Volksfront: Was die Wahlsieger in Frankreich vorhaben
Programm der Neuen Volksfront:Was die Wahlsieger in Frankreich vorhaben
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Die Neue Volksfront hat bei den Parlamentswahlen in Frankreich triumphiert - jetzt will das links-grüne Bündnis regieren. Wie soll die Politik aussehen? Ein Programmüberblick.
Der Wahlsieg des Linksbündnisses kam überraschend, für Frankreich und ganz Europa. Der erwartete Rechtsruck wurde abgewendet.08.07.2024 | 12:50 min
Vier Tage, vier Nächte und ein Stapel Pizzakartons - dann war das Wahlprogramm des links-grünen Bündnisses Neue Volksfront fertig. Dass sich Linkspopulisten, Sozialisten, Kommunisten und Grüne vor der Neuwahl so schnell auf ein Programm und gemeinsame Kandidaten einigen konnten, hatte viele überrascht, nicht zuletzt Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Dass das Bündnis nun auch noch die Parlamentswahl gewonnen hat, hatte kaum jemand vorausgesehen.
Der auch intern umstrittene Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon kündigte bereits an, "nur unser Programm, und zwar das gesamte Programm" umsetzen zu wollen. Das dürfte kaum möglich sein, denn das Bündnis ist mit etwa 180 Sitzen weit von einer absoluten Mehrheit entfernt, die bei 289 von 577 Sitzen liegt.
Nach dem überraschenden Sieg der Linken bei der Wahl in Frankreich herrscht Ungewissheit, wie eine Regierung gebildet werden kann.08.07.2024 | 2:47 min
Zudem enthält es einigen politischen Sprengstoff. Ein Überblick:
Wirtschaft
Die Neue Volksfront hat im Wahlkampf zahlreiche Wahlgeschenke versprochen:
Die Erhöhung des Mindestlohns von 1.400 auf 1.600 Euro,
eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflation,
das Einfrieren der Preise für Energie, Treibstoff und Grundnahrungsmittel.
Es komme die Erkenntnis, dass es "nicht zu leicht ist, aus einer rechnerischen eine politisch handlungsfähige Mehrheit zu machen", sagt Korrespondent Thomas Walde in Paris.08.07.2024 | 2:11 min
Finanziert werden soll dies unter anderem durch eine wieder eingeführte Reichensteuer, die durch eine Klimaabgabe ergänzt werden soll. Die Erbschaftssteuer soll für Reiche erhöht werden. Außerdem soll es eine neue Steuer auf "Supergewinne" geben.
Rentenreform
Die von Emmanuel Macron durchgesetzte Rentenreform, die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre hinaufgesetzt hat, soll rückgängig gemacht werden. Das "gemeinsame Ziel" von einer Rente mit 60 ist im Wahlprogramm festgeschrieben.
Die Rentenreform ist ein Herzstück von Macrons Amtszeit. Insbesondere auch in diesem Punkt dürften die Positionen für eine Zusammenarbeit mit dem bisherigen Regierungslager unvereinbar sein.
Außenpolitik
Das Vorgängerbündnis Nupes war auseinandergebrochen, weil die linkspopulistische Partei La France Insoumise die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas nicht als "terroristisch" einstufen wollte. Im Wahlprogramm haben die Beteiligten sich geeinigt, zumindest den Hamas-Angriff vom 7. Oktober "terroristisch" zu nennen. Die Neue Volksfront will umgehend den Staat Palästina anerkennen.
Mit Blick auf die Ukraine soll die "Lieferung nötiger Waffen" fortgesetzt werden. Die Neue Volksfront fordert außerdem den Einsatz von UN-Blauhelmsoldaten, um die Atomkraftwerke in der Ukraine zu schützen. Der EU-Stabilitätspakt und internationale Freihandelsabkommen sollen aufgekündigt werden.
Das Risiko, dass das Rassemblement National alleine an die Macht kommen könnte, "ist nach diesem Wahltag viel kleiner geworden", so der Politikwissenschaftler Joseph de Weck.07.07.2024 | 5:19 min
Umwelt und Klima
Die Neue Volksfront geht in der Klimapolitik deutlich weiter als die anderen Lager. Ein neuer Klimaplan soll unter anderem die Klimaneutralität bis 2050 erreichen. Dafür sollen etwa erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden, unter anderem Windparks vor der Küste.
Allerdings ist das Thema Atomkraft im Wahlprogramm nicht erwähnt, da es intern umstritten bleibt. Der Bau großer Wasserreservoirs für die Landwirtschaft und der Autobahn-Ausbau sollen vorerst eingefroren werden.
Es hat bei der Wahl in Frankreich eine starke Mobilisierung gegeben, berichtet ZDF-Korrespondentin Anna Warsberg.08.07.2024 | 3:59 min
Soziales
Die Neue Volksfront plant:
Mensa-Essen für Studierende für einen Euro und
kostenlose Schulkantinen, außerschulische Aktivitäten, Bücher sowie Hefte.
Der Abschaffung des nationalen Pflichtdienstes und
arbeitsfreie Menstruationstage in Unternehmen und Behörden.
Einwanderung
Die Neue Volksfront will Klimaflüchtlinge anerkennen. Das unter Macron verabschiedete Einwanderungsgesetz soll abgeschafft werden. Einwanderer mit Jobs und Eltern von Schulkindern sollen Aufenthaltsgenehmigungen erhalten.
Der Sieg des linken Lagers bei der Parlamentswahl in Frankreich hat selbst Experten überrascht. Regierungsoptionen, Zeitplan, Folgen: Jetzt hängt vieles von Präsident Macron ab.