Sergej Lawrow: Putins radikaler Diplomat wird 75

    Außenminister Lawrow wird 75:Putins radikaler Diplomat

    Sebastian Ehm
    von Sebastian Ehm
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    Russlands Außenminister Sergej Lawrow ist seit über 21 Jahren im Amt. Er ist Putins Stimme im Ausland. Über die Jahre ist er, genau wie sein Chef, immer radikaler geworden.

    Auf diesem vom Pressedienst des russischen Außenministeriums veröffentlichten Foto gestikuliert der russische Außenminister Sergej Lawrow, während er nach einer Plenarsitzung des 31. Ministergipfels der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu Journalisten spricht.
    Putins Außenminister Sergej Lawrow ist inzwischen seit 21 Jahren im Amt.
    Quelle: dpa

    Sergej Lawrow bringt so schnell nichts aus der Fassung. Der Mann ist immerhin schon seit Jahrzehnten im Dienste Russlands in aller Welt unterwegs. Doch im Januar 2022 ließ ihn die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ordentlich auflaufen. Lawrow ließ wohl beim Mittagessen bereits nach der Vorspeise Wodka auftischen und ermunterte Baerbock dazu, ihr Glas zu erheben. Lawrow ist dafür bekannt, kleinen Psychospielchen nicht abgeneigt zu sein. Doch die Außenministerin lehnte sein Angebot zum Wodkatrinken mit den Worten ab: "Wenn mittags Wodkatrinken Härtetest ist ... Ich habe zwei Kinder geboren." Die Anekdote erzählte Baerbock später dem Spiegel.
    Der russische Außenminister Lawrow trifft den türkischen Präsidenten Erdogan und seinen Amtskollegen Fidan.
    Der russische Außenminister Lawrow hat seinen Amtskollegen Fidan in der Türkei getroffen. Ein Ende der Militäreinsätze sei in Sicht, wenn das Ergebnis Russland zusage, so Lawrow.24.02.2025 | 0:22 min

    Deutsch-russisches Verhältnis unter Lawrow verschlechtert

    Es ist nicht überliefert, wie Lawrow darauf genau reagiert hat, doch er und Baerbock wurden danach keine Freunde mehr. Sowieso ist das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland schlecht wie nie, auch auf diplomatischer Ebene. Das liegt auch an Russlands langjährigem Außenminister, der sich über die Jahre, genau wie sein Vorgesetzter im Kreml, immer weiter radikalisiert hat.

    Urgestein der Diplomatie

    Sergej Lawrow ist ein Urgestein auf internationaler Ebene. 1972, als 22-Jähriger, trat er bereits seine erste Stelle bei der sowjetischen Botschaft in Sri Lanka an. Danach führte ihn seine Karriere immer wieder nach Moskau und nach New York. Jahrelang war er der Mann des Kreml bei den Vereinten Nationen. Er spricht exzellentes Englisch und war bei vielen großen weltpolitischen Sitzungen der UN dabei: Jugoslawien, Kosovo, Irak und Afghanistan.
    OSZE-Treffen in Malta
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    Seit 2004 ist Lawrow nun Außenminister und hat sich optisch seit seinem Amtsantritt kaum verändert. Durchaus verändert hat sich aber seine Sicht auf die Welt. Heute spricht er, der in der bipolaren Welt des Kalten Kriegs aufgewachsen ist und Karriere gemacht hat, von einer multipolaren Weltordnung. Vor allem in Afrika versuchte er in den vergangenen Jahren, die Länder gegen den Westen aufzuwiegeln. In Deutschland war er lange ein gern gesehener Gesprächspartner. Erst der damalige Außenminister Heiko Maaß ging deutlich auf Distanz und forderte mehr Ehrlichkeit.

    Lawrow ist radikaler geworden

    Ein Vorwurf, der an Lawrow, wie gewohnt, abperlte. Er ist ein kühl kalkulierender Gesprächspartner, der Russlands Positionen schon immer mit harter Rhetorik vertreten hat. Doch seit einigen Jahren scheint er sich ideologisch gewandelt zu haben. Er ist selbst für russische Verhältnisse ungewöhnlich undiplomatisch und radikal geworden.
    Verhandlungen zur Ukraine
    Viereinhalb Stunden berieten US-Außenminister Rubio und sein russischer Counterpart Lawrow in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad über das Schicksal der Ukraine.19.02.2025 | 2:07 min
    Auf der denkwürdigen Sitzung des russischen Sicherheitsrats kurz vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 21. Februar 2022 sagte Lawrow, er unterstütze die Anerkennung der von Russland so genannten "unabhängigen Volksrepubliken" Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine und sprach sich für das Nachrücken der Armee in den Donbass aus.
    Der Westen hätte die russischen Friedensbemühungen abgelehnt. Nur kurz zuvor hatte er noch betont, Russland werde die Ukraine nie angreifen. Lawrow bezeichnete den ukrainischen Präsidenten Selenskyj als Nazi, obwohl dieser Jude ist und behauptete, dass auch Hitler jüdisches Blut gehabt habe. Lawrow wurde nach Kriegsbeginn von der EU, den USA, Großbritannien und der Schweiz mit Sanktionen belegt, was ihn aber nicht davon abhielt, weiter gegen die Ukraine und den Westen auszuteilen, er betonte im März 2022: "Russland hat die Ukraine nicht angegriffen."

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    :Lawrow: Bereit, jedes Mittel einzusetzen

    Russlands Außenminister Lawrow hat dem US-Journalisten Tucker Carlson ein Interview gegeben. Darin betont er, dass Moskau alles tun werde, um eine Niederlage zu verhindern.
    Auf diesem vom Pressedienst des russischen Außenministeriums veröffentlichten Foto gestikuliert der russische Außenminister Sergej Lawrow, während er nach einer Plenarsitzung des 31. Ministergipfels der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu Journalisten spricht.
    mit Video

    Persönlich von den Sanktionen betroffen

    Die Sanktionen dürften ihn trotzdem treffen. So wurde sein Vermögen eingefroren. Auch seine Familie darf nicht mehr in die USA und nach Europa reisen. In Großbritannien soll auch ein russischer Instagram-Star, die als Tochter von Lawrows Geliebter gilt, ihr Haus in Kensington und ihren Aufenthaltstitel verloren haben.

    Rehabilitierung durch Trump-Regierung?

    Seit Beginn des Ukraine-Krieges war Sergej Lawrow im Westen eine diplomatische Persona non Grata. Mehrfach verließen Diplomaten aus Protest bei Reden Lawrows die Säle. All das ist an ihm, wie immer, abgeperlt und es scheint auch, als würde er langsam wieder rehabilitiert. Vom bisherigen Erzfeind USA. Der neue Außenminister Marco Rubio hat sich mit Lawrow getroffen und an einen Tisch gesetzt. Es ist ein diplomatisches Comeback, mit dem selbst der jetzt 75-Jährige nicht mehr gerechnet haben dürfte.
    Bild zeigt (v.l.n.r.) den US-Beauftragten für den Nahen Osten Steve Witkoff, Außenminister Marco Rubio, den nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz, den saudi-arabischen Außenminister Prinz Faisal bin Farhan al-Saud, den nationalen Sicherheitsberater Mosaad bin Mohammad al-Aiban, den außenpolitischen Berater des russischen Präsidenten Juri Uschakow und den russischen Außenminister Sergej Lawrow bei einem gemeinsamen Treffen im Diriyah-Palast in Riad am 18. Februar 2025.
    Nach drei Jahren Eiszeit sprechen hochrangige US-Vertreter in Riad mit Russland über die Zukunft der Ukraine - Außenminister Lawrow galt zuletzt im Westen als „persona non grata“.18.02.2025 | 2:42 min

    Putin braucht Lawrow

    Seit Jahren erzählt man sich in Moskau hinter vorgehaltener Hand, dass Lawrow keine Lust mehr auf seinen Job habe und so langsam gerne in Rente gehen würde. Doch Wladimir Putin dürfte ihn noch brauchen. Für die anstehenden Verhandlungen. Er hat keinen, der mehr Erfahrung in diplomatischen Hinterzimmergesprächen aufbringt und keinen, dem er zutraut, die eigene radikale Ideologie so gewandt und gleichzeitig hart zu vertreten wie Sergej Lawrow.
    Sebastian Ehm berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.

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    Quelle: dpa

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