Migration in die USA: Elend im Dschungel von Panama

    Elend im Darién-Dschungel:Panama will Fluchtroute abriegeln

    Steffanie Riess
    von Steffanie Riess
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    Mehr als 100 Kilometer dichten Dschungel durchqueren Hunderttausende Migranten auf dem Weg von Südamerika Richtung USA. Ein neuer Präsident in Panama wollte damit Schluss machen.

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    Durch den Darién-Dschungel machten sich über eine Million Menschen in den letzten drei Jahren auf den Weg in die USA.
    Quelle: AFP

    Am Darién treffen Nord- und Südamerika aufeinander. Die Grenze zwischen Kolumbien und Panama besteht aus dichtem Urwald, an vielen Stellen ist das Gebiet fast unberührt. Doch seit 2021 wird die Region von immer mehr Menschen durchquert. Sie sind Migranten auf dem Weg in die USA. Innerhalb kurzer Zeit hat sich der Darién zur zentralen Migrationsroute auf dem amerikanischen Kontinent verwandelt.
    Über eine Million Menschen haben sich in den letzten drei Jahren durch das Gebiet gekämpft. Die meisten kommen aus Südamerika, aber verstärkt sind auch Menschen aus weiter entfernten Ländern dabei: China, Indien, Afghanistan. Sie sind auf der Flucht vor politischer Instabilität, wirtschaftlicher Not und organisiertem Verbrechen.

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    Die neue Regierung in Panama will nach eigenen Angaben irreguläre Migration kanalisieren. Mit Stacheldraht wird nun der Dschungel zwischen Kolumbien und Panama abgeriegelt.
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    Angehörige des Nationalen Grenzdienstes Panamas (Senafront) stehen am Grenzübergang Asti in der Dschungelprovinz Darien, Gemeinde Acandi, an der Grenze zwischen Kolumbien und Panama Wache.

    Menschenschmuggel als Millionengeschäft

    Was für die Einen der wohl schlimmste Teil ihrer Reise an die US-Grenze ist, da wittern Andere Profit. Der Menschenschmuggel durch den Darién ist ein Millionengeschäft. Am Ausgangspunkt in Kolumbien hat der Golf-Clan die Dinge fest im Griff. Nur wer mehrere Hundert Dollar zahlt, darf weiter, wird einer Gruppe und einem "Führern" zugeordnet, die die Menschen "sicher" durch den Dschungel führen soll.
    Die Migranten haben keine Wahl, als sich den Kriminellen auszuliefern - unzählige Berichte von Raub, Vergewaltigungen und toten Körpern entlang der Route zeigen das hohe Risiko, das damit verbunden ist. Offizielle Statistiken gibt es keine.
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    Politik sucht nach Lösungen

    Wenn es nach der US-Regierung sowie dem neuen panamaischen Präsidenten José Raúl Mulino geht, ist mit all dem jetzt Schluss. Direkt nach der Amtseinführung am 1. Juli versprach er:

    Ich werde nicht zulassen, dass Panama offen ist für Tausende, die illegal in unser Land kommen, mithilfe einer internationalen Organisation, die Drogen- und Menschenhandel betreibt.

    José Raúl Mulino, Präsident Panama

    Noch am selben Tag unterzeichnete er ein Abkommen mit dem amerikanischen Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas, in welchem sich die USA verpflichteten, sechs Millionen US-Dollar für die Rückführung von Migranten aus Panama bereitzustellen. Die Biden-Regierung unterstützt in der gesamten Region Initiativen, die dazu beitragen sollen, dass weniger Migranten an die US-Grenze gelangen.

    Nachnominierter Kandidat
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    Eigentlich wurde er nur für das Amt des Vizepräsidenten gehandelt, dann wurde er selbst zum Spitzenkandidaten: Nun hat José Raul Mulino die Präsidentschaftswahl in Panama gewonnen.
    Panamanians vote in general elections in Panama
    Tatsächlich ist seither wenig passiert. Der panamaische Grenzschutz hat etwa fünf Kilometer Stacheldraht verlegt, um einige der Routen zu schließen und die Menschenströme besser lenken zu können. Die angekündigten Rückführungsflüge laufen nur schleppend an - bisher wurden etwa 500 Menschen nach Kolumbien, Ecuador und Indien abgeschoben, ein Bruchteil der Zehntausenden, die jeden Monat die Region durchqueren.
    Dennoch meldet die panamaische Regierung für die letzten Monate einen Rückgang in der Zahl der Migranten im Darién. Verglichen mit dem Vormonat seien im Juli knapp 35 Prozent weniger gekommen, weitere 19 Prozent weniger im August. Für den Monat September berichtet die Denkfabrik "Washington Office on Latin America" (WOLA) jedoch bereits wieder einen Anstieg der Zahlen.
    Die Grenzpatrouille wählt die nächste Gruppe von Migranten aus, die in das Verarbeitungszentrum gebracht werden sollen am 12.05.2023.
    Seit zwei Jahren gehen die Migrationszahlen aus dem Land steil nach oben. Auch in Europa ist das längst zu spüren. Es gibt für die Menschen viele Gründe, Kolumbien zu verlassen.14.01.2024 | 44:01 min

    Regionale Herausforderung

    Mulino weiß, dass er die Migranten nicht stoppen kann. Wohl auch deshalb traf er sich kürzlich mit seinem kolumbianischen Kollegen Gustavo Petro. Sie verkündeten, gemeinsam eine einzige, kontrollierte und sichere Route durch den Darién organisieren zu wollen.
    "Wie genau das funktionieren soll, wie viele Menschen Durchgang bekommen würden, wie Sicherheitskräfte entlang einer so langen Route stationiert würden und, vor allem, ob die USA einen solchen freien Durchmarsch zulassen würden, ist alles völlig unklar", sagt Adam Isacson von WOLA. Er bezweifelt außerdem, dass die beiden Länder die nötigen Ressourcen zur Verfügung haben:

    Es handelt sich um ein riesiges Gebiet, eine Wildnis, die Kolumbien noch nie wirklich gut unter Kontrolle hatte. In vielen Abschnitten gibt es bewaffnete Gruppen, auf 300.000 Hektar wird Coca angepflanzt, warum sollten sie plötzlich die Kontrolle über den Darién erlangen?

    Adam Isacson, Washington Office on Latin America

    "Aber zumindest könnten sie vielleicht die Sicherheit entlang der Hauptroute verbessern", fügt er hinzu.
    Es ist zu früh, um die Erfolgsaussichten dieser Initiativen einschätzen zu können Ein Regierungswechsel in Washington im Januar 2025 könnte ihnen ein Ende setzen, bevor sie tatsächlich Wirkung entfalten konnten. Denn Donald Trump will den Fokus wieder weg von regionalen Initiativen und zurück auf die verstärkte Sicherung der US-Grenze lenken.

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    Quelle: ZDF

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