Israel: Netanjahu hat Gaza-Plan für "Tag nach Hamas"

    Israels Premierminister:Netanjahus Plan für "den Tag nach Hamas"

    Michael Bewerunge
    von Michael Bewerunge
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    Israels Regierungschef skizziert, wie die Zukunft Gazas nach dem Ende des Krieges aussehen soll. Dabei geht es vor allem um israelische Interessen. Wichtige Fragen bleiben offen.

    Israels Ministerpräsident Netanjahu, Archivbild
    Israels Ministerpräsident Netanjahu stellt seinen Plan für die Zeit nach dem Krieg vor.
    Quelle: dpa

    Monatelang schien es das Staatsgeheimnis Nummer eins in Israel zu sein: der Plan der Regierung für die Zukunft des Gazastreifens am Tag nach dem Ende des Krieges in Nahost, "The Day After". Jetzt hat Premierminister Benjamin Netanjahu seinem Sicherheitskabinett zum ersten Mal in groben Umrissen seine Vorstellungen für eine Nachkriegsordnung in Gaza und im Westjordanland vorgestellt. Titel: "Der Tag nach Hamas."
    Sehr konkret werden die Sicherheitsanforderungen Israels dargestellt, weniger eindeutig, wer die Zivilverwaltung und den Wiederaufbau übernehmen soll.
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    "Sicherheitsregime" soll Bedrohungen aus Gaza minimieren

    Der Gazastreifen ist längst so gut wie erobert, dennoch hatte Israels Regierungschef Netanjahu jede Diskussion über die Zukunft der Menschen dort und das Verhältnis zu Israel im Keim erstickt. Ein Vorschlag seines Verteidigungsministers Gallant wurde im Januar kurzfristig von der Tagesordnung des Kabinetts abgesetzt, obwohl Details bereits bekannt geworden waren.
    Jetzt hat Netanjahu auf dem Gallant-Plan aufbauend ein deutlich detaillierteres Konzept vorgelegt. Kern ist eine Art "Sicherheitsregime", mit dem Israel sicherstellen will, dass von Gaza keine Bedrohung mehr ausgeht.

    Israels Armee soll vorerst die Kontrolle haben

    In seinem Papier kündigt Netanjahu an, auf absehbare Zeit die vollständige Sicherheitskontrolle über den Gazastreifen übernehmen zu wollen. Das heißt, die israelische Armee soll jederzeit und überall in der Lage sein, kurzfristig jede Bedrohung militärisch ausschalten zu können. Dazu baut Israel bereits eine Straße quer durch den Gazastreifen, die das Gebiet in einen nördlichen und einen südlichen Abschnitt trennt.
    Im Grenzgebiet zu den israelischen Siedlungen hat Israel bereits von Nord nach Süd eine Pufferzone von etwa einem Kilometer angelegt und dafür tausende Häuser gesprengt. Dies widerspricht US-Vorstellungen, die Eingriffe in die territoriale Integrität von Gaza ablehnen. An der Grenze entlang zu Ägypten, im sogenannten Philadelphi-Korridor, will Israel ein eigenes Grenzregime errichten, das Waffenschmuggel effektiv verhindern soll. Ägypten und die USA sollen in diese Grenzüberwachung einbezogen werden, worauf Ägypten bisher sehr zurückhaltend reagiert hat.
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    Netanjahu-Plan greift nach Kontrolle im Westjordanland

    Alarmierend ist eine Passage, in der die Ausdehnung der Sicherheitskontrolle auch auf das Westjordanland angekündigt wird. Dort ist die Sicherheitskontrolle in drei Zonen zwischen Palästinensern und Israel aufgeteilt. Die palästinensische Autonomiebehörde hat zwar teilweise die Kontrolle über ihre Gebiete verloren, die Ankündigung Israels verstößt aber möglicherweise gegen das Oslo-Abkommen.
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    Netanjahus Plan hat eine entscheidende Lücke

    Deutlich schwammiger ist das Papier in der Frage, wer zukünftig die zivile Verwaltung und die Verantwortung für die öffentliche Ordnung übernehmen soll. Die sollen palästinensische Beamte übernehmen, die nicht mit der Hamas, dem islamischen Dschihad oder Staaten, die den Terror unterstützen, verbunden sind.
    Das Problem ist, dass solche Palästinenser schnell in den Ruf geraten könnten, Kollaborateure Israels zu sein und entweder in Gefahr geraten oder sich gar nicht erst in die Pflicht nehmen lassen. Deutschland und die USA favorisieren die Palästinensische Autonomiebehörde für diese Aufgabe, die sie ja schon vor dem Abzug der Israelis 2005 aus Gaza innehatte. Die gilt allerdings als korrupt, dringend reformbedürftig und ohne Rückhalt unter den Palästinensern.
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    Gaza-Plan dient vor allem der Sicherheit Israels

    Ebenfalls unklar, wie der Wiederaufbau gelingen soll. Der soll überhaupt erst nach der Demobilisierung von Gaza und dem Beginn eines "Deradikalisierungsprozesses" der Zivilgesellschaft erlaubt werden. Welche Länder den Wiederaufbau leiten und finanzieren sollen, bleibt offen. Israel behält sich bei der Auswahl ein Vetorecht vor.
    Ausdrücklich abgelehnt wird die Anerkennung eines palästinensischen Staates von außen. Nur Palästinenser und Israelis selbst könnten zu einer Einigung kommen. Wie diese denn aussehen könnte oder sollte, lässt Netanjahu, der erklärte Gegner einer Zwei-Staaten-Lösung, offen.
    Unterm Strich: Es geht vor allem - und verständlicherweise - um die Sicherheitsbedürfnisse Israels. Es geht wenig um den Aufbau einer neuen, einer anderen palästinensischen Zivilgesellschaft. Dabei liegt genau das auch im Eigeninteresse Israels.
    Orte im Gazastreifen

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    Beispiel Bundesrepublik? Was Netanjahu übersieht

    Premier Netanjahu zieht oft gerne den Vergleich zur deutschen Geschichte, zum Beispiel beim Thema der angestrebten "Deradikalisierung". Die hat er mit der erfolgreichen Entnazifizierung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg verglichen, die er als positives Beispiel für die gelungene Neuausrichtung einer Gesellschaft ausdrücklich lobt.
    Was er nicht erwähnt: dass die Sieger von damals, zumindest die westlichen Demokratien, den Deutschen - dem Volk der Nazi-Verbrecher - die Hand reichten. Nicht nur mit der Entnazifizierung, sondern auch mit dem Marshall-Plan gelangen der Wiederaufbau und die Integration eines demokratischen - und seitdem friedlichen - Deutschlands in die Staatengemeinschaft.

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