: "Neue rechte Mehrheiten im EU-Parlament blasen zum Angriff auf den Green Deal."
Europa ringt nach dem Trump-Sieg bei der US-Wahl um einen gemeinsamen Kurs in der Ukraine- und Sicherheitspolitik. Das Ampel-Aus bereitet Sorgen vor einer politischen Lähmung.08.11.2024 | 2:01 min
Im EU-Parlament gibt es keine festen Koalitionen wie im deutschen Bundestag. Die Fraktionen suchen sich Mehrheiten für jede Abstimmung. Die EVP sitzt als stärkste Fraktion genau in der Mitte - und findet eine Mehrheit sowohl rechts als auch politisch links von sich.
Fraktionen im Europaparlament
ZDFheute Infografik
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Am Schluss wurden die Änderungsanträge zur Entwaldungsverordnung alle wieder einkassiert - sie wären wohl nicht konform mit den Regeln der Welthandelsorganisation gewesen.
Die Brandmauer - oder der Cordon Sanitaire, wie es auf Französisch heißt - gilt im EU-Parlament gegenüber den "Patrioten für Europa" (PfE) und dem "Europa Souveräner Nationen" (ESN), denen etwa die Fidesz-Partei von Viktor Orban und die deutsche AfD angehören.
Das bedeutet, es gilt eine informelle Vereinbarung, dass in keinem Fall mit diesen Fraktionen zusammengearbeitet wird. Auch wichtige Posten sollen Politikerinnen und Politiker dieser Fraktionen nicht bekommen.
Es gab zwar Debatten darüber, ob der Cordon Sanitaire auch gegenüber der Fraktion "Europäische Konservative und Reformer" (EKR) gelten müsse, darauf konnten sich die anderen Parteien jedoch nicht klar einigen.
Europas Rechtspopulisten wollen die EU schwächen. Mit ihren Feindbildern gewinnen sie Unterstützer, aber sie sind auch zerstritten. Haben die Rechten einen Plan?31.05.2024 | 14:28 min
EVP stimmt für AfD-Anträge
Der noch größere Eklat: Bei einer Abstimmung im Herbst zum Haushalt stimmt die EVP für einen Antrag, der von der AfD und ihrer Fraktion "Europa der Souveränen Nationen" (ESN) eingebracht wurde. EVP-Chef Manfred Weber erklärte damals gegenüber ZDFheute:
Keine Kompromisse, keine parlamentarische Zusammenarbeit, keine Verhandlungen mit den Rechten - das sei die Brandmauer.
Die Fraktion von CDU/CSU hat im EU-Parlament dazu beigetragen, dass ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion eine Mehrheit erhält. Bröckelt die Brandmauer gegen rechts auf EU-Ebene?
von Lara Wiedeking, Straßburg
mit Video
Die AfD feiert den Erfolg damals auf der Kurznachrichtenplattform X:
Neue EU-Kommission
Die neuen Mehrheiten haben sich auch auf die Vereidigung der neuen EU-Kommission ausgewirkt: Die Kommission ist der Teil der EU-Institutionen, die neue Gesetze vorschlägt und dafür sorgt, dass EU-Politik und EU-Recht in allen 27 Mitgliedsstaaten angewendet wird. Dafür entsendet auch jedes Mitgliedsland eine Person zur Kommission.
Das Europaparlament hat die neue EU-Kommission unter Präsidentin von der Leyen bestätigt. Einzelne Personalien sorgten für heftige Kritik, vor allem aus den Mitte-Links-Fraktionen.27.11.2024 | 2:45 min
Besonders umstritten dieses Mal der Italiener Raffaele Fitto, der zur ultrarechten Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni gehört. Er wird einer der Stellvertreter von Kommissionspräsidentin von der Leyen. Sein Ressort: Regionalförderung. Damit ist er auch zuständig für einen der größten Fördertöpfe, den es innerhalb der EU gibt. Dagegen hatten sich vor allem Sozialdemokraten, Grüne und Liberale gesträubt.
Am Ende sorgte ein Deal zwischen der EVP, den Sozialdemokraten und Liberalen dafür, dass die Kommission ohne Änderungen bestätigt wurde. Die Grünen blieben dabei außen vor.
Ungarn und die EU-Ratspräsidentschaft
Und dann war da noch Viktor Orban: Ungarn hatte von Juli an für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft inne.
Also kurz nach der Europawahl, bevor das neue EU-Parlament seine Arbeit voll aufgenommen hatte und bevor eine neue EU-Kommission feststand. Viktor Orban nutzte das Vakuum und ging auf seine "Friedensmission".
Die EU-Ratspräsidentschaft wechselt alle sechs Monate in einem festgelegten Rhythmus unter den 27 Mitgliedsländern: Bis zum 31. Dezember 2024 hatte Ungarn den Vorsitz - Polen übernimmt ihn bis zum 30. Juni 2025, danach ist Dänemark dran. Deutschland hatte zuletzt 2020 den Vorsitz.
Wer den Vorsitz hat, organisiert die Treffen der europäischen Fachministerinnen und Minister. Zum Beispiel für Justiz und Inneres, Wirtschaft und Finanzen oder Landwirtschaft und Fischerei.
Quelle: Europäischer Rat der Europäischen Union
Nur fünf Tage nach Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft reiste Orban nach Kiew, Moskau, Peking und Mar-a-Lago. Nach den Gesprächen Orbans mit Putin, Xi und Donald Trump gab es "Best Of"-Clips auf Social Media, untermalt mit dem Logo der ungarischen Ratspräsidentschaft. Und die EU schäumte vor Wut.
Bei einer Rede im EU-Parlament übt der ungarische Regierungschef Orban scharfe Kritik an der EU. Die Kommissionspräsidentin von der Leyen reagiert darauf mit ebenso klaren Worten.09.10.2024 | 2:58 min
Der Vorwurf: Orban unterminiere EU-Außenpolitik mit eigenen Positionen, vor allem zur Ukraine. Diesen Eindruck minderte auch nicht ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Doch nach diesem Knall wurde es ruhiger, und die Hoffnung ruht nun auf der nächsten Ratspräsidentschaft: Polen und Regierungschef Donald Tusk.
Quelle: ZDF
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