Experte zu Nato-Versprechen: "Für Kiew läuft die Zeit ab"

    Interview

    Nato-Hilfe für Ukraine zu spät?:Experte: "Für Kiew läuft die Zeit ab"

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    Die Nato sagt der Ukraine mehr Luftabwehr und Munition zu - aber ohne festen Liefertermin. "So kann man nicht weitermachen", meint Ex-General Ramms. Für Kiew "läuft die Zeit ab".

    Flugabwehrraketen-System Patriot
    Die Nato will die Ukraine verstärkt bei ihrer Luftabwehr unterstützen. Ex-Nato-General Ramms glaubt, Munitonslieferungen könnten relativ kurzfristig erfolgen. es sei aber zu wenig. 19.04.2024 | 8:18 min
    Neue Hoffnung für Kiew oder nur Trostpflaster? Die Staaten der Nato wollen der Ukraine nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg weitere Luftabwehrsysteme zur Verfügung stellen. "Die Nato hat bestehende Ressourcen innerhalb der Allianz erfasst und es gibt Systeme, die der Ukraine zur Verfügung gestellt werden können", sagte Stoltenberg nach einer Videokonferenz mit den Verteidigungsministern der Nato-Mitgliedstaaten und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
    Vorangegangen waren dramatische Hilfs-Appelle und die Bitte, Kiew mehr zu unterstützen.
    Sehen Sie oben das Interview in voller Länge oder lesen es hier in Auszügen:
    Das sagt Egon Ramms ...

    ... zu den nötigen Waffenlieferungen an Kiew

    "Da müssen aber einige mehr ganz tief in ihre Keller und Depots reinschauen", sagt Nato-General a.D. Egon Ramms ironisch. Ihm geht das alles "viel zu langsam". Nicht nur Luftverteidigung sei bedeutsam - wichtig sei vor allem Munition.
    Alles hänge davon ab, wie schnell diese geliefert werden könne. Die Amerikaner hätten die Produktion heruntergefahren, so Ramms. Es werde "erheblich Zeit brauchen, bis das hochgefahren wird, dass so viele Mengen produziert werden, dass die Ukraine geschützt ist und wir auch".
    Ukraine-Hilfe: "Gemeinsam sind wir stärker"
    "Wir tun so viel, wie wir können", so Elina Valtonen, Außenministerin in Finnland. "Das Versprechen Deutschlands, ein Abwehrsystem an die Ukraine zu liefern, ist dringend nötig."19.04.2024 | 5:19 min
    Der Krieg habe vor zwei Jahren begonnen, als "Aggression der Russen", sagt er im ZDFheute-live-Interview. "Wann hat man das endlich durch, warum hat man diese Appelle nicht schon vor einem Jahr gemacht?", fragt er.

    So kann man das nicht weitermachen. Die Zeit läuft ab.

    Egon Ramms, Nato-General a.D.

    ... zur Frage, ob die Nato die Mitglieder zur Hilfe zwingen könnte

    Es gebe keine Möglichkeiten für Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Nato-Mitglieder zur Hilfe zu zwingen, sagt Militär-Experte Ramms. Gar keine. "Das müssen", so der Ex-Militär, "die Staaten selber entscheiden, was sie abgeben wollen - und besser, was sie abgeben können". Alle Nato-Länder aber wollten natürlich "eine Linie nicht überschreiten, die uns zur Kriegspartei macht".
    Stoltenberg habe, so Ramms, bei dem Außenministertreffen der G7 auf Capri "auch den Satz gesagt, wenn er zu entscheiden hätte, ob es um die Erfüllung der Nato-Planziele geht und damit die Bevorratung der eigenen Munition für das eigene Land, dann würde er sich für die Unterstützung der Ukraine entscheiden". Das sei ein ganz wichtiger Satz und wenn dieser Satz von allen Nato-Mitgliedern geteilt würde, dann "hätten wir möglicherweise bei dem Thema Artillerie-Munition, vielleicht auch bei dem Thema Flugabwehr, eine veränderte Situation. "
    Ukraine-Hilfe: "Zu lange gewartet"
    "Beim Nato-Rat wird heute noch einmal der Ukraine Hilfe zugesagt werden, aber es dauert natürlich, bis die ankommt", berichtet ZDF-Reporter Luc Walpot zur aktuellen Lage in der Ukraine.19.04.2024 | 1:33 min

    ... zu geplanten Munitionslieferungen an die Ukraine

    "Es gibt jetzt die Initiative zum Thema Luftverteidigung. Es hat ja auch schon eine Initiative gegeben, wenn ich das richtig sehe, erfolgreich, durch den Präsidenten der Tschechischen Republik, Herrn Pavel, der ja Artilleriemunition eingesammelt hat, die offensichtlich auch noch, um bei einem Begriff von Herrn Stoltenberg zu bleiben, irgendwo in den Kellern der Bündnisstaaten gelegen hat.
    Und er hat diese 500.000 Schuss zusammengekriegt und diese werden sicherlich nicht heute und morgen, aber peu à peu an die Ukraine geliefert."

    ... zur Sinnhaftigkeit von Verhandlungen in der aktuellen Lage

    Auch wenn die Ukraine kein Nato-Mitglied sei, "dieses Land hat das Recht zur Selbstverteidigung", betont Egon Ramms. Es berühre ihn sehr, wenn nun bereits öffentlich Debatten laut würden, "von wegen, die Ukraine müsse in Friedensverhandlungen eintreten". Das habe ja auch Kanzler Olaf Scholz betont: "Wir brauchen keinen Diktatfrieden".
    Der Krieg könne zu Ende sein, aber nicht da, wo Russlands Präsident Wladimir Putin Gebiete besetzt hat. Und Ramms warnt: "Dann steht Russland in Transnistrien. Das wird sofort umfallen, weil ja dort auch russische Soldaten sind. Dann steht Russland vor Moldau. Und da muss man sich möglicherweise auch Gedanken darüber machen, was mit den ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen passiert". 

    Die Ukraine verteidigt unsere Freiheit.

    Egon Ramms, Ex-Nato-Genereal

    Das Interview führte ZDFheute-live-Moderatorin Christina von Ungern-Sternberg. Zusammengefasst hat es Elisabeth Jändl.
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    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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