Analyse
EU-Sondergipfel zu Ukraine-Hilfe:Viktor Orban hat sich verzockt
von Julia Rech und Ulf Röller
Die EU-Regierungschefs weisen den ungarischen Premierminister in die Schranken. Am Ende stimmt Viktor Orban den Ukraine-Hilfen zu, um einen schlimmeren Konflikt zu verhindern.
Ein 50-Milliarden-Finanzpaket für die Ukraine wurde von den 27 EU-Staaten auf den Weg gebracht. Endlich stimmte auch Ungarn zu. Das Geld soll bis 2027 in die Ukraine fließen. 01.02.2024 | 2:42 min
Der Tag in Brüssel begann mit Machtdemonstrationen. Das EU-Viertel abgesperrt, umlagert von den wütenden Bauern, die gegen die
EU protestieren. Viktor Orban zeigt Verständnis für die Wut, macht selbst Stimmung in einem Interview gegen die EU-Regierungschefs. Sie seien unfähig, gehörten abgewählt. Garniert wird der ungarische Anti-Europa-Kurs mit einem Video auf Orbans Social-Media-Seite, in dem er sich inszeniert als einer, der in Brüssel aufräumt.
EU-Regierungschef genervt von Orbans Auftreten
Aber Orbans Machtfantasien hielten diesmal nicht lange. Diesmal hat der Ungar überzogen. Die
26 anderen sind endgültig genervt von den Solo-Läufen auf ihre Kosten. Polens neuer Regierungschef Tusk warf Orban vor, ein Sicherheitsrisiko zu sein. Estlands Regierungschefin Kallas warnte Orban, die Blockade schade den Interessen Ungarns. Immerhin hat die EU noch 20 Milliarden Euro von Ungarn eingefroren - wegen Verstoßes gegen Rechtsstaatsprinzipien. Orban braucht das Geld für seine schwächelnde Wirtschaft.
Wie die Zustimmung von Ministerpräsident Orban zustande kam, berichtet Ulf Röller.01.02.2024 | 1:02 min
Kein Regierungschef sprang Orban bei, nein, im Gegenteil, einige sollen schon über Artikel 7 nachgedacht haben. Dieser Artikel leitet ein Verfahren ein, an deren Ende Ungarn das Stimmrecht entzogen würde. Es käme einem Rauswurf gleich. Die Drohkulisse war in Stellung gebracht.
Scholz, Macron und von der Leyen sprechen Machtwort
Ratspräsident Michel postete ein Foto, auf dem sah man Bundeskanzler
Scholz, den französischen Präsidenten
Macron und EU-Kommissionspräsidenten
von der Leyen zusammen mit Viktor Orban. Der Ungar schaut da ein wenig verlegen auf seine Füße. Wie ein Schüler, dem man gerade erklärt hat, seine Versetzung sei gefährdet. In Wahrheit haben die anderen Orban erklärt, dass jetzt Schluss sei. Vielleicht ist ihm da klar geworden, wie dünn das Eis ist, auf dem er sich bewegt.
Posting von Charles Michel
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Orban
gab seinen Widerstand auf und stimmte der Ukraine-Hilfe zu. Bekommen hat er dafür nichts. Das sagen alle ausdrücklich. Nur ein symbolisches Zugeständnis, eine Überprüfung nach zwei Jahren wäre möglich, aber das auch nur, wenn alle einstimmig gegen die Ukraine-Hilfe wären. Auch ein Vetorecht für Ungarn gibt es nicht.
Viktor Orban kassiert Niederlage
Der Tag heute ist bedeutend. Bisher hat Orban die EU kritisiert und dann ihr Geld genommen. Er hat die Kuh gemolken und gleichzeitig geschlachtet. Diesem Spiel wollten die anderen nicht mehr zusehen. Der Tag ist also nicht nur wichtig für die Ukraine, die die dringend benötigte Hilfe bekommt, sondern auch für die demokratische EU.
Der autoritäre Orban hat eine Niederlage kassiert. Er wollte heute nach Brüssel kommen, um aufzuräumen, das hat er seinem Volk versprochen. Nun musste er kleinlaut den Schwanz einziehen. Das tut ihm weh und der EU gut.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.