Gegen Alkoholtouristen: Prag verkündet Pub-Crawl-Verbot

    Kampf gegen Alkoholtouristen:Prag verbietet die "Pub-Crawls"

    Christian von Rechenberg, ZDF-Korrespondent in Wien
    von Christian von Rechenberg
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    Sie führen von Kneipe zu Kneipe durchs Prager Nachtleben und sind vor allem laut. Nun hat die Stadt die organisierten Sauftouren nachts verboten.

    Menschen während eines Pub-Crawls in Prag, die zu einem weiteren Pub gehen.
    Das Nachtleben Prags ist voll mit Touristen, die an "Pub-Crawls" teilnehmen. Die Stadt will das nun ändern, um den Tourismus in eine andere Richtung zu lenken.
    Quelle: AP

    Es ist Freitagabend - die Dlouhá-Straße bebt. Mal wieder. Aus den Türen der Bars und Clubs wummern Bässe, draußen drücken sich Menschenmassen aneinander vorbei. Drei junge Mädchen stolpern über umherliegende Schnapsflaschen, eine Gruppe Briten feiert Junggesellenabschied und skandiert Fußball-Lieder in Stadionlautstärke. Willkommen im Party-Mekka Prags. Wer nicht mitfeiert, weil er hier wohnt etwa, oder sich das Treiben aus Interesse anschauen will, der versteht, warum die Stadt nun der Geduldsfaden reißt.
    "Was, sie verbieten Pub-Crawls!", sagt ein junger Erasmus-Student aus Dresden. Ja, Prag verbietet sie, ab November und ab 22:00 Uhr. "Haben wir gehört", ruft ein deutlich angeheiterter Mann im quietschbunten Hawaii-Hemd, "deswegen sind wir hier. Kommt nach Prag!". Letzte Chance, den Pub Crawl mitzumachen, einen Spaziergang der besonderen Art: Für 35 Euro führen die Guides Gruppen von 20 bis 100 Menschen zu drei bis vier Kneipen - um dann in einem Club zu enden, wie etwa dem Drunken Monkey. Der Club bietet die Touren sogar selbst an. Freigetränk inklusive.
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    Zu viele feiernde Menschen auf der Straße

    Das Problem: die Pub Crawls bringen zusätzlich viele Menschen auf die Straße, statt sie in den Clubs zu halten. Durchaus ein Ort, an dem man es lange aushalten könnte, wie die Videos des Drunken Monkey auf Instagram eindrucksvoll belegen. Doch dann beginnt die Tour - und mit ihnen kommt die Ektase auf die Straße. Und der Lärm. Zusätzlich zum ohnehin schon lauten Treiben. "Plage", nennt Bezirksbürgermeisterin Terezie Radoměřská die geführten Touren, "sie beuten die Stadt aus." An schlechten Abenden werden die Menschen, die hier wohnen, im 20-Minuten-Takt von grölenden Tour-Gruppen aus dem Schlaf gerissen.

    Die meisten Probleme machen große Gruppen, die nur als 'Alkotouristen' hierher kommen, wegen des billigen Alkohols.

    Terezie Radoměřská, Bezirksbürgermeisterin

    Und wegen der Pub Crawls. Daher jetzt das Verbot. "Ich weiß", sagt Radoměřská, "jedes Verbot ist ein Problem, das ist klar. Andererseits, wenn nix anderes hilft", dann eben so. Doch die Pub Crawls, sagt einer der Mitbesitzer des Drunken Monkey, seien gar nicht das Problem. Im Gegenteil. "Wir erlauben unseren Kunden nicht, auf der Straße zu trinken. Wir erlauben ihnen nicht, auf der Straße zu singen und zu schreien, wir erlauben nichts, was verboten ist." Nun dürfen seine Guides die Kunden nicht mehr begleiten, nun müsse die Stadt sich selbst um sie kümmern. Seine Touren jedenfalls hätten noch nie eine Anzeige wegen Lärms bekommen.
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    Teil des Nachtlebens - oder Ruhestörung?

    Es mag eine Ausnahme sein, die Regel scheint es nicht. Prag will die Anwohner schützen, doch die sind geteilter Meinung. "Ich habe mich noch nie beschwert", sagt Michal Horáček, "für mich gehören auch Kneipentouren zum Prager Nachtleben." Ein Mann, der sich Tomáš nennt, sieht die Sache anders: "Ja, es ist schrecklich, ich wäre froh, wenn das hier endlich aufhört."
    Aber ist die Nachtruhe wirklich das Problem? Die Stadt, sagen Kritiker, könnte mehr Polizei einsetzen. Denn alles, was den Pub Crawlers vorgeworfen wird, ist ohnehin verboten. Man müsste sie eben nur besser kontrollieren - auch die anderen Nachtschwärmer, die ohne Guides unterwegs sind. Doch Polizei sieht man rund um die Dlouhá-Straße kaum.

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    Das Ziel: ein neues Image

    Und so drängt sich vielen der Verdacht auf, dass Prag sein vulgäres und überbordendes Nachtleben und damit den Ruf als Säufer-Metropole schlicht loswerden will. "Unser Ziel ist ja vor allem der qualitativ hohe Tourismus", sagt Terezie Radoměřská, "also die Leute, die wirklich interessiert sind an Kultur, an der Stadt Prag, an der Architektur, der Lebensart und so weiter." Chic machen für neue Investoren - ein gewagtes Experiment, denn viele kommen nicht wegen der Kultur, sondern wegen des weltberühmten Biers, das wenig kostet. Womöglich wird die Stadt Touristen verlieren, doch sie scheint es einzukalkulieren: 9 Millionen Gäste erwartet Prag dieses Jahr, "zu viele, um weiter zu machen, wie bisher", sagt die Bezirksbürgermeisterin.
    Christian von Rechenberg ist Korrespondent im ZDF-Studio Wien und berichtet aus Österreich und den Ländern Südosteuropas.
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