Terror bei Moskau: Warum Putin Kiew nennt - und nicht den IS
Interview
Experte zu Terror bei Moskau:Warum Putin Kiew nennt - und nicht den IS
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Zu dem Anschlag bei Moskau hat sich die Terrorgruppe ISPK bekannt. Warum Putin trotzdem die Ukraine mit dem Angriff in Verbindung bringt, erklärt Militärexperte Lange.
Sehen Sie hier das Interview mit Sicherheitsexperte Nico Lange.23.03.2024 | 2:41 min
Bei einem Terroranschlag bei Moskau sind am Freitagabend mindestens 137 Menschen getötet und 182 verletzt worden.
Die Angreifer schossen und warfen einen Brandsatz - die Konzerthalle Crocus City Hall stand bis Samstagmorgen in Flammen.
Ein Ableger der Terrormiliz IS - die Terrorgruppe ISPK - reklamiert die Tat für sich.
Russlands Präsident Putin deutete dennoch eine ukrainische Spur hinter dem Angriff an - ohne Beweise vorzulegen.
Elf Menschen wurden festgenommen.
Russland begeht am Sonntag einen nationalen Trauertag zu Ehren der Opfer.
Nach dem Terroranschlag auf eine Konzerthalle nahe Moskau deutet vieles auf die Terrorgruppe ISPK als Urheber der Tat hin. Sie hat sich zu dem Anschlag bekannt, Experten halten das für glaubwürdig. Trotzdem versucht der Kreml, die Ukraine mit dem Angriff in Verbindung zu bringen. Militärexperte Nico Lange erklärt im ZDF spezial zum Terror bei Moskau, welche Auswirkungen der Anschlag auf den Ukraine-Krieg haben könnte, wie geschwächt das russische Machtsystem ist und wie sich die Reaktion von Wladimir Putin einordnen lässt.
Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Nico Lange ...
... zum Zustand der russischen Sicherheitsbehörden
Die Terrorattacke hat aus Sicht von Nico Lange die "Schwäche des russischen Machtsystems" offengelegt. So habe der Sicherheitsapparat trotz Warnungen vor der Gefahr eines Anschlags durch den Islamischen Staats (IS) und dessen Ableger ISPK den Angriff mit mehr als 100 Toten nicht verhindern können - erst nach etwa einer Stunde seien die Einsatzkräfte vor Ort gewesen.
Der Anschlag in Moskau sei mit großer Wahrscheinlichkeit vom "Islamischen Staat" (IS) verübt, so die Einschätzung des Terrorismus-Experten Peter Neumann.23.03.2024 | 2:36 min
Diese Schwäche werde der Kreml nun "durch aggressive Rhetorik, durch besonders hartes Vorgehen" versuchen zu überspielen. "Möglicherweise auch durch Propaganda, um das Ganze in Richtung Ukraine zu drehen", sagt Lange.
Quelle: Tobias Koch
... arbeitet für die Zeitenwende-Initiative bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Von 2004 bis 2006 forschte und lehrte er in St. Petersburg. Später leitete er die Auslandsbüros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine und in den USA. Von 2019 bis 2022 war er Leiter des Leitungsstabes im Bundesministerium der Verteidigung.
... zu möglichen Folgen des Terroranschlags für den Ukraine-Krieg
Dass der Anschlag nahe Moskau Auswirkungen auf das Geschehen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben wird, erwartet Nico Lange nicht: Denn Russland versuche bereits alles, "was es kann" und erreiche trotzdem nicht "seine militärischen Ziele". Dennoch geht der Militärexperte davon aus, dass die Diskussionen innerhalb Russlands und auch zwischen dem Kreml und Kiew an Schärfe zunehmen werden.
Das gelte "insbesondere in einer Zeit, in der Europa zögert und die Hilfe für die Ukraine aus den USA unsicher ist".
Nach den Angriffen auf eine Konzerthalle bei Moskau laufen die Ermittlungen. Welche Folgen der Anschlag hat und wie das Bekenntnis des IS aufgenommen wird, berichtet Armin Coerper.23.03.2024 | 1:21 min
... zur Reaktion von Putin auf den Angriff bei Moskau
Putin stehe nun vor einem "Dilemma". Wenn er anerkenne, dass der IS hinter dem Anschlag stecke, dann müsse der russische Präsident mit Härte gegen die Terrorgruppe vorgehen.
Die Terrormiliz Islamischer Staat hat sich zu dem Anschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau bekannt. Wer steckt hinter dieser IS-Splittergruppe und warum war Russland das Ziel?23.03.2024 | 1:47 min
Deshalb wolle Putin trotz des IS-Bekenntnisses Kiew mit der Attacke in Verbindung bringen, um die Konzentration auf den Ukraine-Krieg zu lenken.
Doch eine Situation, in der es Anschläge durch den IS in Russland gibt und der Kreml gleichzeitig in seinem Krieg in der Ukraine gebunden ist, das sei "für Russland eine ganz große Gefahr und könnte auch zu einer Destabilisierung innerhalb des Landes beitragen", sagt Nico Lange.
Zu dem tödlichen Anschlag bei Moskau hat sich ein Ableger des IS bekannt. In den letzten Jahren gab es auch in Deutschland immer wieder Festnahmen im Zusammenhang mit der Gruppe.