Österreich: ÖVP, SPÖ und Neos einigen sich auf Koalition

Koalition in Österreich:Worauf sich ÖVP, SPÖ und Neos geeinigt haben

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Rund 150 Tage nach der Wahl in Österreich haben sich ÖVP, SPÖ und Neos nun doch auf eine Koalition geeinigt. Im ersten Anlauf waren die Gespräche gescheitert.

Dreier-Koalition in Österreich
Präsentation in ganzer Länge: Hier stellen ÖVP, SPÖ und Neos ihr Regierungsprogramm vor.27.02.2025 | 47:10 min
Rund fünf Monate nach der Wahl in Österreich haben sich die konservative ÖVP, die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos auf die Bildung einer Regierung geeinigt. Am Ende der "vielleicht schwierigsten Regierungsverhandlungen in der Geschichte unseres Landes" stehe das Regierungsprogramm "Jetzt das Richtige tun. Für Österreich", sagte ÖVP-Chef Christian Stocker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Chef Andreas Babler und der Neos-Vorsitzenden Beate Meinl-Reisinger.
Stocker sprach von "historischen" und "weitreichenden" Herausforderungen, vor denen Österreich stehe. In einer "Zeit der Umbrüche" sei es wichtig, dass das Land nun eine "stabile und auch eine handlungsfähige neue Bundesregierung" bilden könne. Das gemeinsame Programm "für die Zukunft Österreichs" vereine "Vorstellungen und Prioritäten aller Parteien".
Austrian party leaders Christian Stocker of the Peoples' Party (OeVP), center, Andreas Babler of the Social Democrats (SPOe), left, and Beate Meinl-Reisinger of NEOS, right, address a news conference.
Nach fünf Monaten einigen sich die konservative ÖVP, die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos in Österreich auf eine Regierung – ein Bündnis gegen die Rechtspopulisten.27.02.2025 | 1:34 min

Was im Regierungsprogramm steht

Konkret nannten die Parteichefs unter anderem folgende Punkte:
  • Integration und Migration: Es soll ein verpflichtendes Integrationsprogramm über die Dauer von drei Jahren geben, während der es nur reduzierte Leistungen geben soll. "Wir wollen die Verpflichtung schaffen, dass jeder, der von unserer Gesellschaft etwas erhält, auch etwas zu dieser Gesellschaft beiträgt", sagte ÖVP-Chef Stocker. Für minderjährige Mädchen soll ein Kopftuchverbot erarbeitet und umgesetzt werden. Der Familiennachzug soll vorübergehend mit sofortiger Wirkung ausgesetzt werden.
  • Mieten und Wohnen: "Wir frieren die geregelten Mieten für ein Jahr komplett ein und steigen auch für die nächsten zwei Jahre stark auf die Bremse", sagte SPÖ-Chef Babler. Die maximalen Erhöhungen sollen 2026 ein Prozent und 2027 zwei Prozent betragen, ab 2028 soll eine nicht "inflationsdämpfende Regelung zur maximalen Erhöhung von Mietpreisen greifen".
  • Energiekosten: Das Regierungsprogramm sieht einen Sozialtarif für Energie vor. So sollten "besonders einkommensschwache Haushalte" entlastet werden, sagte SPÖ-Chef Babler. "Ein sicheres Zuhause und eine leistbare Energieversorgung sind Grundbedürfnisse, die wir für alle Menschen in Österreich gewährleisten möchten."
  • EU- und Ukraine-Kurs: Hier setzt die Koalition einen Kontrapunkt zu den EU-skeptischen Ansichten der rechten FPÖ, die kurz davor war, mit Herbert Kickl den Kanzler zu stellen. "Österreichs Handeln wird auch weiterhin von der Zusammenarbeit und der Solidarität innerhalb der Europäischen Union geprägt sein", heißt es im Programm. Auch bei der Ukraine-Hilfe soll der EU-Kurs mitgetragen werden. Österreich will eigens einen Ukraine-Koordinator installieren. Österreich ist kein Nato-Mitglied, die Unterstützung beschränkt sich auf humanitäre Hilfe.
  • Medien: Die Dreier-Koalition will die Medienlandschaft stärken - und "insbesondere jungen Menschen das Lesen von Qualitätsmedien nahebringen", wie SPÖ-Chef Babler betonte. "Deswegen soll es für alle jungen Menschen beispielsweise ein sogenanntes 'Meine Zeitung'-Abo geben, mit dem sie ein Qualitätsmedium ihrer Wahl abonnieren können." Gerade in Zeiten von Fake News und extremistischer Propaganda sei das ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Anliegen.  
 Die Parteivorsitzenden Andreas Babler (SPÖ), Christian Stocker (ÖVP) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) am Samstag, 22. Februar 2025, anl. eines Treffens mit Bundespräsident Van der Bellen in der Präsidentschaftskanzlei in Wien.
Fünf Monate nach der Wahl in Österreich haben sich drei Parteien auf eine Regierung geeinigt. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale stellen ihr gemeinsames Programm vor.27.02.2025 | 1:22 min

Zweiter Anlauf für Dreier-Koalition

Es war bereits der zweite Anlauf für eine in Österreich bisher einmalige Dreier-Koalition. Die Einigung steht aber noch unter Vorbehalt. Die Neos müssen noch das grüne Licht ihrer Parteibasis einholen. Das soll am Sonntag geschehen. ÖVP-Chef Christian Stocker soll das Bündnis als Kanzler anführen, SPÖ-Chef Andreas Babler übernimmt demnach den Posten des Vizekanzlers. 

Koalitionsgespräche im ersten Anlauf gescheitert

Nachdem die rechte FPÖ die Parlamentswahl im September gewonnen hatte, hatten die jetzigen Partner im Herbst 2024 Verhandlungen aufgenommen. Die Gespräche scheiterten aber rund um den Jahreswechsel. Danach bekam die FPÖ als Wahlsieger den Regierungsbildungsauftrag. Aber auch der Versuch, eine FPÖ-ÖVP-Koalition zu schmieden, scheiterte. Damit dauerte die Suche nach einer Regierung länger als 150 Tage - ein Rekord für Österreich.

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Quelle: dpa

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Quelle: Reuters, dpa, ZDF

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