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Fünfte Amtszeit:Wie Putin den Westen täuschen will
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Der russische Präsident beginnt seine fünfte Amtszeit, wie die vierte geendet hatte. Mit Lob für das eigene Wirken und Anschuldigungen an den Westen.
Es ist Punkt 12, als der Gong im Erlöserturm des Kreml in Moskau ertönt. Es schlägt erneut die Stunde des Wladimir Putin. Des neuen alten Präsidenten Russlands. Eine sonore Stimme kündigt den Präsidenten an. "Wladimir Wladimirowitsch Putin" ertönt es in den prunkvollen Sälen.
Dann folgt das gewohnte Bild. Im Stechschritt öffnen zwei uniformierte Soldaten die mächtigen Flügeltüren des Georgssaals. Der rote Teppich ist bei dieser Amtseinführung breiter als sonst. Es wirkt, als brauche Putin für seinen Gang noch mehr Platz als früher - oder noch mehr Abstand zum Volk.
Identische Inszenierung
Ansonsten ist die Inszenierung fast identisch wie alle anderen. Die Kameras des Staatsfernsehens begleiten ihn von seiner Residenz zur Aurus-Limousine bis zu den Prunksälen. Dort läuft er gemächlich und ohne Eile durch den Georgs-, den Alexander- bis in den Andreassaal. Immer vorbei am klatschenden, ihm treu ergebenen Volk.
Nach dem Amtseid hält Putin eine kurze Rede, ohne Überraschungen. Er preist vor allem sich und den Kurs, den er für sein Land gewählt hat. "Wir sind vereint und ein großartiges Volk."
Gemeinsam werden wir alle Hindernisse überwinden und alle unsere Pläne verwirklichen. Gemeinsam werden wir siegreich sein.
Wladimir Putin, russischer Präsident
Aufregung auf dem diplomatischen Parkett
Im Vordergrund alles wie immer, doch im Hintergrund herrschte Aufregung auf dem diplomatischen Parkett. Putin hatte alle westlichen Botschafter zur Amtseinführung eingeladen, vermutlich aus Kalkül. Denn das gesammelte westliche diplomatische Corps in Moskau musste darauf irgendwie reagieren und tat das uneins. Frankreich schickte zwar keinen Botschafter, dafür aber einen Vertreter, stattdessen schicken die Slowakei und Ungarn wenig überraschend ihre höchsten Gesandten.
Deutschland wählte einen diplomatischen Schachzug. Indem es seinen Botschafter nach Berlin zu Konsultationen beorderte, entging Alexander Graf Lambsdorff einer Absage an Putin. Es scheint, als habe der Kreml-Herrscher versucht, den Westen mit dieser Einladung zu düpieren.
Fast schon süffisant fügt er in seiner Rede im Kreml hinzu, dass er immer bereit gewesen sei für einen Dialog mit dem Westen. Dieser müsse weg von seiner Aggressionspolitik und dem Druck auf Russland.
Wladimir Putin will Weg weitergehen
Dass Wladimir Putin seit über zwei Jahren den größten Angriffskrieg seit dem Zweiten Weltkrieg führt, in dem bereits Zehntausende den Tod gefunden haben, dass er sein eigenes Volk unterdrückt und Regimekritiker wegsperren lässt. Das alles erwähnt er nicht. Doch er lässt bei seiner Rede keinen Zweifel daran, dass er bereit ist, diesen Weg weiterzugehen. Solange wie nötig.
Größere politische Veränderungen wird es in Russland nicht geben. Personell könnten im Kabinett ein paar Personen ausgetauscht werden. Doch nicht im großen Stil. Experten rechnen nicht mal mit einer Ablösung des amtsmüden Außenministers Sergej Lawrow. Und so dürfte die fünfte Amtszeit weitergehen, wie die vierte geendet hat.
Mit der Fortsetzung des Kriegs in der Ukraine, mit einer auf den Waffengang getrimmten Wirtschaft und einer Vertiefung des Grabens zwischen Russland und dem Westen. Bis 2030 will der 71-jährige Wladimir Putin weiterregieren. Mindestens.
Sebastian Ehm berichtet als ZDF-Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
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