RN-Politikerin vor Gericht:Worum es beim Le-Pen-Prozess geht
von Lukas Nickel
|
Heute wird das letzte Plädoyer im Prozess um die Veruntreuung von EU-Geldern gehalten. Für Marine Le Pen geht es auch um ihre politische Zukunft.
Der Rechtsnationalen wird vorgeworfen, EU-Gelder veruntreut zu haben. Heute enden die Anhörungen. Im Fall einer Verurteilung droht ihr für fünf Jahre der Ausschluss von Wahlen. 27.11.2024 | 2:11 min
Seit gut zwei Monaten läuft der Prozess schon, heute Nachmittag hält die Verteidigung von Marine Le Pen ihr Schlussplädoyer in Paris. Le Pen und ihre Partei Rassemblement National (ehemals Front National) sollen Gelder im Europäischen Parlament veruntreut haben.
Im Kern geht es um Scheinarbeit von parlamentarischen Assistent*innen. Sie sollen vor allem für Parteizwecke gearbeitet haben. Angeklagt sind Marine Le Pen und gut zwei Dutzend weitere Personen.
Ein "schädliches System"
Von einem "schädlichen System", das die Partei um Le Pen eingerichtet habe, spricht hingegen Anwältin Bérénice de Warren beim Interview mit dem ZDF. Sie vertritt das Parlament der Europäischen Union vor Gericht. Für dieses System "müssen die Verantwortlichen verurteilt werden und der Schaden wiedergutgemacht werden", so Warren weiter.
Éric Zemmour, rechtsextremer Kandidat für die Präsidentschaftswahl im April, fällt im Wahlkampf durch Hetze gegen Muslime und Einwanderer auf und überholt selbst Marine Le Pen von rechts.09.02.2022
Insgesamt geht es um mehrere Millionen Euro. Berichten zufolge soll Marine Le Pen schon 330.000 Euro zurückgezahlt haben - aber ohne eine Schuld einzugestehen.
Die Staatsanwaltschaft fordert für Marine Le Pen fünf Jahre Haft, davon drei auf Bewährung. Darüber hinaus soll sie fünf Jahre lang nicht mehr in politische Ämter gewählt werden dürfen. Und das sogar, falls sie in Berufung gehen und das Verfahren sich in die Länge ziehen sollte. Hinzu kommt eine Geldstrafe in Höhe von 300.000 Euro.
Le Pen stellt sich als Opfer dar
Le Pen stellt sich seit Wochen als Opfer einer Kampagne gegen sie und ihre Partei dar. "Das ist ein Problem für den Rechtsstaat und die Demokratie. Dass die Staatsanwaltschaft so etwas fordert, ist politisch motiviert", sagte sie kürzlich beim französischen Radiosender RTL - und schießt gleichzeitig gegen französische Justiz und Rechtsstaat. Die Strafforderung, erklärt Le Pen aufgebracht, sei absolut unverhältnismäßig.
Für die Anwältin des EU-Parlaments Bérénice de Warren sei das vor allem ein vorgeschobenes Argument. Denn es gebe keinen einzigen Beweis, dass parlamentarische Arbeit stattgefunden habe. "Sie sagen, es sei ein politischer Prozess, weil sie keine sachlichen und rechtlichen Argumente haben", so die Anwältin.
Le Pen droht Premier mit Misstrauensvotum
Le Pen muss also um ihre politische Zukunft fürchten. Gleichzeitig können sie und ihre Partei aber auch Druck auf die französische Regierung ausüben. Diese Woche hat Le Pen den französischen Premier Michel Barnier getroffen, um ihm die "noch einmal die roten Linien" der Partei zu erklären und mit einem Misstrauensvotum zu drohen.
Die erste Bewährungsprobe für Frankreichs neue Minderheitsregierung: Einen Haushalt verabschieden. Sparen und Steuern erhöhen, schlägt die Regierung vor. Das weckt Kritik.21.10.2024 | 2:41 min
Aktuell hat Frankreich eine Minderheitsregierung. Der Rassemblement National könnte bei einem Misstrauensvotum zusammen mit dem linken Lager der Nationalversammlung die Regierung zu Fall bringen.
Rechte auch ohne Le Pen stark?
Eine bittere Pille in diesem Kontext dürfte für Le Pen vor allem das mögliche Verbot sein, fünf Jahre nicht für Wahlämter kandidieren zu dürfen - denn das würde auch die kommenden Präsidentschaftswahlen betreffen.
Doch politisch besiegen könne man den Rassemblement National mit dem Prozess nicht, erklärt Politikwissenschaftler Jean-Yves Camus vom französischen Institut für internationale und strategische Angelegenheiten:
Sollte man Le Pen von den Wahlen ausschließen, löst man damit nicht das Problem der vielen Stimmen, die die Partei seit vielen Jahrzehnten erhält.
„
Jean-Yves Camus, Politikwissenschaftler
Der einzige Weg, den RN zu schlagen, sei an den Wahlurnen, so der Camus weiter. Das Urteil im Prozess wird ab Januar 2025 erwartet.
Lukas Nickel ist Redakteur im ZDF-Auslandsstudio Paris.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.