Odessa war bis zu Russlands Angriff auch Heimat vieler Muslime. Wer dageblieben ist, hat den Ramadan unter schwierigen Bedingungen verbracht. Jetzt feiern sie das Fastenbrechen.
Menschen muslimischen Glaubens feiern weltweit das Ende des Ramadan. Auch in der ukrainischen Stadt Odessa, wo seit Kriegsbeginn die Zahl der Krimtataren zugenommen hat.10.04.2024 | 2:00 min
Der Garten des islamischen Kulturzentrums Al Massar in Odessa ist mit Teppichen ausgelegt, goldene Luftballons sorgen zusätzlich für ein festliches Ambiente. Auf den Teppichen haben sich in mehreren Reihen etwa einhundert Männer und ihre Söhne versammelt, hinter ihnen ist der Platz für Frauen und Töchter: Im Norden der ukrainischen Stadt am Schwarzen Meer feiern sie an diesem Morgen des Ende des Ramadan.
Krieg kennt keine Rücksicht auf Religion
Gerade hat Imam Hamza Isa die ersten Worte in das Mikrofon gesprochen, da jault hoch über den Gläubigen ein Geschoss der Luftabwehr über den Himmel und zerbirst in einem lauten Knall. Offenbar war es auf eine russische Aufklärungsdrohne gezielt.
Die Menschen in der ukrainischen Hafenstadt müssen täglich mit Luftangriffen rechnen. Nach zwei Jahren Krieg sind die potenziell tödlichen Angriffe zum Alltag geworden.24.02.2024 | 2:01 min
Väter drücken ihre kleinen Söhne an sich, Kinder schauen ängstlich nach oben und zeigen in den Himmel auf einen Kondensstreifen. Solche Streifen gehören hier nicht hin, wo schon seit zwei Jahren kein Flugzeug mehr in friedlicher Mission unterwegs ist.
"Das macht uns Angst", sagt Imam Hamza Isa im Anschluss an das Gebet, zu dem sich Gläubige aus vielen Teilen der muslimischen Welt versammelt haben. "Wir sind alle nur Menschen. Vor allem, weil wir hier Kinder und Frauen haben, machen wir uns Sorgen."
Ab Mai erwartet die Ukraine eine neue russische Offensive. Präsident Selenskyj ist zu weiterer Mobilisierung gezwungen. Die Ukraine fordert fast täglich zusätzliche Flugabwehrsysteme.05.04.2024 | 2:04 min
Viele Muslime haben Ukraine verlassen
Vor dem Krieg waren etwa zwei Millionen Menschen in der Ukraine muslimischen Glaubens, viele haben, so hören wir hier, das Land inzwischen verlassen, genaue Zahlen gibt es nicht. Internet und grenzüberschreitende Fluchtbewegungen lassen nur noch einen groben Überblick über die Verteilung der Menschen in den Gebieten, die Russland nicht besetzt hat.
Mutmaßlich den größten Anteil an Menschen muslimischen Glaubens dürften Krimtataren haben. Viele leben auf der von Russland widerrechtlich annektierten Halbinsel. Andere, wie Fevzi Mamutov, leben über die Ukraine verstreut im Exil.
Fevzi war früher Ringer, international erfolgreich. Nach seiner Flucht hat er sich in Odessa niedergelassen. Er ist der erste Krimtatar, der ins Regionalparlament der Schwarzmeermetropole gewählt wurde. "Wir haben uns an den Krieg gewöhnt, an den Beschuss gerade eben, das ist leider alltäglich geworden", erzählt er, während die Gläubigen das Ende des Fastenmonats feiern.
Die russische Armee setzt nach ukrainischen Angaben ihre Bodenoffensive im Osten und Süden der Ukraine fort. Die Region um Odessa wurde mit Kampfdrohnen angegriffen.05.03.2024 | 0:21 min
Fevzi Mamutov kümmert sich jetzt um vertriebene Landsleute auch von der Krim. Dass es seinen Glaubensbrüdern dort nicht gut geht, dass sie von russischen Besatzern unterdrückt und gedemütigt werden, davon erzählt er in seinem Büro. Es ist vollgestopft mit Erinnerungen an die Heimat: Karten, Bilder, Fahnen und Fotos, die ihn zusammen mit prominenten Politikern von der Krim zeigen, wie Rustem Umerow, seit letztem Sommer Verteidigungsminister in Kiew.
Mamutow und seine Getreuen unterstützen die Armee, nähen endlos lange Tarnnetze. Vor kurzem haben sie gesammelt und für das Militär Autos gekauft. Mehrere, so erzählt er, seien nebeneinander geparkt gewesen, einige unter freiem Himmel. Die habe die russische Luftaufklärung entdeckt und umgehend beschossen.
Auch aus diesem Grund schießt die ukrainische Luftabwehr auf die ständig am Himmel kreisenden Aufklärungsdrohnen Moskaus. Aus dem gleichen Grund nähen Mamutows Leute ständig an neuen Tarnnetzen.
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Fastenbrechen: Manche Muslime feiern einsam
Längst nicht alle Muslime von Odessa können das Ende des Ramadan gemeinsam feiern. Akram Aslanow ist Soldat. Er stammt aus den besetzten Gebieten am Ostufer des Dnipro bei Cherson. Er erzählt:
Im Garten des islamischen Kulturzentrums Al Massar bauen sie für die Kinder eine große Hüpfburg auf. Die Erwachsenen haben bei Blätterteiggebäck und süßer Limonade mit dem Ramadan abgeschlossen. Für ein paar Augenblicke haben sie den Krieg vergessen, der sie auch in den großen Städten wie Odessa immer öfter erreicht.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.