Waffenhilfe für Ukraine: Nato kratzt an roter Linie
Waffenhilfe für Ukraine:Nato kratzt an roter Linie
von Florian Neuhann, Brüssel
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Nach zwei Jahren Krieg: Nato-Generalsekretär Stoltenberg fordert eine stärkere Rolle der Allianz bei der Unterstützung der Ukraine. Heute beraten die Nato-Außenminister darüber.
Was aktuell die USA übernehmen, soll künftig die NATO leisten: die Koordination von Waffenlieferungen für die Ukraine – Vorbereitung für den Fall, dass das US-Engagement nachlässt.03.04.2024 | 1:29 min
Zwei Jahre lang war die Rollenverteilung in diesem Krieg eigentlich klar: Mit der Lieferung von Waffen an die Ukraine wollte die Nato als Organisation nichts zu tun haben. Militärhilfe kam von einzelnen Mitgliedstaaten - koordiniert wurde das abseits der Nato im so genannten Ramstein-Format unter Führung der USA. Die feine Trennlinie hatte einen klaren Zweck: dem russischen Präsidenten Wladimir Putin keinen Vorwand zu liefern, die Nato selbst als Kriegspartei wahrzunehmen.
Putin ließ sich von dieser feinen Linie jedoch schon lange nicht beirren. Jetzt will auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg diese Rollenverteilung aufbrechen. Künftig, so sein Vorschlag, soll die Nato die Koordinierung der Waffenhilfe übernehmen. An diesem Mittwoch beraten die Nato-Außenminister auf ihrer Frühjahrstagung erstmals über Stoltenbergs Idee einer "Nato-Mission Ukraine".
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100 Milliarden Euro: Frisches Geld für die Ukraine?
Angefüttert werden soll die neue Rolle der Nato, so berichten Diplomaten, auch mit einem neuen Fonds für die militärische Unterstützung der Ukraine - die Rede ist von 100 Milliarden Euro über fünf Jahre. Ob es sich dabei um frisches Geld handeln soll oder ob dafür auch bereits geplante oder geleistete Hilfen zusammenaddiert werden, blieb bis zuletzt offen.
In den Reihen der Nato-Mitgliedstaaten kam der Vorschlag, so ist aus Kreisen der Allianz zu hören, unterschiedlich an. Vor allem Deutschland hatte sich zuletzt skeptisch gezeigt - aus Sorge, die Nato würde dadurch tiefer in diesen Krieg gezogen werden.
Baerbock sieht Stoltenbergs Plan skeptisch
So sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Rande des Nato-Außenministertreffens in Brüssel, es dürfe keine Dopplung der Zusagen von Nato und EU geben. "Deswegen halte ich es jetzt nicht für sinnvoll, wieder über einzelne Größen hier zu diskutieren" und mit solchen Zahlen "in der Luft zu jonglieren", sagte sie.
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Baerbock verwies zudem darauf, dass Deutschland bereits 32 Milliarden Euro an ziviler und militärischer Unterstützung für die Ukraine geleistet habe. "Es ist auch vollkommen klar, dass wir weitere Zahlungen leisten müssen", sagte sie - auch zum eigenen Schutz. Über die Größenordnung sei aber noch zu diskutieren.
Zustimmung signalisierte Baerbock dagegen für Stoltenbergs Vorschlag, die Koordinierung der Ukraine-Hilfen von den USA auf die Nato zu übertragen. Es sei "richtig und wichtig", dies in "wirklich strukturierte, verlässliche, langfristige Strukturen zu gießen", sagte sie.
Ein Vorteil der neuen Nato-Rolle könnte darin bestehen, dass die Unterstützung langfristig auf sichere Beine gestellt werden könnte - auch im Hinblick auf einen möglichen Wahlerfolg von Donald Trump in den USA.
Ein Riss geht durch die Nato
Stoltenbergs Vorschlag kommt mitten in einen großen strategischen Konflikt im Herzen der Allianz. Angeführt von Frankreichs Präsident Macron drängen einige Mitgliedstaaten darauf, die Ukraine deutlich stärker zu unterstützen als bisher - und wollen dabei auch die Entsendung von Bodentruppen zumindest nicht ausschließen. Dahinter steht die Idee von "strategischer Ambiguität": Man dürfe Putin nicht alle Karten auf den Tisch legen, indem man vorab ständige rote Linien definiere.
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Es ist eine Idee, der sich andere, angeführt vom deutschen Bundeskanzler Scholz, vehement entgegenstellen. Die Entsendung von Bodentruppen sei "die röteste aller roten Linien", heißt es dazu aus Diplomatenkreisen.
Weimarer Dreieck will Europa stärken
Der Konflikt zwischen Scholz und Macron spaltet die Nato weiterhin - worüber auch ein Gastbeitrag nicht hinwegtäuschen kann, den die Außenminister von Frankreich, Polen und Deutschland pünktlich zum Außenministertreffen im Nachrichtenportal "Politico" veröffentlichen. Darin versprechen Annalena Baerbock, Stéphane Séjourné und Radoslaw Sikorski, man wolle die Unterstützung für die Ukraine "so lange wie nötig und so intensiv wie nötig" fortsetzen.
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Ukraine verliert weiter an Boden
Doch während die Nato diskutiert, verliert die Ukraine weiter an Boden. Zuletzt drohte der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj im Interview mit der Washington Post gar mit einem teilweisen Rückzug seiner Truppen, sollte insbesondere aus den USA keine neue Hilfe kommen.
"Es gab in den letzten Monaten eine lange Diskussion darüber, ob ein Patt möglich ist zwischen der Ukraine und Russland - jetzt müssen wir sagen, dass der Westen und die Ukraine sich bei einem Patt glücklich schätzen könnten", sagt die Russland-Expertin Liana Fix vom Council on Foreign Relations in Washington zu ZDFheute. "Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass Russland die Chance haben wird, im Sommer Durchbrüche zu erreichen."
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.