Nordkoreas Armee in Russland: Was ihre Aufgabe sein könnte
Belege für Truppen in Russland:Wie Nordkoreas Armee eingesetzt werden könnte
von Christian Mölling, András Rácz
|
Nordkorea soll Russlands Armee im Angriffskrieg gegen die Ukraine verstärken. Dafür sehen mehrere Staaten Belege, darunter auch die USA. Wie könnten die Soldaten eingesetzt werden?
Nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes sollen nordkoreanische Soldaten russische Truppen im Ukraine-Krieg unterstützen. Auch die USA und Nato wollen hierfür Belege haben.23.10.2024 | 2:31 min
Sie ist höchstwahrscheinlich als letztes Warnzeichen sowohl an Moskau als auch an Pjöngjang gedacht, diese Truppen nicht zu Kampfhandlungen in der Ukraine einzusetzen.
Quelle: DGAP
... leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Aufgaben nordkoreanischer Soldaten noch unklar
In der Tat ist noch nicht klar, wie Moskau die nordkoreanischen Soldaten einsetzen will. Es gibt zwar Gerüchte über einen möglichen Kampfeinsatz, aber das wäre in der Tat extrem riskant und würde eine Reihe von ernsthaften Herausforderungen mit sich bringen.
Die vielleicht wichtigste hängt mit der (vermutlich sehr begrenzten) Interoperabilität der russischen und nordkoreanischen Truppen zusammen. Ausgehend von den verfügbaren Informationen sind die meisten nordkoreanischen Soldaten, die nach Russland entsandt werden, Infanteristen, jedoch ohne schwere Ausrüstung für die Kampfunterstützung oder Unterstützungselemente.
Meldungen über Nordkoreaner in Russland: Die Nato ist alarmiert. Generalsekretär Mark Rutte schickte eine deutliche Botschaft in Richtung Osten.23.10.2024 | 2:29 min
Sie haben ihre gepanzerten Fahrzeuge, Artillerie und andere Kampfunterstützungselemente nicht dabei. Sie werden wahrscheinlich in russischen Uniformen und mit russischer Ausrüstung eingesetzt. Das automatische Gewehr AK-74 stellt kein Problem für die Interoperabilität dar - aber das ist wahrscheinlich das einzige, bei dem das nicht der Fall ist.
Völlige Abhängigkeit von russischer Armee
Das Fehlen jeglicher Kampfunterstützung und Unterstützungselemente deutet darauf hin, dass die nordkoreanischen Soldaten im Falle eines Kampfeinsatzes vollständig von den russischen Streitkräften abhängig sein werden.
"Es sollen mehrere tausend Nordkoreaner von den Russen gegenwärtig trainiert werden", so Militäranalyst Hendrik Remmel.17.10.2024 | 12:59 min
Selbst die grundlegendste Logistik, der Nachrichtendienst, die Feuerunterstützung oder die medizinische Versorgung müssen von Russland bereitgestellt werden. Ein weiteres Problem ist die Kommunikation, das heißt in erster Linie Sprachprobleme, aber auch die Standards der Kommunikationsausrüstung.
Russische und nordkoreanische Armee haben keine Erfahrung in Kooperation
Außerdem haben die beiden Armeen keinerlei Erfahrung mit gemeinsamen Kampfeinsätzen. Selbst die bisherigen Militärübungen waren sowohl vom Umfang als auch von der Reichweite her sehr begrenzt. Daher kann ihre begrenzte Erfahrung in der Zusammenarbeit in einer realen Kampfsituation ernsthafte Probleme aufwerfen, was zu geringer Effizienz und hohen Kampfverlusten führt.
Außerdem haben die Nordkoreaner keinerlei Erfahrung mit Kampfeinsätzen hoher Intensität. Dies gilt insbesondere für Artilleriebeschuss, Drohnenkrieg und elektronische Kriegsführung, die alle sehr charakteristisch für das Schlachtfeld in der Ukraine, aber untypisch für die koreanische Halbinsel sind.
Satellitenbilder sollen zeigen, wie fast 2.000 Container mit Waffen von Nordkorea per Zug nach Russland gebracht wurden. Ein Munitionsdepot soll so deutlich gewachsen sein. 20.06.2024 | 1:04 min
Aufgaben der Grenzsicherung und Unterstützung wahrscheinlicher
In Anbetracht all dieser Herausforderungen in Bezug auf die Interoperabilität ist es wahrscheinlicher, dass Russland nordkoreanische Soldaten entweder als Kampfunterstützung oder als Unterstützungselemente, nicht aber als Kampfeinheiten an vorderster Front einsetzen wird.
Eine andere Möglichkeit, sie effizienter einzusetzen, ist die Bewachung und Verstärkung der russisch-ukrainischen Grenze, da sie in der Grenzsicherung sehr erfahren sind. In der Zwischenzeit könnten die russischen Streitkräfte, die sie ersetzen würden, entweder in der Ukraine oder in der Region Kursk eingesetzt werden.
Großer Nutzen für russische Propaganda
Unabhängig davon, welche Form des Einsatzes letztendlich erfolgt, ist bereits jetzt erkennbar, dass der russische Informationsapparat versucht, die Präsenz nordkoreanischer Soldaten zu nutzen.
Kürzlich wurden an mehreren Orten in der besetzten Ukraine nordkoreanische Flaggen gehisst, und sogar in den besetzten Gebieten Georgiens. Schlagzeilen westlicher Medien helfen, die Bedeutung dieses Engagement Nordkoreas zu überhöhen.
Die Atommächte Russland und Nordkorea haben nach Angaben von Kremlchef Putin gegenseitigen Beistand vereinbart - für den Fall eines militärischen Angriffs durch einen Drittstaat.19.06.2024 | 2:59 min
Wenn Russland - trotz aller Probleme mit der Interoperabilität - die Nordkoreaner für intensive Kampfeinsätze einsetzen will, muss es in Anbetracht der herannahenden Herbstregenzeit recht bald damit beginnen.
Sollten tatsächlich nordkoreanische Soldaten in den Kampf geschickt werden, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Ukraine versuchen würde, sie vorrangig zu treffen, um sowohl Moskau als auch Pjöngjang von weiteren Einsätzen abzuhalten.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.