Litauens Außenminister warnt: "Pearl-Harbor-Moment" für Nato
Interview
Litauens Außenminister warnt:"Pearl-Harbor-Moment" für die Nato
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Die blockierte US-Hilfe für die Ukraine besorgt auch das Nato-Mitglied Litauen. Außenminister Landsbergis warnt im ZDF vor einem "Pearl-Harbor-Moment" für die Nato durch Russland.
Der litauische Außenminister Landsbergis fordert mehr europäische Unterstützung für die Ukraine.
Quelle: picture alliance / NTB
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warnt im ZDF-Interview vor einem "Pearl-Harbor-Moment" für die Nato. Als ein Land an der Ostflanke könnte es zu den ersten Nato-Staaten gehören, die Putin angreift. Angesichts eines drohenden Rückzugs der USA müsse Europa sich auf eigene Füße stellen, fordert er - morgen könne es zu spät sein.
ZDFheute: Wie bedroht fühlt sich derzeit Ihr Land?
Gabrielius Landsbergis: Wir schauen sehr auf die Situation in der Ukraine und was an der Front passiert. Wenn wir weiterhin die Ukraine unterstützen mit Munition und Waffen, auch neuen Systemen, dann kann die Ukraine nicht nur die Angriffe der Russen stoppen, sondern sie auch zurückzudrängen.
Wenn wir keine Waffen liefern, ist es fraglich, ob Russland überhaupt gestoppt werden kann. Und wo würde es aufhören? Und das ist es, woran alle Länder an der Ostflanke nachdenken. Wenn Russland nicht von der Ukraine aufgehalten wird, kann sich der Krieg ausweiten. Dann kann er auch uns erreichen.
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ZDFheute: Europa muss sich auf einen Rückzug der USA als Schutzmacht einstellen. Ist aber in Europa der politische Wille vorhanden, sich auf eigene Füße zu stellen?
Landsbergis: Wir sind noch in der Aufwachphase. Der Wecker hat geklingelt, aber wir sind noch nicht raus aus dem Bett. Das größte Problem ist, dass wir nicht wissen, wie viel Zeit wir noch haben. Wir hoffen, dass Russland von den Ukrainern gestoppt werden kann, und zwar weit weg, Tausende Kilometer entfernt von Deutschland oder Litauen. Aber die Realität sieht so aus, dass Russland noch weitere 400.000 Truppen mobilisieren kann. Sie bauen neue Panzer und neue Waffen.
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ZDFheute: Der Süden Europas nimmt die Bedrohung durch Russland nicht so wahr wie der Nordosten. Das spiegelt sich auch im jeweiligen Engagement für Verteidigung und für die Ukraine wider. Wie kann man Europa zusammenführen?
Landsbergis: Wir können nicht warten auf einen zweiten, auf unseren Pearl-Harbor-Moment. Wir können nicht darauf warten, dass jedes europäische Land tatsächlich durch Russland angegriffen wird - im Süden, im Norden, Osten und im Westen. Denn Russland hat die Fähigkeit dafür. Kein Land würde verschont bleiben. Unser aller Sicherheit hängt zusammen - wenn Litauen unsicher ist, sind es auch andere Teile Europas.
ZDFheute: Inwiefern könnte Deutschland Europa zusammenbringen, welche Rolle könnte Kanzler Scholz spielen?
Landsbergis: Deutschland führt in vielen Bereichen. Bei der militärischen Hilfe für die Ukraine. Auch will Deutschland eine Brigade dauerhaft in Litauen stationieren. Das sind sehr wichtige Schritte.
Was zusätzlich getan werden könnte? Der Taurus-Marschflugkörper ist ein sehr wichtiges Instrument. Leider muss ich daran erinnern: die Ukraine braucht den Taurus aus strategischen Gründen, um Oberhand zu gewinnen gegen Russland. Ja, Deutschland hat unglaubliche Geräte, die es der Ukraine liefern könnte.
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Zweitens geht es um europäische Einigkeit. […] Alle Länder in Europa zusammenzuführen, das könnte Deutschlands Rolle sein. Es gibt nicht so viele Länder, die diese Rolle übernehmen könnten. Für Deutschland könnte das eine natürliche Rolle sein.
Das Interview führte Ines Trams, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.
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