Libanon in Sorge: Droht ein weiterer Krieg in Nahost?
Angriffe an der Grenze zu Israel:Droht im Libanon ein weiterer Krieg?
von Alica Jung, Beirut
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Zehntausende sind aus dem Süden des Libanon geflohen, da sich Hisbollah und israelische Armee inzwischen täglich beschießen. Die Sorge vor einem neuen Krieg im Land ist groß.
Was würdest du mitnehmen, wenn Krieg kommt? Diese Frage stellt Fotografin Lorra Menassa Menschen im Libanon. Den Pass, Geld, Erinnerungen, antworten die meisten Libanesen, die sie fotografiert hat, vor allem eine Erinnerung an zuhause. Den Schlafanzug seiner Mutter, meint der 15-Jährige George, um sich an ihren Geruch zu erinnern.
Es ist eine Frage, die viele hier aktuell beschäftigt. Die meisten Freunde von Lorra Menassa hatten sich bereits im letzten Krieg 2006 angewöhnt, immer eine Notfall-Tasche gepackt zu haben, auch sie habe nun die Frage im Kopf, was sie mitnehmen würde, wenn sie das Land verlassen müsste, sagt sie.
Jeden Tag Angriffe im Libanon
Spätestens seit dem 7. Oktober ist auch im Libanon die Angst vor einem neuen Krieg zurück. Seitdem beschießen sich libanesische Hisbollah-Miliz und die israelische Armee im Grenzgebiet, inzwischen fast täglich. Der Süd-Libanon an der Grenze zu Israel wird kontrolliert von der Hisbollah, doch in den letzten Wochen feuert Israel immer wieder auch auf Ziele in anderen Teilen des Landes, will Hamas- und Hisbollah-Mitglieder ausschalten.
Die Hamas sind Verbündete der Hisbollah. Hisbollah-Chef Nasrallah machte diese Woche erneut deutlich, seine Angriffe auf israelisches Gebiet würden nicht aufhören, solange Israel die Hamas in Gaza bekämpft.
Auch Hisbollah kümmert sich um Geflüchtete
Aus den Grenzorten im Süden sind zehntausende Libanesen geflohen, haben vor allem in Tyros, 25 Kilometer weiter nördlich, Schutz gesucht. In Schulen teilen sich mehrere Menschen einen Klassenraum, die Flure sind voller Kinderspielzeug und Wäscheständern. Seit fünf Monaten schlafen, kochen, essen, waschen sie in einem Zimmer.
Unicef verteilt im Schulhof Hilfspakete mit Hygieneartikeln, um viele der Geflüchteten kümmert sich auch die Hisbollah, versorgt sie mit Essen und dem Nötigsten, so wollen sie die, die ihre Häuser verloren haben, an sich binden, weiterhin ihre Unterstützung sichern.
Fatima Mohamed Abdullah: "Es ist diesmal ganz anders"
In einem der Klassenräume ist auch die Familie von Fatima Mohamed Abdullah untergebracht. Sie floh mit ihrer Tochter Zaineb Ali Wahid und den beiden Enkelkindern Ali und Mariam aus Naqura ganz im Süden nach Tyros. Der Schwiegersohn wurde bei einem der Angriffe verletzt. Sie hat in ihrem Leben schon mehrere Kriege in ihrem Land erleben müssen.
Doch damals sei für sie immer klar gewesen, dass die Kämpfe nach ein oder zwei Monaten vorbei sein würden und sie dann wieder nach Hause zurückkehren könne. Das wüsste sie nun nicht, "es ist diesmal ganz anders", sagt Fatima Mohamed Abdullah. Viele Kräfte sind in dem Konflikt involviert, Hisbollah und die verbündete Hamas werden gestützt von Iran, sie teilen den Hass auf Israel.
"Ich glaube, die Hisbollah versucht ein doppeltes Spiel zu spielen", meint Journalist Toni Abi Najem. Er ist einer, der es wagt, die Hisbollah öffentlich immer wieder zu kritisieren. Auf der einen Seite wollten sie nicht in einen großen Krieg ziehen, auf der anderen hätten sie viele Verpflichtungen der Hamas und Iran gegenüber und müssten reagieren, deshalb eskaliere die Situation immer mehr. Toni Abi Najem und andere Analysten sind der Meinung, ein neuer Krieg im Libanon habe bereits begonnen, da mehrere Teile des Landes bereits betroffen sind. Er glaubt, der Libanon werde mehr und mehr zerstört.
Kein Vertrauen in den Staat
Auch in der Hauptstadt Beirut wächst die Sorge vor Angriffen.
Es macht Angst, weil du nicht weißt, ob irgendwo etwas passieren könnte.
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Fotografin Laura Menassa
Niemand hier glaubt, dass der Staat, die eigene Armee sie schützen würde. Im Libanon herrscht seit mehreren Jahren eine schwere Wirschafts- und Regierungskrise, seit einem Jahr gibt es keinen Präsidenten. "Sie schützen uns nicht einmal, wenn es gut läuft", meint Laura Menassa. Was würden sie dann ausrichten, wenn es richtig schlimm würde, "nein, ich vertraue niemanden." So bleibt für sie die Frage: Was würdest du mitnehmen, wenn Krieg kommt?
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