Nach Trump-Attentat: "Mehr Gewalt im US-Wahlkampf möglich"

    Annika Brockschmidt bei "illner":"Mehr Gewalt im US-Wahlkampf möglich"

    von Micha Wagenbach
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    Wie ist die Lage nach dem Attentat auf Donald Trump? Die Journalistin Annika Brockschmidt sieht noch Chancen für Biden - aber warnt auch vor dem Republikaner-Duo Trump-Vance.

    A woman buys a copy of the British Mail on Sunday newspaper at a newsagents in London, Sunday, July 14, 2024, showing the reaction to events at former President Trump's campaign rally in Butler, Pennsylvania.
    Der mutmaßliche Attentäter, der auf Trump schoss, war ein 20-Jähriger aus Pennsylvania. Sein Motiv ist noch unklar. 14.07.2024 | 0:54 min
    Während die Demokraten immer noch streiten, ob sie wirklich mit Joe Biden ins Rennen gehen wollen, scheint Donald Trumps Wahlsieg immer wahrscheinlicher. Annika Brockschmidt, Journalistin und Autorin, hält dagegen: Im Wahlkampf müsse man sich möglicherweise auf mehr Gewalt einstellen, doch für Biden ist noch nicht alles komplett aussichtslos.

    Annika Brockschmidt
    Quelle: Rowohlt Verlag | Foto: Frederike Wetzels

    ... ist Historikerin und Journalistin, sie schreibt unter anderen für die "Zeit" und den "Tagesspiegel" vornehmlich über Themen rund um die US-Politik. Ihr aktuelles Buch: "Die Brandstifter. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen" 

    ZDFheute: Ist Trump nach dem überstandenen Attentatsversuch vom Sonntag unbesiegbar?
    Annika Brockschmidt: Das halte ich für reine Spekulation. Es wird eher ein Mobilisierungseffekt auf die eigene, ohnehin schon überzeugte Basis haben - was aber in der US-Wahl, die wahrscheinlich so knapp sein wird wie beim letzten Mal, einen Effekt haben kann. Aber es ist übertrieben zu sagen, dieses Foto von Trump mit der erhobenen Faust vor der amerikanischen Flagge hat die Wahl entschieden. Das sehe ich nicht.
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    ZDFheute: Wie beurteilen Sie seine Entscheidung, J. D. Vance als Vize-Präsidenten vorzuschlagen?
    Brockschmidt: Die Entscheidung für Vance halte ich aus politischer Sicht für eine schräge Wahl. Das kann ich mir nur damit erklären, dass man sich im Trump-Wahlkampfteam extrem sicher ist, dass man im November haushoch gewinnen wird. Normalerweise bringt ein Vize-Präsidentschaftskandidat entweder einen Staat mit - was bei Vance sinnfrei ist, denn Ohio befindet sich bereits in Trumps Tasche. Oder er soll noch eine skeptische Wählergruppe überzeugen.

    "maybrit illner" mit dem Thema "Amerika nach dem Attentat" - sehen Sie die Sendung an diesem Donnerstag, 18. Juli 2024, um 22:15 Uhr im ZDF.

    Der einzige Grund, warum die Wahl auf Vance gefallen ist, ist, dass der in den letzten Wochen immer wieder in jedes Mikrofon gesagt hat, dass er sich - anders als Mike Pence - am 6. Januar 2021 Trump nicht in den Weg gestellt hätte. Er hat diesen versuchten Staatsstreich, den Sturm aufs Kapitol, mehrfach verharmlost und gesagt, dass er die Zertifizierung der Electoral-College-Stimmen als Vizepräsident nicht durchgewunken hätte.
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    ZDFheute: Die Qualifikation von Vance ist also seine absolute Loyalität …
    Brockschmidt: Ja, das war sein Pitch für die Stelle. Und der ist offensichtlich angekommen. Noch vor ein paar Jahren sagte Vance, dass er es für möglich hält, dass Trump 'Amerikas Hitler' ist. Das ist purer Opportunismus. Aus PR-Sicht ist es gut, dass er sich nun ein bisschen über sich und seine früheren Statements lustig macht, aber gleichzeitig an jeder Stelle demonstriert, dass er Trump gegenüber absolut loyal ist. Das kommt bei der Basis gut an.
    ZDFheute: Ist Biden jetzt völlig ohne Chance?
    Brockschmidt: Vier Monate sind in einem Präsidentschaftswahlkampf und in unserer Medienlandschaft eine lange Zeit. Wäre ich demokratische Strategin, würde ich nachts trotzdem nicht mehr gut schlafen. Es ist nicht komplett aussichtslos, aber es sieht auch wirklich nicht gut aus im Moment. Und ich sehe keinen Hinweis darauf, dass dieser Trend, dass Biden deutlich zurückliegt, sich so bald ins Gegenteil umkehren wird.
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    ZDFheute: Werden wir uns auf noch mehr Gewalt im US-Wahlkampf einstellen müssen?
    Brockschmidt: Das ist durchaus möglich, angesichts dessen, was Trump auch so in den letzten Monaten von sich gegeben hat und angesichts seines eigenen Verhältnisses zu politischer Gewalt. Er verurteilt politische Gewalt nur, wenn es gegen die eigenen Leute geht. Gegen den politischen Gegner ist es für ihn kein Problem beziehungsweise begrüßenswert. Als ein Rechtsextremer Nancy Pelosis Ehemann den Schädel mit einem Hammer eingeschlagen hat, hat er sich sogar darüber lustig gemacht.
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    ZDFheute: Was bedeutet das alles für Deutschland und Europa?
    Brockschmidt: Allein die Personalie J.D. Vance: Letzte Woche hat er verkündet, was er seit zwei Jahren wieder und wieder sagt - dass die Militärhilfen an die Ukraine eingestellt werden müssen. Trump ist kein großer Nato-Freund, aber er muss die Nato gar nicht verlassen, um dieses Bündnis effektiv lahmzulegen. Es reicht, wenn die Möglichkeit besteht, dass die USA, sich nicht rühren würden, sollte der Bündnisfall eintreten.
    Sehr schlecht beraten, ist, wer denkt: Das haben wir ja schon mal vier Jahre lang gehabt, so schlimm war es nicht. Anders als heute hatte Trump 2016 noch nicht die politische Maschinerie der amerikanischen Konservativen hinter sich. Sollte es zu einem Trump-Vance-Sieg kommen, müsste sich Europa sehr warm anziehen. Und ich bin nicht sonderlich davon überzeugt, dass sich zumindest die deutsche Politik einen Plan B überlegt hat, wie man auf eine solche Situation reagieren wird.
    Das Interview führte Micha Wagenbach aus der Redaktion "maybrit illner".

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    :Trump offiziell US-Präsidentschaftskandidat

    Nach dem Attentat auf Ex-Präsident Donald Trump treffen sich Republikaner in Milwaukee zu ihrem Parteitag. Alle aktuellen News hier im Liveblog.
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    Quelle: ZDF

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