Putin auf Reisen: Warum er Nordkorea und Vietnam besucht

    Analyse

    Russlands Machthaber auf Reisen:Warum Putin nach Vietnam und Nordkorea reist

    Sebastian Ehm
    von Sebastian Ehm
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    Wladimir Putin hat Russland in den vergangenen Jahren selten verlassen. In diesen Tagen reist er gleich in zwei Länder: Vietnam und Nordkorea. Das wirft Fragen auf.

    Russlands Präsident Wladimir Putin
    Nach seinem Besuch in China vergangenen Mai pflegt der russische Präsident weitere diplomatische Kontakte in Asien - und reist dafür nach Nordkorea und Vietnam.
    Quelle: dpa

    Der große Tisch bei Staatsbesuchen im Kreml stand symbolisch für die Distanz zwischen Wladimir Putin und seinen Besuchern. Und auch dafür, wie weit der russische Präsident sich von der Welt außerhalb Russlands entfernt hatte. Während der Corona-Pandemie und dem ersten Kriegsjahr 2022 unternahm Putin kaum Reisen ins Ausland - und wenn, dann höchstens in befreundete Ex-Sowjetstaaten wie Belarus.
    Doch das scheint sich spätestens seit seiner umstrittenen Scheinwahl im März dieses Jahres zu ändern. Die erste Reise seiner neuen Amtsperiode führte ihn im Mai nach China, dem wohl wichtigsten Handelspartner Russlands seit Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine. Nun besucht er zwei weitere asiatische Länder: an diesem Dienstag und Mittwoch Nordkorea und am 19. und 20. Juni Vietnam.
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    Putin: Überraschender Vietnam-Besuch

    Auf den ersten Blick ist Vietnam eine überraschende Wahl für einen Besuch. Hanois Beziehungen zu China gelten wegen territorialer Streitigkeiten im Südchinesischen Meer als belastet. Putin wird aufpassen müssen, Peking mit diesem Besuch nicht zu verärgern. Doch Moskau und Hanoi haben sich bereits angenähert. 2023 stieg der Handel zwischen den beiden Ländern um acht Prozent an, im laufenden Jahr sogar um 34 Prozent.
    Es geht Putin aber vermutlich hauptsächlich darum, den Einfluss der USA in der Region zurückzudrängen. Washington war im vergangenen Jahr der wichtigste Handelspartner Vietnams. Das kann Putin nicht gefallen. Sein Besuch soll den Beziehungen beider Länder neue Impulse geben. Moskau ist dieser Tage extrem darum bemüht, Verbündete gegen die USA und die Nato zu finden.
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    Vietnam will außerdem ein Atomkraftwerk bauen. Dass die russische Firma Rosatom den Zuschlag dafür erhält, dürfte sehr in Putins Sinne sein. Mit Energie kennt er sich aus und nutzte sie in vielen Fällen bereits, um seine geopolitischen Interessen durchzusetzen. Ob es bei dem Treffen auch um Rüstungsfragen geht, ist unklar. In der Vergangenheit war Russland jedenfalls ein wichtiger Waffenlieferant Hanois. Doch im Moment dürfte Putin einen Großteil der hergestellten Rüstungsgüter selbst brauchen.

    Putin und Kim Jong Un - ziemlich beste Freunde

    Um Waffen und Munition dürfte es sehr sicher auch bei Putins angekündigtem Besuch in Nordkorea gehen. Im September fuhr der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un bereits pompös mit seinem Luxuszug in Russland ein und präsentierte sich mit Putin als unzertrennbar. Der südkoreanische Verteidigungsminister Shin Wonsik sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, dass Pjöngjang bis zu fünf Millionen Artillerie-Geschosse nach Russland geliefert haben könnte.
    Für Fjodor Tertizki, Politikwissenschaftler an der Kookmin Universität in Seoul, sind die Beziehungen zwischen Nordkorea und Russland taktischer Natur. Die Zusammenarbeit sei erst durch den russisch-ukrainischen Krieg zustande gekommen. Zuvor hätte es jahrzehntelang kaum Handel zwischen den beiden Ländern gegeben.

    Putins Ziel ist es, Munition für den Krieg zu beschaffen. Kims Ziel ist es, der Abhängigkeit von der Volksrepublik China zu entkommen, die auf Kosten Russlands nahezu das Monopol im Außenhandel Nordkoreas innehat.

    Fjodor Tertizki, Kookmin Universität in Seoul

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    Politik-Experte Tertizki erklärt weiter: "China wird die Verhandlungen beobachten. Es ist unwahrscheinlich, dass die Parteien etwas tun werden, was China nicht genehmigen wird."
    Putins Reisen nach Asien sind neben Handelsgeschäften und Rüstungsdeals aber vor allem eins: Eine Botschaft an die Welt. Putin will zeigen, dass er trotz internationalen Haftbefehls nicht isoliert ist, dass Russland ein geachteter und umworbener Partner ist. Anders als in den über 20 Jahren seiner Präsidentschaft gehen seine Reisen nun jedoch nicht mehr in alle Welt und in die Länder des Westens, sondern in die des sogenannten Globalen Südens.
    Sebastian Ehm berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.

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