Parlament diskutiert: Lockert Polen das Abtreibungsrecht?
Debatte im Parlament:Lockert Polen das strenge Abtreibungsrecht?
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Polens Abtreibungsrecht ist eines der restriktivsten in Europa. Ministerpräsident Tusk hatte eine Liberalisierung versprochen. Wie weit die gehen soll, das berät nun das Parlament.
Im Wahlkampf gehörte es zu den Hauptthemen, nun soll unter der neuen polnischen Regierung endlich das Abtreibungsrecht neu diskutiert werden.11.04.2024 | 2:18 min
Das polnische Parlament will sich mit einer Liberalisierung des Abtreibungsrechts befassen. Die derzeitige Gesetzgebung ist eine der strengsten in der EU. Ministerpräsident Donald Tusk hatte im Wahlkampf versprochen, Frauenrechte zu stärken und den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch zu erleichtern. Im Herbst versprach Tusk:
Doch in den mittlerweile knapp fünf Monaten, in den Tusk das Land regiert, ist dieses zentrale Projekt nicht richtig vorangekommen. Denn unter den drei politischen Gruppierungen, aus denen sich Tusks Mitte-Links-Koalition zusammensetzt, herrscht Uneinigkeit über das Thema.
Schwangerschaftsabbruch nur nach Vergewaltigung oder Inzest
Im Jahre 2020 hatte das Verfassungsgericht unter der damaligen nationalkonservativen PiS-Regierung das strenge polnische Abtreibungsrecht noch weiter verschärft. Seitdem ist ein Schwangerschaftsabbruch nur nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt - oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen.
In der Folge hatte es in den vergangenen Jahren mehrfach Fälle gegeben, bei denen schwangere Frauen während der Behandlung im Krankenhaus gestorben waren, nachdem sich die Ärzte trotz Komplikationen nicht für eine Abtreibung entschieden hatten.
Derzeit darf in Polen nur in zwei Fällen abgetrieben werden: Wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung oder Inzest entstanden ist, darf sie bis zur zwölften Woche abgebrochen werden. Eine Abtreibung ist außerdem möglich, wenn das Leben oder die Gesundheit der Mutter bedroht ist - unabhängig vom Fortschritt der Schwangerschaft.
Von 1993 bis 2020 war eine Abtreibung auch dann möglich, wenn beim Fötus Krankheiten festgestellt wurden. Das wurde unter der PiS-Regierung abgeschafft.
Donald Tusk will eine generelle Legalisierung der Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche.
Drei Koalitionspartner, vier Gesetzentwürfe
Die drei Koalitionspartner, aus denen sich Tusks Regierung zusammensetzt, haben nun dem Parlament insgesamt vier Gesetzentwürfe zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts vorgelegt. Der Entwurf von Tusks liberalkonservativer Partei Bürgerkoalition sieht die Legalisierung von Abbrüchen bis zur 12. Schwangerschaftswoche vor.
Das Linksbündnis Lewica fordert dasselbe in einer eigenen Novelle. Für den Fall, dass die Liberalisierung scheitert, will Lewica in einem weiteren Antrag zumindest die Strafbefreiung durchsetzen.
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"Dritter Weg" fordert Rückkehr zur Kompromisslösung
Aus der Reihe schert der Dritte im Bunde, der christlich-konservative "Dritte Weg". Die Partei schlägt die Rückkehr zur sogenannten Kompromisslösung vor, die bis zum Urteil des Verfassungsgerichts galt. Das würde bedeuten, dass Schwangerschaftsabbrüche in Polen nur nach einem Verbrechen oder bei Gefahr für Schwangere und Fötus legal werden.
Parlamentspräsident Szymon Holownia, einer der "Dritte Weg"-Parteichefs, möchte die Bürger gar in einem Referendum über das Abtreibungsrecht abstimmen lassen. Sein Argument: Sollte ein liberales Abtreibungsgesetz verabschiedet werden, könnte dieses am Veto von Präsident Andrzej Duda scheitern, der der PiS-Partei angehört. Spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung hingegen in einem Referendum für eine Lösung aus, wäre der Druck auf Duda größer.
Umfrage: 70 Prozent in Polen für uneingeschränktes Recht auf Abtreibung
Doch Frauenrechtlerinnen wie Natalia Broniarczyk von der Organisation Abortion Dream Team halten nichts von der Idee. Ein Referendum könnte die Debatte um Jahre zurückwerfen, wenn die Kirche, rechte Parteien und Pro-Life-Organisationen versuchten, die gesellschaftliche Stimmung zu drehen, sagte sie der Zeitung "Gazeta Wyborcza".
In einer Umfrage im November 2022 gaben 70 Prozent der Befragten an, dass sie für das uneingeschränkte Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche seien.
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