Autobiografie zu Lebzeiten:Hoffnung prägt das Leben von Papst Franziskus
von Andreas Postel
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Seine Autobiografie wollte Papst Franziskus eigentlich erst nach seinem Tod veröffentlichen lassen. Doch dann entschied er sich um. Sie trägt den Titel "Spera": "Hoffe."
Beim Amtsantritt von Papst Franziskus war die Hoffnung groß, er werde die Kirche reformieren. Mittlerweile sind viele Deutsche enttäuscht. Ist er wirklich gescheitert?06.04.2023 | 44:12 min
In dem Imperativ "Hoffe" liegt schon eine stückweite Erkenntnis über das Wesen dieses Papstes. Er fordert: "Habt Hoffnung!" und will so die Verzagten aufrütteln. Mit der Veröffentlichung seiner Autobiografie wollte Papst Franziskus nicht länger warten, weil die schweren Zeiten gerade jetzt nach Hoffnung rufen. Kein Zufall, dass Papst Franziskus zum gerade begonnenen Heiligen Jahr 2025 die Hoffnung in den Vordergrund stellt. Das offizielle Motto lautet "Pilger der Hoffnung" und wer seine Autobiografie liest, sieht Jorge Mario Bergoglio, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, selbst als den größten Pilger der Hoffnung.
Ungeduld als Schwäche des Papstes
Der Lebensweg des katholischen Kirchenoberhauptes, der am 17. Dezember seinen 88. Geburtstag feierte, ist außergewöhnlich, steinig, kurvenreich und bewegt. Spannend liest sich die Autobiografie in den detailreichen und von vielen Anekdoten gesäumten Passagen seiner südamerikanischen Familiengeschichte, die als dramatische Migrantengeschichte beginnt. Von Italien aus floh seine Familie vor Mussolinis Faschismus nach Argentinien.
Dort erinnert sich Jorge Mario Bergoglio an eine unbeschwerte Kindheit im Kreis seiner vier Geschwister. Eine Schwäche - auch als Papst - sieht Franziskus in seiner Ungeduld.
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Erlebnisse während argentinischer Militärdiktatur
Einer Autobiografie nähert sich der Leser stets mit einer gesunden Portion Skepsis. Franziskus schreibt über die Jahre der Militärdiktatur in Argentinien. Die Vorwürfe, er habe während dieser Zeit die beiden Jesuitenpater Orlando Yorrio und Franz Jálics verraten, weist Franziskus in seiner Autobiografie zurück. Er habe sich damals für die beiden Geistlichen persönlich bei Militärdiktator Videla eingesetzt und deren Freilassung erreicht.
Neben seinen persönlichen Erlebnissen lässt Franziskus immer wieder seine politischen Vorstellungen einfließen. Das Thema Migranten nimmt im Buch eine zentrale Rolle ein. Von seiner persönlichen Familiengeschichte bis zum Pontifikat, dessen erste Reise Papst Franziskus nach Lampedusa führte.
Kritik über fehlende Details
Die New York Times kritisiert, "Franziskus sage wenig über seine Jahre im Vatikan. Seine Bemerkung, dass "die Reform der römischen Kurie die anspruchsvollste war und es lange Zeit den größten Widerstand gegen Veränderungen gab", biete keine Details über die damit verbundenen Kämpfe.
Auch der Guardian vermisst wichtige Details. Etwa in der Mitte der Memoiren erzählt Franziskus von seiner Wahl zum Papst und einem Besuch, den er kurz darauf bei seinem Vorgänger Benedikt XVI. machte. Ein Foto zeigt die beiden auf einem großen weißen Kasten sitzend. Damals gab es Spekulationen darüber, was sich darin befinden könnte, aber keine endgültige Aufklärung. Franziskus erinnert sich, dass Benedikt zu ihm sagte: "Hier ist alles drin", und dann schreibt er, dass die Kiste "Dokumente über die schwierigsten und schmerzlichsten Situationen enthielt: Fälle von Missbrauch, Korruption, dunkle Machenschaften, Fehlverhalten". Aber mehr erfährt man darüber nicht.
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Rolle der Frau in der Kirche
"Zum Gottesvolk, so betont Franziskus, gehören Männer und Frauen gleichermaßen." Daher sei es "mehr als je zuvor" nötig, "Kriterien und Modalitäten zu finden, damit Frauen in den verschiedenen Bereichen des sozialen und kirchlichen Lebens ihre Rolle als Mitwirkende und Protagonistinnen spielen können. Mit der Ernennung der Ordensschwester Simona Brambilla als Leiterin eines Vatikan-Ministeriums hat er zu Beginn des Heiligen Jahres Geschichte geschrieben.
Andreas Postel ist Leiter des ZDF-Auslandsstudios in Rom.
Quelle: ZDF
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