Kommunalwahlen in Polen: Was das Ergebnis bedeutet
Analyse
Starke PiS, Tusk kämpferisch:Kommunalwahlen in Polen: Drei Erkenntnisse
von Lukasz Galkowski
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Die Kommunalwahlen in Polen galten nach der Parlamentswahl 2023 als erster Stimmungstest für die neue Regierung. Was heißt das Ergebnis für Premier Tusk und was für die PiS-Partei?
Anders als in Deutschland finden die Kommunalwahlen in Polen an einem einzigen Termin statt. Alle fünf Jahre werden im ganzen Land gleichzeitig alle Landtage, (Ober-)Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte gewählt.
Die nationalkonservative PiS-Partei holt laut Prognosen die meisten Stimmen in den Landtagen: 33,7 Prozent gegen 31,9 Prozent für die Bürgerkoalition von Premier Donald Tusk und 13,5 Prozent für das christdemokratische Bündnis Dritter Weg.
Die Bürgerkoalition gewinnt trotzdem in zehn Landtagen, die PiS in sechs weiteren. Auch bei der Oberbürgermeister-Wahl in Warschau setzt sich der Kandidat der Bürgerkoalition durch.
Bei der Kommunalwahl in Polen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab wie bei der Parlamentswahl im Oktober 2023: Die PiS-Partei wird zwar stärkste Kraft, doch die Regierungskoalition hat zusammengefasst die Nase vorn. Diese setzt sich aus der Bürgerkoalition von Premierminister Donald Tusk, dem christdemokratischen Bündnis Dritter Weg und der Linken zusammen.
Die nationalkonservative PiS-Partei gewinnt in Polen die nächste Wahl in Folge - zumindest rein rechnerisch. Denn das Ergebnis gibt nicht unbedingt die realen Machtverhältnisse wieder: Die PiS hat laut Prognosen in nur sechs von 16 Landtagen gewonnen.
Allerdings deutet wenig darauf hin, dass die PiS in absehbarer Zeit politisch unbedeutend wird. Im Vergleich zur Parlamentswahl 2023 hat die Partei kaum an Unterstützung verloren - selbst ohne die Propaganda, die sie vor ihrer Abwahl im Staatsrundfunk TVP verkünden konnte. Nicht zu Unrecht zitierte der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski am Sonntag einen dem Schriftsteller Mark Twain zugeschriebenen Satz: "Die Nachricht von meinem Tode ist etwas verfrüht."
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Eine solide Ausgangsbasis hat die PiS vor allem bei den Landwirten (57,3 Prozent) und insgesamt auf dem Land (43,2 Prozent). "Das wichtigste Oppositionslager ist nach acht Jahren an der Regierung, der Abgabe der Macht und inneren Streitigkeiten weiterhin sehr stark. Es ist in Polen bisher nicht vorgekommen, dass eine Partei, die in die Opposition übergeht, eine so große Unterstützung beibehält", schreibt die konservative Tageszeitung "Rzeczpospolita" in ihrem Leitartikel.
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2. Kein Rückschlag für Tusk, aber auch keine Euphorie
Die Bürgerkoalition gewinnt in zehn der 16 Landtage und dürfte keine Probleme haben, Mehrheiten in den Parlamenten zu bilden. In den Städten hat das Bündnis weiterhin die Nase vorn, in vielen größeren wird sie erwartungsgemäß die Oberbürgermeister stellen, darunter in Warschau und in Danzig. Das Gesamtergebnis zeigt aber, dass die Partei von Premier Donald Tusk seit der Parlamentswahl kaum neues Wählerpotenzial entwickelt hat und weiterhin nicht in der Lage ist, ohne weitere Bündnispartner die PiS zu schlagen.
"Was freut? Ein systematisches Aufholen des Rückstands: sieben Prozent im Jahr 2018, fünf 2023, heute zwei. Ein Rekordsieg in den Städten, die Mehrheit bei den Regionalversammlungen", schrieb Tusk am Montag auf der Plattform X. Was Sorgen bereite, sei die schlechtere Wahlbeteiligung, insbesondere bei den jüngeren Wählern, die Niederlage im Osten und auf dem Land.
Die Schlussfolgerung für uns? Nicht jammern, an die Arbeit!
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Premier Donald Tusk
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3. Warschaus OB untermauert Ambitionen für Präsidentenamt
Warschaus Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski hat sich mit einem klaren Votum die Wiederwahl im ersten Durchgang gesichert. Der Amtsinhaber bekam den Prognosen zufolge 59,8 Prozent der Stimmen, der zweitplatzierte PiS-Kandidat Tobiasz Bochenski kam nur auf 18,5 Prozent. Trzaskowski gilt als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2025 und hätte mit diesem Ergebnis seine Ambitionen auf das Amt untermauert.
Im Jahr 2020 trat Trzaskowski schon einmal an und unterlag im zweiten Durchgang dem Amtsinhaber Andrzej Duda nur hauchdünn. Im kommenden Jahr wird Duda nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten dürfen, umso größer stehen Trzaskowskis Chancen, diesmal als Sieger hervorzugehen.
Premier Donald Tusk (rechts) gratuliert Warschaus Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski zur Wiederwahl.
Quelle: dpa
Zumal bei der PiS niemand in den Startlöchern steht, der absehbar als aussichtsreicher Kandidat gilt. Die Wahl in Warschau zeigt jedenfalls, dass Bochenski vermutlich kein neuer Duda wird. Hier müsste Kaczynski ein ähnlicher Geniestreich wie vor zehn Jahren gelingen: Duda war damals ein relativ unbekannter Politiker, lag bei Umfragen sehr lange deutlich hinter Amtsinhaber Bronislaw Komorowski zurück - und gewann die Wahl trotzdem.
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