Massengräber im Gazastreifen - was wir wissen

    FAQ

    UN fordern Aufklärung:Massengräber im Gazastreifen - was wir wissen

    von Oliver Klein und Henriette de Maizière
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    Palästinenser berichten, in Massengräbern im Gazastreifen seien hunderte Tote entdeckt worden. Wer sind die Toten, was wird dem israelischen Militär vorgeworfen? Ein Überblick.

    Arbeiter tragen eine Leiche am Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im südlichen Gaza-Streifen, aufgenommen am 23.04.2024
    Massengrab in Chan Junis - Palästinenser suchen verzweifelt nach ihren Angehörigen.
    Quelle: dpa

    Unzählige Leichen in weißen Säcken oder Tüchern, die wegen der massiven Kampfhandlungen kaum würdevoll beerdigt werden konnten, wurden zu eindringlichen Dokumenten des Gaza-Kriegs. Nach dem Abzug israelischer Truppen aus Chan Junis berichtet die Zivilschutzbehörde der Palästinenser nun von Massengräbern. Der Vorwurf: Israelische Soldaten hätten insbesondere am Nasser-Krankenhaus Leichen von Palästinensern verscharrt. Die UN fordern Aufklärung. Was ist bisher bekannt, was steckt dahinter? Wie reagiert Israel? ZDFheute mit einem Überblick.
    Gebäude sind nach dem Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Teilen von Chan Junis zerstört.
    Die israelische Armee hat die Stadt im Süden des Gazastreifens in Trümmern liegend verlassen. Den zurückgekehrten Palästinensern fehlt es in Chan Junis weiterhin am Nötigsten.08.04.2024 | 1:30 min

    Was sind die konkreten Vorwürfe?

    Die von der Hamas kontrollierte Zivilschutzbehörde hat eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Tagen insgesamt rund 340 Leichen in Massengräbern entdeckt, die meisten nahe dem Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens.
    Am Montag wurde zunächst von "200 Märtyrern" gesprochen, deren sterbliche Überreste gefunden worden seien, darunter auch Frauen und Kinder. Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas bezeichnet getötete Palästinenser grundsätzlich als "Märtyrer" - unabhängig davon, ob sie als Kämpfer für die Hamas starben oder unschuldige Zivilisten sind.
    Yamen Abu Suleiman, der Direktor des Zivilschutzes in Chan Yunis, sprach sogar von "Anzeichen von Hinrichtungen auf dem Feld". Einige der Opfer seien an Händen und Füßen gefesselt gewesen, hieß es. Diese Vorwürfe ließen sich bisher nicht unabhängig überprüfen. Beweise für die Behauptung von angeblichen Fesselungen oder Hinrichtungen legte die Hamas nicht vor.
    Palästinensische Gesundheitsfachkräfte bergen die Leichen von Palästinensern, die auf dem Gelände des Nasser-Krankenhauses begraben wurden, aufgenommen am 21.04.2024
    Exhumierte Leichen auf dem Gelände des Nasser-Krankenhauses.
    Quelle: dpa

    Welche Reaktionen haben die Berichte hervorgerufen?

    Die UN und die EU fordern eine unabhängige Untersuchung. Der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, sagte am Mittwoch, es sei der Eindruck entstanden, dass es zu "Verletzungen der internationalen Menschenrechte gekommen sein könnte".
    Am Dienstag zeigte sich der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, entsetzt über die Berichte. Türks Sprecherin Ravina Shamdasani sagte, Fesselungen würden "natürlich auf schwere Verstöße gegen internationale Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht hinweisen und weitere Untersuchungen notwendig machen." Der UN-Hochkommissar arbeite daran, eine Bestätigung für die Berichte von palästinensischer Seite zu erhalten. 
    Auf eine Anfrage von ZDFheute an den UN-Hochkommissar, ob er inzwischen Belege für die Vorwürfe der Hamas habe, gab es noch keine Antwort.
    Vor allem in Chan Junis seien die Massengräber entdeckt worden:
    Orte im Gazastreifen

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    Was sagt Israel zu den Anschuldigungen?

    Das Dementi der israelischen Armee (IDF) kam prompt: Das israelische Militär sei für die Massengräber nicht verantwortlich. In einem Statement bei X ist die Rede von einer "Desinformationskampagne": "Das fragliche Grab wurde vor einigen Monaten von Gaza-Bewohnern ausgehoben", schrieb IDF-Sprecher Nadav Shoshani. Er repostete dazu ein Video, das im Januar aufgenommen wurde, in dem zu sehen ist, wie ein Massengrab an dem Klinikgelände gegraben wird.

    Posting bei X eines IDF-Sprechers

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    Die IDF teilt mit, dort seien jedoch begrabene Leichen exhumiert worden, um nach sterblichen Überresten von Geiseln zu suchen, die im Oktober von der Hamas entführt worden waren. Die israelischen Streitkräfte hätten diese Leichname nach ihrer Exhumierung und der Untersuchung an den Ort zurückgebracht, an dem sie begraben waren. Dies sei "sorgfältig" und ausschließlich an Orten geschehen, zu denen "nachrichtendienstliche Hinweise auf die mögliche Anwesenheit von Geiseln" vorgelegen hätten. Leichen von Geiseln seien nicht gefunden worden.
    Bewerunge im Gespräch mit Hayali
    Immer mehr Israelis werfen Premier Netanjahu vor, Mitverantwortung dafür zu tragen, dass das Hamas-Massaker am 7. Oktober geschehen konnte, sagt Michael Bewerunge in Tel Aviv. 07.04.2024 | 2:21 min

    Warum gab es ein Massengrab am Klinikgelände?

    Um das Nasser-Krankenhaus hatten Anfang des Jahres heftige Kämpfe stattgefunden. Die israelische Armee wirft der Hamas vor, Krankenhäuser als Kommandozentralen und Waffenverstecke zu nutzen und die Menschen dort als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Unter anderem "CNN" berichtet unter Berufung auf Mitarbeiter vor Ort, viele der Toten seien von ihren Angehörigen oder von Mitarbeitern des Krankenhauses zunächst auf dem Gelände der Klinik begraben worden. Eine Notfallmaßnahme: Durch die Kämpfe sei in den meisten Fällen eine traditionelle Bestattung der Toten unmöglich gewesen.
    In dem Bericht heißt es weiter, die israelische Armee habe einige der Toten exhumiert und wieder an anderer Stelle begraben. "CNN" sprach mit mehreren Palästinensern, die nun verzweifelt nach ihren toten Angehörigen suchen, um sie erneut, würdevoller bestatten zu können. Die IDF haben "CNN" zufolge dutzende Leichen für DNA-Tests nach Israel transportiert und die sterblichen Überreste danach in Containern zurückgebracht.
    Bereits Anfang des Jahres hatten die IDF Medienberichten in Israel zufolge ihre Soldaten auf einem Friedhof in Gaza-Stadt Leichen exhumieren lassen, um mit DNA-Tests festzustellen, ob sich unter den Toten israelische Geiseln befänden.
    Mit Material von dpa, Reuters, AFP.

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