Lunchbox-Verkauf in NYC: So überleben illegale Migrantinnen
Lunchboxen zum Überleben:Die Zehn-Dollar Mittagessen aus Manhattan
von Felicitas Wieder
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Jeden Tag verkauft Monica Mittagessen an die Bauarbeiter in Midtown Manhattan. Sie ist eine von vielen Migrantinnen, für die dieser Job überlebenswichtig ist.
Manhattans Bauarbeiter profitieren von den günstigen Lunchboxen, welche die Migrantinnen ihnen verkaufen: So bekommen sie ein günstiges Mittagessen.
Quelle: AP
In zwei großen Kühlboxen stapelt sich das wohl günstigste Mittagsmenü Manhattans. Monica öffnet die blaue Plastiktruhe und erklärt, was es an diesem Tag gibt: Hühnchen oder Schweinefleisch, serviert mit Reis, Bohnen und Kartoffeln. Dazu gibt es eine Suppe und ein Softdrink - typisch ecuadorianisch. Kostenpunkt: 10 US-Dollar. Für die 24-jährige Ecuadorianerin sind diese "lonches" (lateinamerikanischer Slang für Mittagessen) eine überlebenswichtige Einnahme neben ihrem regulären Job. Sie hat Gebärmutterhalskrebs und kann die Kosten ihrer Erkrankung sonst nicht stemmen.
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Neues Konzept für viele illegale Migrantinnen
Monica ist bei weitem nicht die einzige, die das neue Konzept umsetzt. Geht man zur Mittagszeit in Midtown Manhattan auf die Straße, hört man die Rufe "lonch, amigo, lonch" (zu deutsch: Mittagessen, Freund) von jeder Straßenecke. Die meisten von den überwiegend ecuadorianischen Verkäuferinnen haben, anders als Monica, keine Genehmigung und verkaufen illegal.
Monica berichtet, dass die Polizei schon öfters vorbeigekommen sei. Sie habe dann versucht, mit ihrer Erlaubnis auch für ihre Kolleginnen zu bürgen. Manche Verkäuferinnen seien auch einfach geflohen und hätten ihre Kühlboxen stehen gelassen. Das mögliche Strafmaß: eine 1.000 US-Dollar Geldstrafe oder eine Verhaftung - problematisch für das Asylverfahren.
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Ein Rettungsring in New York City
Für viele Migrantinnen ist dieser Job zur Zeit der einzige, den sie finden und ausüben können. So auch für Monicas Kollegin Rita. Sie ist geschieden, alleinerziehend und hat einen 5-jährigen Sohn. Solange er in der Schule ist, verkauft sie die Mittagessen. Für Monica hingegen ist das ihr dritter Job. Sie arbeitet primär als medizinische Assistentin und Pflegerin.
Zuvor hatte sie 68 Stunden pro Woche gearbeitet, aber dann habe sie zu viele Abgaben zahlen müssen und sei aus ihrer Krankenversicherung geflogen. Deshalb arbeitet sie nun offiziell weniger als 40 Stunden. Das Geld vom Lunch-Verkauf bekommt sie in bar. Unter anderem zahlt sie davon die Tabletten für ihre Chemotherapie. Ihre Träume für die Zukunft?
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Luisa Nenner, New York City
Die Nachfrage ist groß
Mit ihrem Lunch-Angebot lockt Monica die richtige Zielgruppe an. Schon kurze Zeit, nachdem sie ihre Station aufgebaut hat, ist sie von einem Schwarm an Bauarbeitern umgeben. Die Bauarbeiter haben meist weder Zeit und Geld, um in ein Restaurant zu gehen. Hier wird nicht nur ihr Hunger gestillt, sondern auch ihre Seele genährt - die meisten von ihnen sind Latinos. Das Nischen-Konzept ist für beide Seiten ein Gewinn.
Angst vor Abschiebungen durch Trump?
Auch wenn es den Anschein macht, als würden die Verkäuferinnen selbst kochen, ist das meist nicht so. Monica bezieht ihr Essen zum Bespiel von dem Restaurant ihrer Tante in Queens. Sie schickt täglich sechs Verkäuferinnen nach Midtown Manhattan.
Im Gegensatz zu Monica haben die meisten ihrer Bekannten keine Greencard - also Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis - oder sonstige Papiere. Nun hat der zukünftige Präsident Donald Trump radikale Massenabschiebungen angekündigt - haben sie nun Angst? Rita macht sich keine Sorgen. Sie zahle jedes Jahr ihre Steuern und sollte sie abgeschoben werden, dann sei es für sie auch okay.
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Überleben ist für Illegale so oder so schwer
Ein Bauarbeiter, der täglich bei Monica sein Mittagessen kauft, sieht sich ebenfalls ungefährdet: "Ich habe keine Angst, weil ich kein Dieb oder Straftäter bin. Ich arbeite und zahle meine Steuern." Trumps Politik gefällt ihm. Seine Meinung: Die, die nicht arbeiten würden und nur Schaden anrichten würden, sollten in ihr Land zurück geschickt werden. Für alle anderen wünscht er sich eine Arbeitserlaubnis.
Ob Trumps Drohungen wirklich wahr werden und wie sich die Situation für diejenigen ohne Papiere ändert, wird sich bald zeigen. In New York City zu überleben, ist für viele Migrantinnen und Migranten jetzt schon schwer genug.
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Quelle: ZDF
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