Belarus: Wie Lukaschenko am langen Arm Putins hängt
Vermeintlich beste Freunde:Wie Lukaschenko am langen Arm Putins hängt
von Felix Klauser
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Vor 30 Jahren wurde Alexander Lukaschenko erstmals ins Präsidentenamt von Belarus gewählt. Im Laufe seiner Amtszeiten wurden er und das Land immer abhängiger von Wladimir Putin.
Alexander Lukaschenko feiert sein 30. Wahljubiläum. Seine Abhängigkeit vom russischen Präsidenten ist über die Jahre gewachsen.
Quelle: dpa
Die gemeinsame Geschichte von Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin reicht bis in die späten 1990er zurück. Damals hoffte der junge, machthungrige Präsident aus Belarus, Lukaschenko, den alternden Boris Jelzin als Präsident des damals gegründeten Staatenbunds zwischen Russland und Belarus zu beerben.
Doch an dem Tag, an dem entsprechende Gespräche anstanden, soll der Kreml - so wird es in Belarus gerne erzählt - noch einen früheren Termin, mit einem zweiten Gesprächspartner arrangiert haben. Auch der war jung, machthungrig und er hieß: Wladimir Putin.
Wie viel Wahrheit in dieser Legende steckt, ist nicht klar. Bekannt ist hingegen, wer Jelzin schließlich beerbte - und auch, dass Alexander Lukaschenko Präsident von Belarus blieb, bis heute. Die Feierlichkeiten zum mittlerweile 30. Jubiläum seiner Wahl finden dieser Tage in Minsk statt und fallen in eine Zeit, in der Belarus wirtschaftlich und politisch immer abhängiger von Russland und dessen Präsident Putin ist.
Russland: Wichtigster Handelspartner für Belarus
Wirtschaftlich ist die Sache zwischen Russland und Belarus ohnehin klar. Die belarussische Wirtschaft ist etwa 25 Mal kleiner als die russische. Russland ist und bleibt der wichtigste Absatzmarkt für Agrar- und Industriegüter des kleinen Nachbarn.
Belarus profitierte jahrelang von russischen Öl- und Gasimporten. In Minsk nannte man das ironisch "Lukanomics" - weil Lukaschenko es perfekt verstand, seine politische Loyalität zu Moskau gegen russische Rohstoffe zu tauschen. Diese erhielt Belarus jahrelang mit großzügigem Preisnachlass, verarbeitete sie und verkaufte die raffinierten Produkte dann mit Gewinn auf dem Weltmarkt.
Ganz ohne Konflikte lief diese Partnerschaft allerdings nicht. 2011 wurde die belarussische Infrastruktur für den Gastransport von Gazprom aufgekauft. Und 2019 brach ein Handelskrieg aus, als Russland den Ölpreis für Belarus anhob - und Lukaschenko anschließend den Transport russischen Öls nach Europa einstellte.
Alexander Lukaschenko: Ein Präsident von Putins Gnaden
Dass Alexander Lukaschenko auch politisch ein Präsident von Putins Gnaden ist, zeigte sich spätestens 2020. Damals demonstrierten in Minsk Hunderttausende gegen die als manipuliert geltende Wahl und den belarussischen Dauerpräsidenten. Wladimir Putin aber hielt weiter zu Lukaschenko und rette ihm damit wohl das Amt.
Die Szene, wie Putin damals bei einem Treffen in Sotchi breitbeinig über die Lage der Dinge referierte, während sich Lukaschenko Notizen machte, spricht Bände. Die Botschaft war klar - und damit auch, wer als der Stärkere der beiden gilt.
Beobachter sehen im Zusammenwirken der Machthaber seit Jahren nur eine politische Zweckfreundschaft. Zu unterschiedlich sind die beiden Präsidenten.
Da wäre einerseits der Absolvent der renommierten juristischen Fakultät in Sankt Petersburg und ehemalige KGB-Offizier Wladimir Putin. Und andererseits der auf dem Land aufgewachsene, ehemalige Direktor eines landwirtschaftlichen Großbetriebs, Alexander Lukaschenko. Aus Minsk und Moskau heißt es unter Beobachtern unisono: so richtig mögen sich die beiden nicht.
Trotzdem geben die beiden Präsidenten sich regelmäßig Rückendeckung - so wie 2023, als Lukaschenko sich zu revanchieren schien, während des Wagner-Aufstands als Vermittler auftrat und den aufständischen Milizenführer Jewgenij Prigoschin in Belarus aufnahm. Die Hintergründe dieses Deals blieben damals ebenso unklar, wie die tatsächliche Rolle Lukaschenkos. Plötzlich aber war es Moskau, dass sich für die Unterstützung aus Belarus bedankte.
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Krieg in der Ukraine: Unterstützung für Putins Angriff
Zu dieser Unterstützung gehört auch, dass Belarus sich als einer der wichtigsten Verbündeten Russlands in dessen Krieg in der Ukraine positioniert. Lukaschenko überließ russischen Truppen sein Staatsgebiet, produziert Rüstungsgüter für den Nachbarn - und er verbreitet das Kreml-Narrativ, dass der Krieg gegen die Ukraine letztlich eine Konfrontation mit dem Westen sei.
In dieser Konfrontation verbreitet der belarussische Alleinherrscher schon mal die atomare Drohung des Kremls, übernimmt die Rhetorik Russlands. Dessen atomar bestückbare Iskander-Raketen mittlerweile auch auf belarussischem Gebiet stehen - und damit ziemlich nah, an der Grenze zum Nato-Mitglied Polen.
Drohungen gegen Westen: Putin nutzt Belarus
Der russische Politikwissenschaftler Dmitri Oreschkin, der mittlerweile in Riga lehrt, hält Lukaschenkos Unterstützung für Putin dennoch für wacklig.
Er hat eine eiserne Regel: Er tut immer nur das, was für ihn und seine Macht günstig ist. Wenn es Putin sehr schlecht geht, wird Lukaschenko den Westen breit anlächeln.
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Dmitri Oreschkin, Politikwissenschaftler
Bislang aber nutzt Putin die belarussische Unterstützung im Aufbau seiner Drohkulisse gegen den Westen - und auch Lukaschenko profitiert, weil er so die geopolitische Bedeutung von Belarus stärkt. Eine spezielle, aber für die beiden Präsidenten funktionierende Symbiose der Autokraten.
Der fast 70-jährige Lukaschenko wird regelmäßig als "letzter Diktator Europas" bezeichnet. Noch immer sitzen mehr als tausend politische Gefangene in belarussischen Gefängnissen, das Land ist das letzte in Europa, das noch die Todesstrafe vollstreckt.
Da hilft die kürzlich verkündete Amnestie für einige Kritiker Lukaschenkos ebenso wenig, wie die Veränderung auf einigen Ministerposten, auf denen künftig gemäßigtere Beamte sitzen werden. Beobachter gehen trotzdem davon aus, dass auch die kommende Wahl in Belarus mit Demokratie wenig zu tun haben wird.
Lukaschenko strebt siebte Amtszeit an
Auch dank der Unterstützung Putins sitzt Alexander Lukaschenko weiter fest im belarussischen Präsidenten-Sattel. Im Vorfeld seines 30. Wahljubiläums hat er bereits angekündigt, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Es wäre seine Siebte und wohl auch ein neues Kapitel in der Inszenierung der Präsidenten-Freundschaft von Putin und Lukaschenko.
Felix Klauser berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
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