Wie Elon Musk als Oligarch die USA verändert - ein Interview

    Interview

    Soziologin warnt:Wie Musk & Co. die US-Demokratie aufkaufen

    Anna-Kleiser vor dem US-Kapitol
    von Anna Kleiser, Washington D.C.
    |

    Wer Geld hat, hat politische Macht: in den USA nicht neu. Doch die Soziologin warnt: Milliardäre wie Musk "haben eine sehr antidemokratische Vision, die sie uns aufzwingen wollen."

    Elon Musk (links) in Lederjacke begrüßt den künftigen US-Präsidenten Donald Trump (rechts), der einen blauen Anzug und eine rote Basecap, mit einer Umarmung.
    Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, begrüßt den künftig mächstigsten Mann der Welt, Donald Trump, vor einem Starsphip-Testflug. Im Wahlkampf war Musk einer der wichtigsten Helfer Trumps.
    Quelle: AP

    Im Wunschkabinett und erweiterten Team des künftigen US-Präsidenten Donald Trump tummeln sich gleich mehrere Milliardäre. Dabei sticht vor allem einer heraus, der reichste Mann der Welt: Elon Musk.
    Musk wich nach der Wahl kaum von Trumps Seite, wurde von Trumps Enkelin als "Onkel" bezeichnet und sieht sich als "First Buddie" Trumps - übersetzt "Erster Kumpel" in Anlehnung an die Bezeichung der First Ladies. Er soll künftig Regieren effizienter machen, massive Interessenskonflikte inklusive.
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    Fachleute warnen, die USA steuern auf eine Oligarchie zu. US-Soziologin Brooke Harrington erforscht Superreiche seit Jahren - und zeigt sich im ZDFheute-Interview sehr alarmiert.
    ZDFheute: Sie haben gesagt, wenn die Amerikaner wüssten, was gerade wirklich passiert, wären sie beunruhigter. Was passiert denn gerade?
    Brooke Harrington: Zum ersten Mal besteht die reale Möglichkeit, dass ungewählte Milliardäre nicht nur ein direktes Mitspracherecht haben, wie die Regierung arbeitet, sondern uns auch ihre ganz eigene politische Vision von Amerika aufzwingen.



    ZDFheute: Sie forschen seit Jahren auf dem Gebiet von Macht und Reichtum. Was ist nach dieser Wahl anders?
    Harrington: Amerika hat schon immer das Problem, dass reiche Leute ein unverhältnismäßig großes Mitspracherecht in unserer Politik haben. Wir haben nicht die Kontrollmechanismen für Geld in der Politik, die die meisten europäischen Länder haben. Die alten Oligarchen wollten Steuern senken und weniger Regulierung. Doch die Broligrachen - Männer aus dem Silicon Valley wie Elon Musk und Vivek Ramaswamy, Mark Andreessen, Peter Thiel, sogar Jeff Bezos - sind anders.

    Sie haben eine politische, sehr antidemokratische Vision, die sie uns aufzwingen wollen.

    Brooke Harrington

    ZDFheute: Wie sieht diese Vision aus?
    Harrington: Es würde im Grunde bedeuten, dass sie alle Ressourcen des Landes horten und den Rest von uns für sich arbeiten lassen. Ähnlich wie in Russland nach Glasnost und dem Fall der Berliner Mauer: Eine Handvoll Personen, die unfassbar reich ist, während der Rest der Bevölkerung verarmt.
    ZDFheute: Was glauben Sie, wie groß ist der Einfluss der Tech-Bros auf Trumps Regierung?
    Harrington: Ich hoffe, er ist geringer ist als das, was Leuten wie Ramaswamy und Musk öffentlich angeboten wird. Eines der Dinge, die mir am gefährlichsten erscheinen, ist, dass die Broligarchen alle viel Kryptowährung besitzen. Die Anerkennung von Kryptowährungen als Konkurrenz oder Ersatz des US-Dollars würde vermutlich die katastrophalen globalen Auswirkungen der Finanzkrise von 2008 bei weitem in den Schatten stellen.
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    ZDFheute: Elon Musk ist der sichtbarste "Broligarch". Was ist an ihm besonders?
    Harrington: Er stammt aus einer Familie, die nie wirklich an eine pluralistische Demokratie geglaubt hat. Musk hat in den USA eine Menge Geld mit unserer höchst unvollkommenen, aber dennoch pluralistischen Demokratie verdient. Und jetzt spricht er sehr laut davon, wie er sie zerstören will. Er verbreitet etwa die Idee, dass es anstelle der Demokratie eine Herrschaft von "mächtigen Männern" geben solle. Mit anderen Worten: Menschen wie Elon Musk.

    Es ist noch nicht lange her, da haben wir auf solche Spinner gezeigt und sie ausgelacht - jetzt haben sie unsere Demokratie gekauft.

    Brooke Harrington

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    ZDFheute: Viele Menschen sind vom aktuellen System frustriert, haben für massive Veränderungen gestimmt. Könnte der Wandel, den Sie beschreiben, auch etwas verbessern?
    Harrington: Veränderung ist nicht unbedingt schlecht, aber man muss wissen, dass das Motto der Broligarchen, wie Mark Zuckerberg sagte, lautet: "Move fast and break things".
    Die Amerikaner haben diese unvollkommene, aber wirklich wunderbare Sache, für deren Erhalt Generationen unserer Vorfahren gekämpft haben und gestorben sind: die Demokratie. Und jetzt sagen sie: "Wir brauchen eine Veränderung".

    Und ihre Lösung besteht darin, Brandstiftern Benzinkanister und Streichhölzer in die Hand zu drücken.

    Brooke Harrington

    Ich glaube, es gibt kaum Beispiele, wo das in Brand setzen des Systems oder die Übergabe der Schlüssel an destruktive Menschen zu produktiven Veränderungen führt.
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    ZDFheute: Sie sehen eine Bedrohung für die Demokratie - was können Gesellschaften und Regierungen tun, um Kontrolle zurückzuerlangen?
    Harrington: Einzelne Länder können sie nicht mehr eindämmen.

    Das macht Organisationen wie die Europäische Union umso wichtiger.

    Brooke Harrington

    Ich hoffe, dass diese Art transnationale Institutionen bewahrt und gestärkt werden, denn sie gehören zu unseren einzigen Hoffnungen, um diese Broligarchen in die Schranken zu weisen und ihre Aushöhlung der Demokratie und sogar des Kapitalismus zu verhindern.
    Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.

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