Russland: Wie die Elite mit Luxus Sanktionen umgeht

    Sanktionen gescheitert?:Wie Russlands Elite mit Luxus Sanktionen umgeht

    von D. Kollig, E. Layan, A. Korotkova
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    Drei Jahre nach Putins Angriff auf die Ukraine fahren Moskaus Eliten weiter deutsche Nobelkarossen - trotz Sanktionen. Kirgisistan ist nach frontal-Recherchen das neue Schlupfloch.

    BMW X7
    Deutsche Luxusautos finden nach frontal-Recherchen trotz Sanktionen weiter den Weg nach Russland. (Symbolbild)
    Quelle: imago images | Huebner, Jan

    Der Moskauer Autohändler Berg Auto Premium präsentiert sich gern als ein Salon der Luxusklasse. Im Angebot: eine Mercedes-G-Klasse in gold, ein schwarzer BMW X7, ein Porsche Cayenne mit 460 PS.
    Es sind Autos, die es in Russland eigentlich nicht mehr neu zu kaufen geben sollte. Zumindest nach dem Willen der Europäischen Union, die nach dem Überfall auf die Ukraine scharfe Sanktionen verhängt hat. Das Geschäft mit den Luxuskarossen boomt nach Informationen von ZDF frontal trotzdem.
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    Die EU-Außenminister haben ein neues Sanktions-Paket gegen Russland beschlossen.24.02.2025 | 0:17 min

    Importe stiegen um mehr als 1.100 Prozent

    "Jeder Oligarch in Moskau bekommt seine G-Klasse", schreibt der Wirtschaftsforscher Robin Brooks von der Denkfabrik Brookings Institution. Statt direkt nach Russland würden die Autos offenbar einfach in Nachbarländer geliefert. Bei Russlands Sanktionsumgehern scheint derzeit Kirgisistan hoch im Kurs zu stehen.
    Laut öffentlich verfügbaren Handelsdaten importierte das zentralasiatische Land von 2019 bis 2021 Autos im Wert von 224 Millionen US-Dollar. Mit Russlands Invasion und Verhängung der Sanktionen explodierte dieser Wert auf knapp 2,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023. Das entspricht einem Anstieg um 1.100 Prozent.
    Deutschlands Auto-Exporte nach Kirgisistan

    ZDFheute Infografik

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    Kirgisistan als Schlupfloch zur Sanktionsumgehung

    Laut Experten sind es bei Weitem zu viele Autos für ein so kleines Land. Tatsächlich, das untermauern Recherchen von ZDF frontal und der Non-Profit-Redaktion Forbidden Stories, ist Kirgisistan zu einer Drehscheibe für den Handel nach Russland geworden - oder besser gesagt: zu einem gigantischen Schlupfloch zur Umgehung von Sanktionen.

    Diese Recherche ist Teil der Rechercheprojektes "Sanction Breakers", das von der Non-Profit Organisation Forbidden Stories initiiert und organisiert wurde. Forbidden Stories ist eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Paris, die durch Spenden finanziert wird und es sich zum Ziel gesetzt hat, die Recherchen von bedrohten, inhaftierten oder getöteten Journalisten fortzusetzen.

    Auslöser für die Sanction-Breakers-Recherchen war die Festnahme von elf Journalisten des kirgisischen Investigativmediums Temirov Live und die Durchsuchung der Büros und Privathäuser der Reporter. Die Journalisten sind wegen "Aufrufe zu Protestaktionen und Massenunruhen" angeklagt. Das Team recherchierte zur Sanktionsumgehung beim Handel mit Autos.

    Auch der Wert der deutschen Autoexporte nach Kirgisistan stieg seit Beginn des Angriffskrieges massiv an. Seit 2021 hat sich ihr Wert zeitweise mehr als verhundertfacht. Politik und Wirtschaft wissen von den verdächtigen Exporten. Sie unternehmen jedoch auffällig wenig dagegen.
    Eine Nahaufnahme von einem roten Luxusauto.
    Deutsche Luxusautos sind bei der russischen Elite beliebt - deshalb sind viele Luxusprodukte sanktioniert. Doch die Beschränkungen sind leicht zu umgehen.13.12.2023 | 15:33 min
    Vom deutschen Zoll heißt es lediglich, man gehe Hinweisen auf Sanktionsbrüche entschieden nach. Die Bundesregierung erklärt:

    Die Sanktionen gegen Russland sind wirksam.

    Bundesregierung

    Man arbeite daran, Sanktionslücken zu schließen.

    Etliche Ermittlungen gegen deutsche Autohändler

    Aus der deutschen Autowirtschaft heißt es, Sanktionsbrüche wären die Ausnahme. Dabei wurden laut russischen Zolldaten, die ZDF frontal einsehen konnte, allein 2023 rund 1.900 Mal Teile für Porsches, BMWs und Mercedes oder gleich ganze Autos aus Deutschland und anderen europäischen Ländern über Kirgisistan nach Russland geliefert.
    Ein Insider aus dem Zoll in Kirgisistan behauptet gar, viele Autos würden nie kirgisischen Boden berühren. Nur die Zolldokumente werden in Kirgisistan abgesegnet, die Autos werden auf direktem Weg nach Russland gebracht. Deutschen Ermittlern ist diese Masche auch bekannt.
    Luxusautos: Rolls-Royce und Bentley (Symbolbild)
    Eigentlich ist die Einfuhr von von Luxuskarossen nach Russland verboten. frontal deckte den Schmuggel auf.19.03.2024 | 1:39 min
    Erst vor wenigen Wochen musste der bayerische Autohersteller BMW einräumen, dass mehr als 100 Autos trotz Sanktionen von einem Händler nach Russland gebracht wurden.
    Aktuell werden nach Informationen von ZDF frontal zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Autohändler geführt, die Sanktionen umgangen haben sollen. In Bochum soll ein Autohändler beispielsweise Luxusautos im Wert von mehr als fünf Millionen Euro nach Russland gebracht haben.

    Ein Porsche aus Deutschland? Kein Problem

    Ein Anruf beim Autosalon Berg Auto Premium in Moskau zeigt, wie einfach es wäre, Sanktionen zu umgehen. Eine russische Journalistin gibt sich als Kaufinteressentin aus, sie möchte einen Porsche 911 kaufen. Mit einer Sonderausstattung, um zu garantieren, dass das Auto tatsächlich illegal aus Europa kommt. "Sie bekommen alle Zertifikate, alles ist europäisch", erklärt ein Verkäufer am Telefon. Man könne den Porsche direkt auf der offiziellen deutschen Markenwebsite konfigurieren.
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    Neben Öl und Gas erzielte Russland bis zum Ukrainekrieg auch mit Holz hohe Einnahmen beim Rohstoffexport – ein millionenschweres Geschäft.14.03.2023 | 12:11 min
    Porsche erklärte auf Anfrage, Autos aus dem Bestand von Berg Auto würden aus privaten Weiterverkäufen stammen. Man halte sich an die geltenden Sanktionen und unterhalte keine Geschäftsbeziehungen zu Berg Auto Premium. Der Autobauer will den Fall nach eigenen Angaben den Behörden melden. Eine Anfrage von ZDF frontal ließ der Gründer des Moskauer Autohauses unbeantwortet.

    Russische Invasion
    :Ukraine-Krieg: Drei Jahre Angst und Unsicherheit

    Am 24. Februar 2022 schlugen in Kiew, Mariupol und Charkiw die ersten russischen Raketen ein. Seit drei Jahren kämpfen die Ukrainer um ihr Land. Die Hoffnung auf ein baldiges Ende ist gering.
    von Katrin Eigendorf
    Ein Anwohner steht auf dem zerstörten Balkon einer Wohnung in einem beschädigten Wohngebäude nach einem russischen Raketenangriff in der Stadt Makiivka.
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