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Interview
Wahlbeeinflussung in Rumänien:Experte: Demokratien vor Desinformation schützen
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Um Manipulation zu verhindern, müsse man auf politische, digitale und "zusammenfassend, demokratische Bildung" setzen, so Cornelius Adebahr zu der Wahlbeeinflussung in Rumänien.
Sehen Sie hier das Interview mit Cornelius Adebahr in voller Länge.06.12.2024 | 4:18 min
Es ist eine Entscheidung, mit der niemand in Rumänien gerechnet hatte. Das dortige Oberste Gericht annuliert die Präsidentschaftswahl. Die Begründung: Das Land sei Ziel eines "aggressiven russischen hybriden Angriffs" geworden. Insbesondere die App Tiktok hätte dem rechtsextremen und pro-russischen Präsidentschaftskandidaten geholfen.
Wie die Entscheidung des Gerichts zu bewerten ist und welche Vorbereitungen zur Abwehr von Desinformation mit Blick auf die Bundestagswahl geworfen werden, dazu hat Cornelius Adebahr, Geschäftsführer des Instituts für strategischen Dialog, Antworten. Seine unabhängige Denkfabrik setzt sich für den Schutz von Demokratien gegen digitale und hybride Bedrohungen ein.
Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
Im Interview mit dem ZDF heute journal, betont Adebahr, dass ...
... Wahlrecht verletzt wurde
Das Oberste Gericht in Rumänien stellte fest, dass "das Wahlgesetz durch unzulässige Einflussnahme auf die Wählerinnen und Wähler verletzt wurde", sagt Adebahr.
Außerdem sei ein Verfahren eingeleitet worden, indem es um Geldwäsche ginge. Der rechtsradikale Präsidentschaftskandidat Calin Georgescu hatte angegeben, keinen einzigen Euro für seine Kampagne ausgegeben zu haben. "Gleichzeitig weiß man, dass allein die Tiktok-Kampagne mehrere 100.000 Euro gekostet hat", führt Adebahr aus.
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Es gebe bis zu 25.000 Bots, also inauthentische Accounts und bezahlte Influencer, die Werbung für ihn gemacht hätten. Das sei nach rumänischen Gesetzen nicht rechtens.
Jedes Land habe seine eigenen Gesetze und Grundsätze, was zulässig sei und was nicht, sagt Adebahr. Bei der Wahl in Rumänien seien gesteuerte Bots über Telegram-Kanäle programmiert worden.
Genauso wie identische Emojis, die dann tausendfach geteilt wurden, um abgestimmt auf die Tiktok-Algorithmen einen Kandidaten zu pushen, der nicht als Kandidat ausgewiesen war. Er sei sozusagen als Unterhaltungsakteur auf Tiktok aktiv gewesen. Dieses koordinierte Verhalten verstoße gegen rumänische Gesetze.
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... die Sorge vor Wahlmanipulation in Deutschland existiert
Die Sorge, dass es zu ähnlichen Zuständen auch in Deutschland kommen könnte, existiere bereits "seit der Bundestagswahl 2021", so Adebahr. Sowohl die Sicherheitsbehörden als auch der Bundesverfassungsschutz bereiteten sich darauf vor.
Im Innenministerium gebe es eine Koordinierungsstelle, die sich mit Desinformationen auseinandersetze. Außerdem gebe es europäische Gesetzgebungen, die unter anderem gegen illegale Inhalte vorgingen. Das heißt:
Die Schwierigkeit: Die Plattformen hätten nicht immer ein Interesse daran, sich mit Desinformation auseinanderzusetzen. Deswegen sei es wichtig, dass es die europäische Gesetzgebung gibt, die die Plattformen dazu verpflichtet. So habe die EU Tiktok verpflichtet, Daten bereit zu halten. Die Plattform müsse ihre Algorithmen offenlegen, und das, was in den letzten Tagen und Wochen passiert ist. So könne auch im Nachhinein überprüft werden, was genau stattgefunden hat.
... Demokratien Abwehrmechanismen brauchen
"Das russische Narrativ wird immer gegen Demokratien gewendet sein. Egal was passiert", bilanziert Adebahr. Ob die Wahl nun aus organisatorischen Gründen wiederholt werden müsse wie in Berlin die Bundestagswahl 2021 oder aufgrund von aktiver Einflussnahme. Dagegen könne man nicht viel tun.
Durch Abwehrmechanismen müsse verhindert werden, dass es zu großer Desinformation kommt, sagt Adebahr und wird dann grundsätzlich: Gleichzeitig müsse man aber auch mittelfristig "über politische und digitale Bildung, zusammenfassend demokratische Bildung, die Menschen dafür sensibilisieren, dass es diese Form von Einflussnahme gibt und dass nicht alle Inhalte, die im Netz verbreitet werden, vertrauenswürdig sind".
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, zusammengefasst hat es ZDF-Redakteurin Katharina Schuster.
Quelle: ZDF
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