Nawalny-Beerdigung: Tausende nehmen Abschied von Kremlgegner
Trauerfeier in Moskau:Nawalny beerdigt - Tausende nehmen Abschied
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Zwei Wochen nach seinem Tod ist der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in Moskau beerdigt worden. Tausende Menschen nahmen Abschied, sie riefen seinen Namen - und Anti-Kriegs-Parolen.
Am offenen Sarg mit dem toten Kremlgegner Alexej Nawalny haben Angehörige am Freitag in Moskau Abschied von dem 47-Jährigen genommen. Sein Team, das wegen drohender Festnahme im Ausland ist, rang mit den Tränen, als Nawalnys Angehörige den Leichnam küssten.
Die Live-Bilder waren in einem Youtube-Stream zu sehen. Ein Orchester spielte Trauermusik. Gespielt wurde das Lied "My way". Die Leiche wurde mit einem Tuch abgedeckt, bevor der Sarg verschlossen und in die Erde gelassen wurde. Tausende Menschen waren auf dem Weg zum Friedhof, um sich von Nawalny zu verabschieden.
Trauernde protestieren gegen Krieg und Putin
Obwohl die Polizei mit einem Großaufgebot aufmarschierte und sie eine Festnahme riskierten, riefen viele Trauergäste Parolen gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und Präsident Wladimir Putin, als sie zum Friedhof gingen. Bei der Ankunft des Sargs zuvor an der Kirche skandierte die Menge Nawalnys Namen. Andere riefen auch: "Du hattest keine Angst und wir haben auch keine", "Nein zum Krieg" und "Liebe ist mächtiger als Angst".
Viele protestierten auch offen gegen Kremlchef Putin. "Russland ohne Putin!", "Putin ist ein Mörder!", und "Russland wird frei sein!" skandierten Menschen im Chor, wie Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichteten. Sie sprachen angesichts des Großaufgebots an Uniformierten der Sonderpolizei Omon von einer angespannten Atmosphäre.
Nervosität vor Ort zu spüren
Zahlreiche Menschen hatten sich bereits in den Morgenstunden vor der Kirche im südöstlichen Bezirk Marjino versammelt, in der die Trauerfeier für Nawalny stattfand. Die Nervosität vor Ort sei immens, berichtete auch ZDF-Korrespondent Armin Coerper aus Moskau. "Als der Leichnam hier ankam, haben Tausende Menschen auf der Straße minutenlang Applaus geklatscht. Und sie rufen: 'Alexej lebt weiter'."
Das, was ich hier heute beobachte, ist Trauer und Trotz.
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ZDF-Korrespondent Armin Coerper
In der Schlange vor der Kirche waren auch viele Diplomaten westlicher Staaten zu sehen und die letztlich nicht zugelassenen russischen Präsidentschaftsanwärter Boris Nadeschdin und Jekaterina Dunzowa.
ZDF-Korrespondent: Trauernde gehen hohes Risiko ein
Der braune Sarg wurde nach der Trauerfeier in der Kirche zur Beerdigung transportiert. Tausende Menschen liefen die etwa halbe Stunde zu Fuß zum Friedhof.
Die Menschen, die hierher kommen, gehen ein sehr hohes Risiko ein.
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ZDF-Korrespondent Armin Coerper
Das sieht auch Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik so. Die Menschen, die bei der Trauerfeier auftauchten und sich politisch artikulierten, würden sicherlich "zur Kenntnis genommen", sagte er dem Sender Phoenix.
Mit Blick auf die in zwei Wochen bevorstehenden Wahlen in Russland sei erkennbar, dass "sich die Stimmung und der Zugriff der Sicherheitskräfte auf die Opposition noch einmal verschärft hat".
Der Sarg und ein Porträt des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny wurde aus der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone "Lindere meine Trauer" im südöstlichen Bezirk Marjino getragen und zum Friedhof transportiert.
Quelle: dpa
Leichnam Nawalnys mit Blumen bedeckt
Eine Aufnahme aus dem Inneren der Kirche zeigte den offenen Sarg. Der Leichnam Nawalnys war mit roten und weißen Blumen bedeckt. Seine Mutter saß am Sarg und hielt eine Kerze. Auch Nawalnys Vater war vor Ort. Ob noch andere Familienangehörige gekommen waren, war unklar.
Seine Witwe Julia Nawalnaja hatte erst zwei Tage zuvor vor dem Europäischen Parlament in Straßburg gesprochen, seine Tochter studiert an der Stanford-Universität in den USA. Wo sich sein Sohn aufhält, ist nicht bekannt. Die engsten Verbündeten des bis zu seinem Tod wichtigsten Oppositionellen Russlands halten sich allesamt im Ausland auf.
Höchste Anspannung auch nach Nawalnys Tod
Zuvor hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow vor unerlaubten Protesten gewarnt. Putin will sich in zwei Wochen bei einer Wahl als Präsident im Amt bestätigen lassen. Unterstützer und Angehörige Nawalnys sowie Menschenrechtler werfen Putin vor, er habe den russischen Oppositionsführer in Haft ermorden lassen. Der Kreml weist das zurück.
Nawalny, der als wichtigster Gegner von Kremlchef Wladimir Putin galt, starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen "Polarwolf" in der sibirischen Arktisregion Jamal im Alter von 47 Jahren. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt.
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