Ukraine-Treffen in Riad - Major: "Beunruhigende Entwicklung"

    Interview

    Major zu Ukraine-Treffen in Riad:"Beunruhigende Entwicklung für uns in Europa"

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    Nach dem Treffen zwischen den USA und Russland in Riad schaut Militärexpertin Claudia Major besorgt auf die Lage der Ukraine. Die Europäer seien abhängig von den USA.

    Claudia Major | Sicherheitsexpertin Stiftung Wissenschaft und Politik
    Das Gespräch mit Claudia Major hier in voller Länge.19.02.2025 | 5:51 min
    Wie kann es zu einem Kriegsende in der von Russland angegriffenen Ukraine kommen? Im saudischen Riad haben sich dazu erstmals seit Kriegsbeginn 2022 hohe Vertreter der US-Regierung mit einer russischen Delegation getroffen. Nicht eingeladen war die Ukraine selbst oder Vertreter europäischer Staaten.
    Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik, hält das Treffen für ein fatales Zeichen. Im ZDF-Morgenmagazin erklärt die Politikwissenschaftlerin, warum die Europäer die USA brauchen, welche Rolle Deutschland spielt und warum ein Kriegsende nicht das gleiche wie ein Frieden ist.
    Sehen Sie oben das komplette Interview und lesen Sie es nachfolgend in Auszügen. Das sagt Claudia Major zu ...

    ... der Bedeutung der Gespräche zwischen Russland und den USA

    Major sieht in den Gesprächen in Riad, dass "die USA und Russland zu einem Großmachtdenken zurückgekommen" sind. Das bedeute, dass große Staaten entscheiden würden und kleine Staaten dies als "Verfügungsmasse und Spielball" mittragen müssten. Mit Blick auf die europäischen Staaten erklärt Major, dass diese nichts zu den Verhandlungen beitragen könnten. Ihn bliebe deshalb nichts anderes als zuzuhören und die Entscheidungen zu ertragen.

    Das ist eine zutiefst beunruhigende Entwicklung für uns in Europa.

    Claudia Major, Stiftung Politik und Wissenschaft

    Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik

    ... ist seit dem 15. März 2025 Senior Vice President für internationale Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim German Marshall Fund. Der German Marshall Fund of the United States (GMF) ist eine 1972 gegründete gemeinnützige Organisation, die die transatlantische Zusammenarbeit in Bereichen wie Sicherheit, Wirtschaft und Demokratie fördert. Major ist Verteidigungsexpertin mit Schwerpunkt auf Nato, europäischer Sicherheit und transatlantischen Beziehungen. Zuvor war sie Leiterin der Abteilung Internationale Sicherheit bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sowie tätig bei Institutionen wie dem Zentrum für Sicherheitsstudien der ETH Zürich und dem EUISS.

    Mit der russischen Festlegung, dass die Ukraine zwar Mitglied der EU, aber nicht Teil der Nato werden dürfe, zeige Putins Regime erneut, dass Russland über das angegriffene Nachbarland bestimmen wolle. "Wir sehen wieder die Idee, die Ukraine in einen Vasallenstaat zu verwandeln", erklärt Major.
    Verhandlungen zur Ukraine
    Viereinhalb Stunden berieten US-Außenminister Rubio und sein russischer Counterpart Lawrow in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad über das Schicksal der Ukraine.19.02.2025 | 2:07 min

    ... der Rolle, die Deutschland zukommt

    Bereits am Montag hatten sich mehrere europäische Spitzenpolitiker in Paris getroffen, um das gemeinsame weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei ging es auch um eine mögliche Absicherung der Ukraine, sollte es zu Verhandlungsergebnissen kommen. Großbritannien, Schweden und Frankreich positionierten sich klar an ukrainischer Seite. Auch Deutschland müsse ein Zeichen setzen, erklärt Major.





    Sollte es zu tatsächlich zu einem Waffenstillstand kommen, deute aktuell vieles darauf hin, dass dieser zu russischen Forderungen entstehe, so Major. Gerade dann sei die Absicherung der Ukraine "umso wichtiger".

    Wenn Russland seine Ziele beibehalten hat, immer noch die Ukraine in einen Vasallenstaat verwandeln will und die militärischen Mittel hat, ist es umso wichtiger, dass diese Absicherung stattfindet.

    Claudia Major, Stiftung Politik und Wissenschaft

    Doch es könne keine Rede von "Frieden" sein, erklärt die Politikwissenschaftlerin: "Wir reden über einen Waffenstillstand." Frieden würde bedeuten, dass es keinen Konfliktgrund mehr gebe, der Kreml seine Ansprüche aufgegeben habe und die Ukraine und Russland sich in einem gesicherten, friedlichen Rahmen entwickeln könnten. "Davon sind wir meilenweit entfernt", sagt Major.
    Paris
    Wie werden die Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine in Warschau, Paris und London gesehen?19.02.2025 | 3:17 min

    ... der Abhängigkeit Europas von den USA

    Für Claudia Major ist klar: "Wir brauchen die USA." Die Truppenanzahl, die es bei der Absicherung eines Waffenstillstands brauche, hätten die Europäer schlicht nicht. Bei einer unzureichenden Absicherung könnte Russland versucht sein, das "zu testen".

    Den Europäern fehlt die Masse und die politische Geschlossenheit.

    Claudia Major, Stiftung Politik und Wissenschaft

    Hinzu käme, dass Europa auch die sogenannten "strategischen Enabler" fehlten. Dazu gehören beispielsweise Aufklärung und Flugabwehr. Die brauche man von den US-Amerikanern. Jetzt würde sich rächen, dass die Europäer jahrelang nicht in ihre Verteidigung investiert hätten. "Hätten sie es gemacht, würden sie vielleicht mit am Tisch sitzen oder könnten zumindest eine Alternative anbieten", sagt die Expertin für Sicherheitspolitik.
    Golineh Atai | ZDF-Nahostkorrespondentin in Riad/Saudi-Arabien
    Laut US-Präsident Donald Trump wolle Russland "etwas tun" und er sucht die "Schuld" immer wieder "bei der Ukraine", so ZDF-Korrespondentin Golineh Atai.19.02.2025 | 2:17 min

    ... dem Risiko eines weiteren Krieges in Europa

    Angesprochen auf ein kürzlich von ihr veröffentlichten Gastbeitrag im "Spiegel" spricht Claudia Major von der Gefahr eines weiteren Krieges in Europa. Die sei abhängig von den Bedingungen unter denen es zu einem möglichen Kriegsende komme.

    Wenn wir davon ausgehen, dass es zu einem Kriegsende kommt, das weitgehend auf russischen Forderungen basiert, [...] dann wird die Unterstützung in der Ukraine dafür nicht da sein.

    Claudia Major, Stiftung Politik und Wissenschaft

    Sollte es keine Zustimmung und Unterstützung zu den "Friedensbedingungen" in der ukrainischen Bevölkerung geben, müsse davon auszugehen sein, dass das Land politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich "verfällt" und "geschwächt" wird, erklärt Major.
    Das Interview führte ZDF-Moderator Mitri Sirin. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteur Kai Remen.

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Zerstörung nach Luftangriffen auf Kostyantynivka, Ukraine
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