Italien: Könnte die US-Wahl Melonis Kurs ändern?

    Italien und die US-Wahl:Trump könnte Melonis Kurs ändern

    von Andreas Postel und Francesco Conte
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    Nach zwei Jahren prahlt Meloni innenpolitisch mit Erfolgen, außenpolitisch zeigt sie sich kompromisswillig. Doch Trump könnte ein ganz anderes Gesicht von Meloni offenbaren.

    Giorgia Meloni hat ihren Kopf auf ihre Hand gestützt.
    Zwei Jahre im Amt: Giorgia Meloni prahlt mit ihren innenpolitischen Erfolgen. Kritiker halten diese jedoch für übertrieben.
    Quelle: Reuters

    Während auch Giorgia Meloni auf das Ergebnis der US-Wahlen wartet, hält sich die italienische Regierungschefin in der Außenpolitik zurück. Unvergessen der Kuss, den ihr US-Präsident Joe Biden bei ihrem USA-Besuch Anfang März 2024 gab. Es war nur eine symbolische Geste, aber eine, die Meloni in Verlegenheit brachte und Matteo Salvini, einem entschiedenen Anhänger von Donald Trump, das Feld überließ.

    Meloni prahlt mit übertriebenen Zahlen

    In der Zwischenzeit hat die Regierung Meloni die ersten zwei Jahre ihrer Amtszeit erreicht. Statt einer Pressekonferenz wurde eine schriftliche Zwischenbilanz voller umstrittener Daten vorgelegt, um Fragen von Journalisten zu vermeiden. Darin schmückt sie sich mit einer Reihe von Rekorden. Das beginnt mit der Zahl der Erwerbstätigen, die über 24 Millionen betrage, und der Beschäftigungsquote, die bei 62,3 Prozent liege.
    "Die höchste Zahl seit Garibaldi Italien geeint hat", sagte Meloni im Fernsehsender Mediaset. Eine Übertreibung, könnte man sagen, auch weil Italien zur Zeit der Einigung 26,3 Millionen Menschen zählte. Auch die Daten zum Bruttoinlandsprodukt seien übertrieben, so Kritiker, da sie größtenteils das Ergebnis der natürlichen Erholung nach der Pandemie darstellten.
    Schaltgespräch Reski Slomka
    "Es wurden fast alle Stellen von linientreuen Parteigängern Melonis besetzt," so Journalistin Petra Reski. In Kultur, Verwaltung und Medien. Meloni führe das Erbe Mussolinis fort. 25.04.2024 | 5:27 min
    Das BIP im Jahr 2023, so die Regierung, sei höher als der europäische Durchschnitt. Eine korrekte Zahl, wie die Experten betonen, die aber nicht die tatsächliche Situation der italienischen Bürger widerspiegelt. Tatsächlich liegt das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bei 28.880 Euro und damit unter dem europäischen Durchschnitt von 29.280 Euro.

    Römische Übertreibungen

    Die Website "Lavoce.info" spricht ausdrücklich von einer mangelnden Kontextualisierung der Daten. Sie führt als Beispiel die Daten zum nationalen Plan für Aufbau und Resilienz (PNRR) an, bei dem die Regierung behauptet, "in Europa an erster Stelle zu stehen, was die erreichten Ziele angeht".
    Diese Aussage ist zwar richtig, bezieht sich aber auf die Anzahl der Ziele in absoluten Zahlen, nicht aber auf den Prozentsatz. Berücksichtigt man die Tatsache, dass Italien das Land ist, das die meisten Mittel aus dem Nationalen Reformprogramm der EU (NRP) erhalten hat, so liegt der Prozentsatz der erreichten Ziele in Italien nach Frankreich und Dänemark an dritter Stelle.

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    Analyse

    Was hat Meloni in Sachen Einwanderung erreicht?

    Ähnlich verhält es sich mit der Einwanderung. Es ist das wichtigste Thema der italienischen Regierung, die sich über einen Rückgang der Anlandungen zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 21. Oktober 2024 um 61 Prozent freut.
    Diese wird jedoch nach den Daten von Frontex durch einen Anstieg um 153 Prozent auf der Westroute in Spanien und um 57 Prozent auf der Ostroute in Griechenland ausgeglichen. Kurzum, die irregulären Migrationsströme sind keineswegs unterbrochen, sondern haben sich nur verlagert, wie dies schon seit Jahrzehnten der Fall ist.

    Streit zwischen Meloni und Salvini

    Und gerade in der Frage der Einwanderung wird innerhalb der Regierung Meloni ein Führungsstreit zwischen Giorgia Meloni und ihrem Vizepremier und Infrastrukturminister Matteo Salvini sichtbar. Für Salvini hat die Staatsanwaltschaft von Palermo unterdessen eine sechsjährige Haftstrafe im Open-Arms-Prozess beantragt, in dem er beschuldigt wird, als damaliger Innenminister 2019 die Landung eines NGO-Schiffs in Italien untersagt zu haben.
    Der Vorwurf lautet unter anderem: Entführung. Diese schwerwiegende Anschuldigung versucht Salvini für sich zu nutzen, in dem er behauptet, die Grenzen des Landes verteidigt zu haben. Giorgia Meloni hingegen muss befürchten, dass sie Glaubwürdigkeit in der Einwanderungsfrage einbüßt, solange das Albanien-Abkommen zur Rückführung von irregulären Mittelmeerflüchtlingen nicht funktioniert.
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    Italiens rechte Ministerpräsidentin Meloni will ihr Modell zur Unterbringung von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU mit einem neuen Erlass retten.22.10.2024 | 1:30 min

    Schwenkt Meloni bei Trump um?

    Laut einem Schreiben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vom 14. Oktober kann die EU "auch in der Praxis Lehren aus dieser Erfahrung ziehen". Und in der Praxis gibt es rechtliche Hindernisse, die für Meloni jedoch keinen Einfluss auf den Erfolg des Abkommens haben werden.
    Dafür setzt die Regierung Meloni jetzt auf eine Justizreform und versucht, den aus ihrer Sicht linken Richtern, die seit Berlusconis Zeiten der größte Feind der Mitte-Rechts-Regierung sind, die Macht zu entziehen.
    Während Meloni in Europa nicht mehr als Gefahr für die italienische Demokratie angesehen wird, könnte die mögliche Rückkehr von Donald Trump an die Macht in den USA ein anderes Gesicht der Regierung Meloni offenbaren. Das Gleichgewicht zwischen Orban und den Souveränisten auf der einen Seite und der Pro-NATO und transatlantischen Position auf der anderen Seite könnte Geschichte sein, sollte Trump das Rennen um das Weiße Haus gewinnen. Dann könnte auch die Meloni-Regierung umschwenken.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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