MKS: "Keinen Sinn, jetzt in Panik zu verfallen"

    Interview

    Maul- und Klauenseuche:EU-Kommissar Hansen: Nicht in Panik verfallen

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    Die Chancen, den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in den Griff zu bekommen, seien gut, glaubt Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung.

    Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung, spricht bei einer Debatte im Europäischen Parlament.
    Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung
    Quelle: epa / RONALD WITTEK

    In Brandenburg ist vergangene Woche der erste Fall von Maul und Klauenseuche seit über 35 Jahren in Deutschland festgestellt worden. Rundherum haben die Behörden Sperrzonen eingerichtet, eine Schutzzone von drei Kilometern um den betroffenen Betrieb, und eine Überwachungszone von zehn Kilometern. Die EU hat diese Sperrzone nun bestätigt, und nicht vergrößert, erklärte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kürzlich.
    Der EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung, Christophe Hansen, zeigt sich zuversichtlich, dass die Seuche unter Kontrolle zu bekommen sei. Wichtig sei, sich an die Vorschriften zu halten. Doch ein wirtschaftlicher Schaden sei nicht abzuwenden.
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    ZDFheute: Es gibt eine regionale Sperrzone in Brandenburg - wie sicher ist es, dass Schweine und Schafe von anderen Regionen weiter in der EU gehandelt werden können?
    Christophe Hansen: Wie Sie richtig gesagt haben, ist das eine regionale Sperrzone. Das heißt, die anderen Regionen sind nicht davon betroffen. Wenn jetzt zum Beispiel Luxemburg verhindern möchte, dass ein Tier von Trier nach Luxemburg kommt, dann wäre Luxemburg eigentlich mit einem Vertragsverletzungsverfahren konfrontiert.
    ZDFheute: Andere EU-Länder dürfen jetzt nicht einfach den Import von Tieren aus Deutschland verbieten?
    Hansen: Das können sie rechtlich nicht machen. Natürlich gilt das für die Tiere aus der Brandenburger Zone, die als Sperrzone festgelegt wurde, die dürfen sowieso nicht gehandelt werden. Aber für den Rest Deutschlands und die anderen Bundesländer gilt das nicht.

    Die Maul- und Klauenseuche, abgekürzt MKS, ist eine hochansteckende, in der Regel nicht tödliche Viruserkrankung von Klauentieren, die jedoch auch bestimmte andere Arten betreffen kann. Sie ist weltweit verbreitet; in der Europäischen Union trat sie allerdings seit einigen Jahren nicht mehr auf. In Deutschland gab es den letzten Fall 1988.

    MKS kann sich schnell ausbreiten. Das Virus wird leicht durch Tiere und ihre Erzeugnisse übertragen. Es kann sich über große Entfernung auch mit der Luft verteilen. Auch genesene Tiere können das Virus weiter in sich tragen.

    MKS ist für den Menschen nicht gefährlich. Unter üblichen hygienischen Bedingungen geht keine Gefahr von pasteurisierter Milch oder von Milchprodukten für Verbraucher aus.

    Quellen: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH)

    ZDFheute: Würde ein weiterer Ausbruch in Deutschland bedeuten, dass ganz Deutschland nicht mehr exportieren darf?
    Hansen: Deutschland gilt für Tiere nicht mehr als Maul- und Klauenseuchen frei. Das ist ein Fakt. Deshalb können Drittländer Importe aus Deutschland blockieren. Einige haben das schon gemacht, so wie Großbritannien. Doch die EU-Mitgliedstaaten können das nicht machen. Jetzt gilt es, die weitere Verbreitung zu unterbinden, damit dieser Fall auch nicht eintritt.
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    ZDFheute: Was für Maßnahmen sollten denn jetzt auf EU-Ebene ergriffen werden oder was kann auf EU-Ebene getan werden, was soll getan werden, was muss getan werden?
    Hansen: Wenn es eine Ausbreitung geben sollte, haben wir sowohl in Deutschland, als auch europaweit Impfstoffe bereit. Diese Impfstoffe müssen wir aber mit Köpfchen nutzen und da einsetzen, wo es wirklich eine Ausbreitung gibt. Das ist noch zu früh, aber diese Möglichkeiten haben wir auf jeden Fall, falls die Seuche sich weiter ausbreiten sollte.

    Die Lage ist auf jeden Fall angespannt. Es macht aber keinen Sinn, jetzt in Panik zu verfallen.

    Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung

    Es gibt ganz klare Vorschriften und Richtlinien, die von Experten festgelegt wurden. An die sollten wir uns jetzt ganz genau halten, das Protokoll einhalten. Dann ist die Chance auch gut, dass wir aus dieser Situation so schnell wie möglich und so glimpflich wie möglich rauskommen.

    ... ist seit Dezember 2024 EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung. Der Luxemburger war vorher Mitglied des europäischen Parlaments für die Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch die deutschen Parteien CDU und CSU gehören. Im EU-Parlament war Hansen Mitglied der Ausschüsse für Internationalen Handel, sowie Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Er hat Geo- und Umweltwissenschaften studiert.

    Quelle: EVP-Fraktion, EU-Kommission

    ZDFheute: Wie besorgt sind sie, was die Auswirkungen auf den Handel betrifft? Wenn die Konsumenten jetzt Angst kriegen, wenn der Fleischkonsum zurückgeht?
    Hansen: Also um die Konsumenten mache ich mir keine Sorgen, weil das Virus für den Menschen nicht bedrohlich ist. Das muss man auch ganz klar sagen. Es ist für die Tiere bedrohlich.

    Aber was klar ist, dass es wirtschaftliche Folgen haben wird. Es sind ja einige Länder, Drittländer, die jetzt schon ganz klar gesagt haben, dass Produkte nicht mehr aus Deutschland importiert werden können.

    Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung

    ZDFheute: Bei der letzten sehr großen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche, vor über 20 Jahren, gab es Massenschlachtungen. Sollte es dazu kommen, wie müssen Landwirte kompensiert oder auch unterstützt werden, falls sich die Seuche jetzt weiter ausprallt?
    Hansen: Also in dem Fall sind wir jetzt noch nicht. Es gilt jetzt wirklich, die Seuche zu unterbinden, bevor wir über irgendwelche Kompensationen sprechen sollten. Das steht zurzeit noch nicht zur Sprache. Wir müssen jetzt wirklich an dem arbeiten, was die Haupthausaufgabe ist, und das ist das Unterbinden dieser Seuche.
    Das Interview führte Lara Wiedeking, Reporterin im ZDF-Studio Brüssel.

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    Quelle: ZDF

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