Gefährliche Fluchtroute:Panama riegelt den Dschungel ab
von Tobias Käufer
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Die neue Regierung in Panama will nach eigenen Angaben irreguläre Migration kanalisieren. Mit Stacheldraht wird nun der Dschungel zwischen Kolumbien und Panama abgeriegelt.
Mit Stacheldraht soll illegale Migration an der Grenze zwischen Panama und Kolumbien eingegrenzt werden.
Quelle: AFP
Der Dschungel zwischen Kolumbien und Panama gilt als eine der meistbenutzten Migrationsrouten zwischen Süd- und Mittelamerika in Richtung USA. Vor allem aus Venezuela stammen viele Flüchtlinge und Migranten. Sie versuchen wegen der anhaltenden Repression und der Versorgungskrise in ihrer Heimat die Wildnis des Darién zu durchqueren. Das will Panama jetzt zusätzlich erschweren.
Quelle: ZDF
Der Darién ist eine Dschungel-Landschaft zwischen Kolumbien und Panama, durch die keine direkte Straßenverbindung führt, obwohl die Landenge Süd- und Mittelamerika verbindet. Das dicht bewaldete, regenreiche Hügelland, verfügt über zahlreiche zum Teil lebensgefährliche Flüsse.
Die zu Fuß zu bewältigende Strecke dauert etwa sechs bis sieben Tagesmärsche. Der Darién wird durch bewaffnete Banden kontrolliert, die von den Migranten eine Art "Steuer" verlangen.
Flucht durch den Dschungel lebensgefährlich
Im vergangenen Jahr waren es rund 500.000 Menschen, die sich auf den Weg durch den Dschungel machten, heißt es nach Angaben der Vereinten Nationen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es bereits weitere 170.000 Menschen, berichtet die Regierung aus Panama.
Täglich flüchten tausende Migranten aus Lateinamerika zu Fuß in Richtung US-Grenze. Die Begrenzung der Einwanderung ist ein Kernthema im kommenden Präsidentschaftswahlkampf.28.12.2023 | 0:25 min
Allerdings ist die mehrtägige Tour, die in Kolumbien startet, lebensgefährlich. Bewaffnete Banden haben in der Region die Kontrolle übernommen, der kolumbianische Staat ist nicht präsent. Zudem fehlt jedwede Infrastruktur.
Die Menschen sind tagelang auf sich allein gestellt. Immer wieder ertrinken Menschen in den Flüssen des Dschungels. Vor allem Mädchen und Frauen werden auf der mehrtägigen Tour immer wieder Opfer von sexueller Gewalt, Übergriffen und Verschleppung. Laut "Ärzte ohne Grenzen" wurden zuletzt täglich durchschnittlich 16 Frauen und Mädchen Opfer einer Vergewaltigung.
Panama will irreguläre Migration eindämmen
Auf der anderen Seite des Dschungels, in Panama, will die neue Regierung nun die irreguläre Migration eindämmen. Das hatte der inzwischen zum Präsidenten gewählte rechtsgerichtete Politiker José Raúl Mulino im Wahlkampf angekündigt:
Seit zwei Jahren gehen die Migrationszahlen aus dem Land steil nach oben. Auch in Europa ist das längst zu spüren. Es gibt für die Menschen viele Gründe, Kolumbien zu verlassen.
von Tobias Käufer
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Tatsächlich hat die neue Regierung damit begonnen, bisherige Übergangspunkte zu Kolumbien mit Stacheldraht zu schließen. Insgesamt sind bislang 4,7 Kilometer von der Grenzpolizei mit Stacheldraht eingezäunt worden. Hier sollen illegale Grenzübergänge stattfinden. Panamas Grenzbehörde erklärte, dass damit "der Strom der Durchreisenden, die den gefährlichen Dschungel auf ihrem Weg in die Vereinigten Staaten durchqueren", kanalisiert werde.
Zudem ordnete das Sicherheitsministerium an, dass Patrouillen des Nationalen Marineluftdienstes sowohl an der Karibik- als auch an der Pazifikküste Migrationsbewegungen über das Meer kontrollieren solle.
Politische Krise in Venezuela könnte noch mehr Menschen in die Flucht treiben
Inzwischen hat das Thema eine weitere Entwicklung genommen. Nach der Präsidentschaftswahl in Venezuela hatte die linientreue Wahlbehörde den regierenden Präsidenten Nicolás Maduro zum Wahlsieger erklärt. Proteste waren die Folge. Die Opposition hatte ihren Kandidaten Edmundo González Urrutia ebenfalls zum Präsidenten ausgerufen. Das Land ächzt zudem unter einer schweren Wirtschaftskrise.
In Venezuela protestieren seit Tagen zehntausende Menschen. Die Demonstranten beschuldigen Staatschef Maduro das Ergebnis der Präsidentschaftswahl gefälscht zu haben.04.08.2024 | 1:29 min
Wegen der schweren innenpolitischen Krise in Venezuela rechnet Panama mit einer zusätzlichen Auswanderungswelle aus dem südamerikanischen Land:
Bereits acht Millionen Venezolaner geflohen
In den letzten Jahren hatten rund acht Millionen Menschen Venezuela verlassen. Ein erheblicher Teil von ihnen hatte versucht, durch den Darién in Richtung USA zu gelangen. Auch das kirchliche Hilfswerk Adveniat rechnet für den Fall, dass sich Maduro gewaltsam an der Macht hält, mit einem neuerlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen.
Wenn am Sonntag in Venezuela gewählt wird, dann entscheidet sich viel für das Land. Auch, ob künftig mit weiteren Migrationswellen oder einer Rückkehrbewegung zu rechnen ist.
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USA stellt Millionen für Abschiebungen bereit
Die US-Administration von Präsident Joe Biden ist inzwischen auf die neue Regierung in Panama-Stadt zugegangen und hat ein Abkommen über die Abschiebung von Migranten in deren Heimatländer abgeschlossen. Washington stellt demnach rund sechs Millionen Dollar zur Verfügung, um Abschiebeflüge finanziell zu unterstützen.
Kolumbiens linksgerichteter Präsident Gustavo Petro kritisierte die Blockade-Politik Panamas. Ein "Stacheldraht im Dschungel bringt nur Ertrunkene im Meer" schrieb Petro im Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter). Sein Land müsste dann wohl die Menschen versorgen, die es künftig nicht mehr durch Panama schaffen.
Quelle: ZDF
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