Leere Tankstellen in Malawi: Für Benzin in Autos schlafen
Leere Zapfsäulen in Malawi:Vor der Tanke schlafen für etwas Benzin
von Verena Garrett
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Ein anhaltender Treibstoffmangel sorgt für lange Schlangen vor den Tankstellen und droht die malawische Wirtschaft zu lähmen. Benzin gibt es auf dem Schwarzmarkt - noch.
Seit Wochen gibt es in Malawi kaum noch Benzin. (Archivbild)
Quelle: AP
Es ist die dritte Woche in Folge: Voller Hoffnung stellen sich die Autofahrer an den Tankstellen in die lange Schlange, manche warten stundenlang für ein paar wenige Liter - um am Ende mit einem fast leeren Tank wieder weg zu fahren. Sie alle brauchen Benzin und in Malawi gibt es davon zur Zeit nur wenig.
Für die Autos in der Stadt, für die Mopeds auf dem Land: Manche Orte sind ohne ihre Fahrzeuge nicht erreichbar und somit ohne Benzin im Tank vollkommen abgeschnitten.
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Malawi: Menschen schlafen vor den Tankstellen
"Es sind zwischen 500 und 1.000 Fahrzeuge vor jeder Tanke, es ist absolutes Chaos", sagt Jack McBrams, Investigativjournalist in Malawis Hauptstadt Lilongwe.
Seit Wochen kaum Benzin - der Schwarzmarkt floriert. Bereits seit Juni hat die malawische Regierung die erforderlichen 51 Millionen US-Dollar für die monatliche Einfuhr des Rohstoffs nicht zahlen können, sagte der Minister für Information und Digitalisierung Moses Kunkuyu bei einer Pressekonferenz. Die Folge: Die Lieferungen kamen nicht mehr regelmäßig, zwischenzeitlich wurden sie ganz eingestellt. Und das Land zur Rationierung gezwungen.
Benzin wird auf dem Schwarzmarkt verkauft
Im Durchschnitt werden die Tankstellen des Landes nur noch einmal pro Woche mit Kraftstoff beliefert. Branchenkenner der Petroleum Retailers Association of Malawi (PRAM) berichten, dass größere Städte wie Blantyre, Lilongwe und Mzuzu nur in begrenztem Umfang mit Treibstoff versorgt werden, während die Tankstellen weiter außerhalb gleich leer bleiben.
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Zu haben ist Benzin auf dem Schwarzmarkt - noch, sagt Jack McBrams. In Fünf-Liter-Flaschen, verkauft an Straßenecken, zu horrenden Preisen. "Es kostet das Doppelte oder sogar das Dreifache als an der Tanksäule, aber die Leute kaufen es. Sie haben ja keine Wahl", so McBrams.
Tankstellenbetreiber machen kaum Umsatz
Noch liegt das Land nicht komplett lahm, meint Jack Brams, aber es ist auch keine Änderung in Sicht und die Auswirkungen sind schon jetzt zu spüren. Tankstellenbetreiber machen kaum Umsatz und haben Mühe, ihre Fixkosten - einschließlich der Gehälter des Personals und der Stromrechnungen - zu decken.
Stain Singo, Betreiber einer Tankstelle im Ort Kandjedza, berichtete der Tageszeitung Malawi Nyasa Times, dass seine Tankstelle in der letzten Woche nur 9.000 Liter Benzin erhalten habe - die Hälfte dessen, was normalerweise geliefert wird. "Dieser Treibstoff reichte für einen Tag", sagte er. Der Frust ist groß.
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Auswirkungen auch für ÖPNV und Einzelhändler
Auch die Anbieter und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel bekommen die Belastung zu spüren: Fahrpreise haben sich in den letzten Tagen verdoppelt. Sie legen die Kosten auf die Kunden um, um die Verluste durch die langen Wartezeiten auf Kraftstoff zu decken.
Die Warenkette zu den Einzelhändlern ist noch nicht unterbrochen, es dauert zur Zeit nur länger, bis Waren in den Geschäften landen. Doch die Sorge vor drohenden Engpässen ist mittlerweile da, sagen Händler in Lilongwe.
Reaktion von Regierung und Industrie in Malawi
In dem Bemühen, die Situation zu stabilisieren, hat die Regierung den Kraftstoffimporteuren 21,5 Millionen US-Dollar zugewiesen, um die Beschaffung von Nachschub zu erleichtern. Zu wenig befürchten Experten. Sie warnen, dass das Land angesichts der erschöpften Reserven vor großen Herausforderungen bei der Wiederherstellung einer stabilen Kraftstoffversorgung steht.
Alle Lieferungen würden direkt an die Tankstellen und Verbraucher gehen, sodass es schwierig sei, die erforderlichen Vorräte anzulegen, meint auch Jack McBrams.
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Ein hausgemachtes Problem?
Das Problem ist hausgemacht, meint der Journalist. Die Treibstoffindustrie Malawis sei durchzogen von Korruption, die bis in die obersten Etagen reicht. Die Regierung arbeite nicht mit den Anbietern direkt, sondern mit Zwischenhändlern. Der Markt sei extrem lukrativ, das sei das eigentliche Problem.
Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht. Bisher gibt es von Seiten der Regierung keine Stellungnahme, wann und vor allem wie die Kraftstoffversorgung in Malawi wiederhergestellt werden soll.
Verena Garrett ist Studioleiterin im ZDF-Auslandsstudio Johannesburg
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mit Video
Quelle: ZDF
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