Parlamentswahl in Rumänien: Rechtsruck setzt sich fort

    Einfluss von Russland möglich:Ultrarechte legen in Rumänien kräftig zu

    Christian von Rechenberg, ZDF-Korrespondent in Wien
    von Christian von Rechenberg
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    In Rumänien haben die Sozialdemokraten die Parlamentswahlen gewonnen, doch das rechtsextreme Lager konnte seine Stimmen mehr als verdoppeln. Beide sehen sich als Sieger.

    Wählende Person verlässt die Wahlkabine zur Wahl in Rumänien.
    Hochrechnungen sehen die Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl in Rumänien als stärkste Partei. Überraschend dazugewonnen haben ultrarechte Parteien.02.12.2024 | 1:29 min
    Vor der Parteizentrale der AUR, am Römischen Platz in Bukarest, bricht Jubel aus. Es ist Sonntagabend 21 Uhr - und auf dem Monitor steht: 19 Prozent. Die rechtsextreme Partei hat ihre Stimmen verdoppelt. Daniela Radulescu steht mitten in der Menschenmenge und feiert. "Glaube, Nation, Familie und Freiheit", sagt sie, "alles, was Rumänien braucht für eine Wiedergeburt. Das ist AUR".

    Rechtsextreme feiern Erfolg

    Auf der kleinen Bühne genießt Parteichef George Simion den Moment. Elegant gekleidet in einem langen beigefarbenen Mantel tritt der Ex-Hooligan und EU-Kritiker vor seine Anhänger, um den Hals eine rumänische Fahne. "Heute ist der Tag, an dem die Rumänen ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände genommen und sich gegen all die schlechten Dinge der letzten Jahre erhoben haben." Mit der AUR haben es zwei weitere rechtsextreme Parteien ins Parlament geschafft; alle zusammen erreichen mehr als 30 Prozent.
    Parlamentswahl in Rumänien
    In Rumänien wurde am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Die Sozialdemokraten bleiben stärkste Kraft. Doch auch mehrere extrem rechte Parteien erzielten starke Ergebnisse.02.12.2024 | 1:24 min

    Der Wohlstand erreicht viele nicht

    Es war die erwartete Protestwahl in einem polarisierten Land. Einerseits geht es Rumänien wirtschaftlich nicht schlecht. Unter der Regierung der eher linken PSD und der liberalen PNL konnte Rumänien seinen Wohlstand stetig steigern, die Infrastruktur ist bestens ausgebaut. Rumänien gilt als verlässlichster Partner von EU und Nato in Südosteuropa.
    Doch der Wohlstand hat viele Rumänen nicht erreicht, die aufziehende Wirtschaftskrise trieb nun Preise und Abgaben nach oben. Gleichzeitig leistete sich der ungeliebte scheidende Präsident Klaus Iohannis einen Skandal nach dem anderen - ihm wird ein ausschweifendes Luxusleben vorgeworfen. Seine Fehler lasten die Menschen den regierenden Parteien an.
    Vor der Parlamentswahl in Rumänien.
    Bislang gilt Rumänien als großer Unterstützer im Krieg gegen Russland. Nun fürchten viele einen Kurswechsel. Die extreme Rechte könnte bei den Parlamentswahlen stark abschneiden. 30.11.2024 | 1:38 min

    Viele Rumänen unzufrieden

    "Sie haben uns ins Ausland vertrieben mit hohen Steuern", sagt Florin Râncaciu. Er musste wie sieben Millionen andere Rumänen mit Frau und Kindern in Großbritannien leben, während sich korrupte Politiker daheim die Taschen vollstopften, erzählt er. Râncaciu war am Tag vor der Wahl nicht der einzige mit Wut im Bauch. "Wir haben so hart gearbeitet, manchmal sogar sonntags," sagt Maria Draghici.

    Sie haben uns lächerliche Renten gegeben und sich über uns lustig gemacht.

    Maria Draghici, rumänische Wählerin

    Einfluss von Russland möglich

    Die politische Klasse, sagt Rumänienexperte Oliver Schmitt von der Universität Wien, sei davon ausgegangen, "dass die Menschen darauf nicht reagieren würden. Das Gegenteil ist eingetreten." Auch die Angst vor einer Eskalation des Krieges in der Ukraine spielte bei der Protestwahl eine Rolle, so Schmitt." Das Ganze traf dann auf ein schon vorher bestehendes, extrem geringes Vertrauen in den Staat, Institutionen und Parteien. Deswegen war die Manipulierbarkeit auch so hoch."
    Stimmenauszählung in Rumänien
    Schock nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Rumänien. Der antiwestliche, rechtextreme Kandidat Călin Georgescu konnte unerwartet die meisten Stimmen für sich gewinnen.25.11.2024 | 2:20 min
    Russland soll das ausgenutzt haben, sagen Kritiker, und in den Wahlkampf zugunsten rechtsextremer Kräfte eingegriffen haben. Konkret unter Verdacht steht der parteilose und ebenfalls rechtsextreme Călin Georgescu, der nur mit Hilfe von Sozialen Medien und ohne "einen Euro" Wahlkampfhilfe, wie er selbst angab, die erste Runde der Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte.
    Es gebe Indizien, dass der Kreml ihm geholfen, heißt es aus dem rumänischen Verteidigungsrat, aber eben keine Beweise. Womöglich hat Georgescus Erfolg auch zum Rechtsruck bei der Parlamentswahl beigetragen. Umgekehrt fürchten Beobachter nun, dass der Erfolg der Partei AUR Gerorgescu bei der Stichwahl kommenden Sonntag ins Amt des Präsidenten heben könnte.
    Zwar gilt Rumänien aus historischen Gründen als kritisch gegenüber Russland, doch Katja Plate von der Adenauer Stiftung in Bukarest erkennt "eine stärkere Annäherung an prorussische Narrative" auf Seiten der Rechtsextremen. Vor allem für die Ukraine sind das schlechte Nachrichten, sagt Plate.

    Wenn Rumänien künftig eine Regierung und einen Präsidenten haben sollte, der rechtsextremistische Ausrichtung hat, dann kann die Unterstützung der Ukraine im schlechtesten Fall zerbröckeln.

    Katja Plate, Adenauer Stiftung Bukarest

    Meloni und Krah vor Europaflagge
    Europas Rechtspopulisten wollen die EU schwächen. Mit ihren Feindbildern gewinnen sie Unterstützer, aber sie sind auch zerstritten. Haben die Rechten einen Plan?31.05.2024 | 14:28 min

    Schwierige Koalitionsverhandlungen

    Vieles hängt für die demokratischen Kräfte Rumäniens nun davon ab, ob sie eine Koalition gegen die Rechtsextremen bilden können. Leicht wird das nicht, denn für stabile Verhältnisse müssten sich vier Parteien zusammenraufen, darunter auch die PSD. Die hat zwar die Wahl gewonnen, sei aber auch die Partei, die den Rechtsruck ausgelöst habe. Das dürfte, so Plate, für viele Rumänen schmerzhaft sein.
    Christian von Rechenberg ist Korrespondent im ZDF-Studio Wien. Er berichtet von dort aus Österreich und Südosteuropa.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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